Gemäß dem Leitsatz des Integrierten Pflanzenschutzes: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich" kombiniert der erfahrene Praktiker biologische, biotechnische, chemische und pflanzenbauliche Maßnahmen zur Gesunderhaltung seiner Pflanzen. Mit diesem für ihn vergleichsweise aufwändigen Verfahren übernimmt er bewusst eine hohe Verantwortung für Natur und Umwelt. Doch bei der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes ist Erfahrung vonnöten, denn jede Behandlung erfordert eine individuell angepasste Lösung.
In einem auf zunächst drei Jahre angelegten Modell- und Demonstrationsvorhaben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (
BMELV) sollen die ökologischen und ökonomischen Vorteile aus einem in der Praxis konsequent angewendeten integrierten
Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau systematisch erfasst, ausgewertet und abschließend veröffentlicht werden, wobei die Untersuchungen nicht nur Teile, sondern ganze Betriebe einbeziehen - eine Besonderheit des Projektes. Die Finanzierung erfolgt über das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), die verwaltungstechnische Abwicklung liegt bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Vor kurzem hat in Baden-Württemberg Constance Süttinger vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe die Projektarbeit aufgenommen, das Landratsamt Karlsruhe in Bruchsal, das Julius-Kühn-Institut in Braunschweig sowie das Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee (KOB) in Bavendorf sind als Projektpartner an dem Vorhaben beteiligt. Süttinger betreut in enger Zusammenarbeit mit den genannten Partnereinrichtungen je zwei in Nordbaden ansässige Apfel- und Weinbaubetriebe, ein in der Region
Bodensee gelegener Demonstrationsbetrieb steht unter der Regie des KOB.
Die anstehenden Aufgaben der Pflanzenschutz-Expertin sind breit gefächert. So erfasst sie beispielsweise Anzahl und Dichte von Schaderregern, beobachtet Krankheitsverläufe der Bäume und analysiert die durch den Landwirt vorgenommenen Pflanzenschutzmaßnahmen. So ist bekannt, dass sich pilzliche Erreger in weniger dichten Baumbeständen nicht so schnell ausbreiten oder dass „nützlingsschondende" Pflanzenschutzmittel häufig gute Wirkung zeigen. Hier möchte die Pflanzenschutz-Fachfrau zu exakten Auswertungen und allgemein übertragbaren Handlungsanleitungen kommen. In anderen Fällen überprüft sie, ob die richtige Sortenwahl möglicherweise Krankheiten und Schädlingsbefall vorbeugt. Die Wissenschaftlerin plant, bereits im ersten Jahr gemeinsam mit den Betriebsleitern Hofseminare zu veranstalten und über die ersten Forschungsergebnisse zu informieren.
Auch die Demonstrationsbetriebe profitieren von dem Projekt. Sie erhalten eine hochwertige kostenlose Zusatzberatung und wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die Wirkung der vorgenommenen Pflanzenschutzmaßnahmen.
Da niemand den Betrieb so gut kennt wie der Landwirt selbst, entscheidet er im Gespräch mit den Experten, wie die für ihn optimale Vorgehensweise aussieht und welche Anpassungen er sofort oder im Folgejahr vornehmen kann. Für seinen bürokratischen und arbeitstechnischen Zusatzaufwand erhält er eine finanzielle Entschädigung. Erste Ergebnisse liegen im Frühjahr 2012 vor. (LTZ)