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20.09.2009 | 16:40 | Energieforschung  

Wenn der Strom aus dem Auspuff kommt

Zürich - Während ein grosser Teil der industriell generierten Abwärme bereits als Energiequelle genutzt wird, verpuffen kleinere Mengen oft ins Nichts.

Abgase
(c) proplanta
Der Mikrosystemforscher Wulf Glatz hat an der ETH einen thermoelektrischen Generator für den nicht-industriellen Gebrauch entwickelt. Dafür hat er gestern den «swisselectric research award 2009» erhalten. Thermoelektrische Generatoren nutzen den Temperaturunterschied zwischen einer Wärmequelle und der Umgebungstemperatur zur Stromproduktion - emissionsfrei und umweltfreundlich. In der Industrie wird mit solchen Generatoren die Abwärme bereits seit längerem in elektrischen Strom umgewandelt. Dem deutschen Forscher Wulf Glatz ist es nun im Rahmen seines Doktorats an der ETH Zürich gelungen, den Umwandlungsprozess auch für kleine Einheiten zu optimieren.


Dünn und flexibel

Der 35-jährige Glatz hat zusammen mit seinem Team in der Gruppe für Mikro- und Nanosysteme eine Methode entwickelt, mit der solche Generatoren in Kleinstform und zudem kostengünstig fabriziert werden können. Im Gegensatz zu industriell genutzten thermoelektrischen Generatoren, die primär bei Temperaturen über 250°C und grossen Temperaturgefällen eingesetzt werden, können diese neuen Generatoren auch Temperaturunterschiede von unter 10°C in einer weniger heissen Umgebung effizient nutzen. Sie besitzen zudem keine beweglichen Teile, was sie ausgesprochen wartungsfreundlich macht. Ausserdem sind sie sehr dünn und flexibel, womit sie sich auch für den Einsatz auf gekrümmten Oberflächen eignen.

Das Kernstück der Generatoren bilden halbleitende Materialien. Wenn zwei Halbleiter mit unterschiedlichem Seebeck-Koeffizienten miteinander verbunden werden, entsteht eine elektrische Spannung - sofern zusätzlich zur Umgebungstemperatur ein Temperaturgefälle existiert. Der Seebeck-Koeffizient steht für die Spannung, die nötig ist, um eine Temperaturdifferenz auszugleichen.

Herkömmliche Prozesse verursachen bei der Herstellung der benötigten Halbleitersäulen einen grossen Materialverschleiss. Wulf Glatz ist es gelungen, diesen zu minimieren, indem er das Halbleitermaterial von Anfang an in der benötigten Form «aufwachsen» lässt, anstatt die Säulen später zuzusägen, wie es bin anhin üblich war. Da dieser neue Fabrikationsprozess laut Glatz zehnmal günstiger ist als die bisher verwendeten Methoden, öffnet sich ein riesiger Markt, den Glatz zusammen mit drei Geschäftspartnern nun erschliessen möchte.


«greenTEG» - ein vielversprechender Spin-off

Wulf Glatz hat im Mai 2008 bei Christofer Hierold, Professor für Mikro- und Nanosysteme an der ETH Zürich, promoviert. Die Idee, auf Basis der Dissertation «Entwicklung und Herstellung von mikrothermoelektrischen Generatoren» ein eigenes Unternehmen zu gründen, entstand vor einem halben Jahr. Offiziell gibt es die Firma «greenTEG» seit Juli dieses Jahres. Nebst Wulf Glatz gehören die beiden ETH-Doktoranden Lukas Durrer und Etienne Schwyter sowie der industrieerfahrene Peter Stein zum Gründungsteam. Einen grossen Absatzmarkt für die umweltfreundlichen Generatoren sieht Glatz in der Automobilindustrie. «Es laufen vielversprechende Gespräche», und ein «grosser Autohersteller» habe bereits einen Prototypen in Auftrag gegeben, verrät Glatz.

Die thermoelektrischen Generatoren können zum Beispiel auf den Auspuff geklebt werden, wo sie die ausströmende Abwärme in Elektrizität konvertieren und damit andere Stromgeneratoren ersetzen können, die für den Betrieb von Klimaanlage, Heizung oder Licht gebraucht werden und bis zu zehn Prozent des Bezinverbrauchs verursachen. Die Vision von «greenTEG» geht so weit, dass in Zukunft sogar Körperwärme in Strom umgewandelt werden soll, beispielsweise zum Antrieb eines Mobiltelefons.


Preis für innovative Technologie In Bern durfte Wulf Glatz am 16.09.2009 den «swisselectric research award» entgegennehmen. «swisselectric», die Organisation der schweizerischen Stromverbundunternehmen, hat sich unter anderem der Effizienzsteigerung von Energieproduktionssystemen verschrieben. Sie unterstützt die Forschung und Entwicklung in der Schweiz, nicht zuletzt auch auf Hochschulebene. Der Preis, der in diesem Jahr zum dritten Mal verliehen wurde, zeichnet laut eigenen Angaben Forscherinnen und Forscher aus, «welche die Forschung für eine ausreichende, sichere, preiswerte und umweltgerechte Stromversorgung voranbringen».

Auch Glatz‘ Doktorvater Hierold ist mehr als zufrieden mit dem Projekt: «Ich bin begeistert», meint der Professor zur Initiative, die sein ehemaliger Doktorand Glatz mit «greenTEG» ergriffen hat. Auch auf den Preis ist er ein wenig stolz: «Das ist eine wichtige Bestätigung für das ganze Projekt.» Solche Auszeichnungen zeigten nämlich, dass die verfolgten Ansätze wirklich relevant sind. (ETH)
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