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08.04.2010 | 08:43 | Agrarforschung 

Züchtung verändert Pflanzen stärker als Gentechnik

Gießen - Trotz mehrfacher Feldzerstörungen haben sich die Freilandversuche der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit genetisch veränderter Gerste gelohnt.

Gerstenfeld
(c) proplanta
Die Ergebnisse der von Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel (Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie) geleiteten Versuche konnten jetzt in der renommierten US-amerikanischen Fachzeitschrift „PNAS“ (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht werden. Wichtiges Ergebnis der Studie, die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Erlangen-Nürnberg (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Uwe Sonnewald) und der Washington State University durchgeführt wurde: Klassische Züchtung verändert Pflanzen sehr viel stärker, als es der biotechnologische Zusatz einzelner Gene vermag. Ziel des Projekts im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung war die Erforschung der biologischen Sicherheit gentechnisch veränderter Nutzpflanzen. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob nützliche Bodenorganismen durch die genetisch veränderte Gerste beeinträchtigt werden und ob die genetische Veränderung auf die Pflanze selbst einen starken Einfluss hat.

In der mehrjährigen Versuchsreihe haben die Wissenschaftler genetisch veränderte Gerste ausgesät, die zusätzlich entweder ein Chitinase-Gen oder ein β-Glucanase-Gen enthielt. Mit diesen zusätzlichen Genen ist die Gerste in der Lage, ein die Pilzzellwand auflösendes Enzym zu produzieren. Damit kann ein Schadpilzbefall stark reduziert oder ganz verhindert und der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln verringert werden. Gleichzeitig besitzt die biotechnologisch hergestellte Gerste eine verbesserte Futtereigenschaft.

Schon im vergangenen Jahr hatten die Forscher durch die Freilandversuche herausgefunden, dass die nützlichen Mykorrhiza-Bodenpilze durch die transgene Geste nicht beeinträchtigt wurden. Insgesamt bedingen die genetischen Veränderungen der Gerste nur minimale Veränderungen der Genaktivität und der Zusammensetzung der Pflanzen. Bei der gleichzeitigen Untersuchung der konventionellen Elternpflanzen der Sorten Golden Promise und Baronesse stellte sich heraus, dass der Unterschied zwischen diesen Sorten erheblich größer ist als der zwischen den Eltern und ihren jeweiligen transgenen Ab¬kömmlingen. So waren bei den beiden konventionellen Sorten allein 1.660 Gene unterschiedlich aktiv. Die Forscher stellten auch fest, dass eine Besiedlung mit Mykorrhiza-Pilzen selbst die Stoffzusammensetzung der Gerstenpflanzen erheblich verändert - unabhängig davon, ob es sich um transgene oder nichttransgene Gerste handelt.

Die Wissenschaftler wendeten das neue Verfahren eines direkten systematischen Vergleichs von Genaktivitäten und Stoffzusammensetzung an. Damit sind kleinste Genveränderungen nachweisbar, die in der Vergangenheit durch langjährige klassische Züchtung entstanden waren. „Wir können mit unseren Verfahren in den Pflanzen lesen wie in einem Buch“, erklärt Prof. Kogel. „Und einige Kapitel zeigen uns, welche Züchtungspartner zur Entstehung der Pflanzen einst beigetragen haben.“ Die Ergebnisse zeigen nach Angaben der Wissenschafter, dass klassische Züchtung und Umwelteinflüsse wie Pilzbefall Pflanzen in erheblich stärkerem Umfang verändern als das gezielte gentechnische Hinzufügen eines einzelnen Gens. (jlu)


Titel der Publikation:
Karl-Heinz Kogel, Lars M. Voll, Patrick Schäfer, Carin Jansen, Yongchun Wu, Gregor Langen, Jafargholi Imani, Jörg Hofmann, Alfred Schmiedl, Sophia Sonnewald, Diter von Wettstein, R. James Cook, and Uwe Sonnewald: Transcriptome and metabolome profiling of field-grown transgenic barley lack induced differences but show cultivar-specific variances. PNAS 201001945; online veröffentlicht am 22. März 2010, doi:10.1073/pnas.1001945107
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