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08.06.2011 

RKI, BfR, BVL - oder eine «Seuchen-Polizei»?

Die Suche nach der Quelle für den gefährlichen EHEC-Darmkeim zieht sich hin - und viele suchen mit. Eine ganze Armada von Behörden und Regierungsstellen müht sich um Aufklärung.

Petrischale (Foto: ggw - Fotolia.com)
Doch die Kritik an den verschachtelten Kompetenzen in der föderalen Republik wächst. Statt der jeweiligen Zuständigkeiten diverser Institute wie RKI, BfR, BVL und zweier Bundesministerium könnte eine nationale «Seuchen-Polizei» schlagkräftiger sein.


Was passiert, wenn ein gefährlicher Keim wie EHEC auftaucht?

Stellen Ärzte oder Krankenhäuser bei einem Patienten eine meldepflichtige Krankheit fest, müssen sie darüber das örtliche Gesundheitsamt informieren. Von dort geht dann eine Meldung ans Landesgesundheitsamt. Ergibt sich dabei der Verdacht, dass solche Infektionen nicht nur lokal begrenzt auftreten, wenden sich die Landesbehörden an das Robert-Koch-Institut (RKI). Die Berliner Experten sind dem Bundesgesundheitsministerium zugeordnet. Sie schickten zehn Erkundungsteams zur EHEC-Spurensuche los. Für die Lebensmittelüberwachung samt Proben sind aber die Länder zuständig.


Wer informiert die Verbraucher?

Daran entzündet sich harsche Kritik. Mit einem ersten EHEC- Verdacht bei Gurken wandte sich Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) an die Öffentlichkeit. Wenige Tage später warnte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) vor Sprossen aus einem Gärtnerhof, für die eine «wasserdichte Kausalkette» festgestellt worden sei. Labortests erhärteten beide Verdachtsszenarien vorerst nicht. Auf Bundesebene formulierten das RKI und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine eigene «Verzehrempfehlung», auf rohe Gurken, Tomaten und Salat vor allem in Norddeutschland zu verzichten - Datenbasis sind Patientenbefragungen.


Welche Institute sind noch beteiligt?

Das BfR soll die Verbraucher über «identifizierte und bewertete Risiken informieren» und hat auch ein nationales Referenzlabor für Bakterien. Anders als das RKI ist es dem Bundesverbraucherministerium zugeordnet, ebenso wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Beide Institutionen sind - wie das RKI - in einen Krisenstab eingebunden, den das Verbraucher- und das Gesundheitsministerium eingerichtet haben. «Es gibt täglich Telefonkonferenzen und Treffen», sagt BVL-Präsident Helmut Tschiersky-Schöneburg. Laborergebnisse, die aus den Ländern stammen, werden über ein Portal des BVL ausgetauscht, das auch die EU-Kommission und die europäischen Partner informiert.


Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit der Beteiligten?

Darüber gehen die Meinungen stark auseinander. «Es gibt keine Kompetenzstreitigkeiten», betont Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Und auch die Institute beteuern, es werde gemeinsam rund um die Uhr mit Hochdruck gearbeitet. Kritiker beklagen dagegen vielstimmige Informationen und ein ineffektives Krisenmanagement. «Epidemien machen nicht vor Ländergrenzen halt und erfordern einen raschen Durchgriff», monierte der Verband der Universitätskliniken. Eine einheitliche Info-Telefonnummer der Bundesregierung gibt es nicht - sondern sogar zwei, eine des Gesundheitsministeriums und eine des Verbraucherministeriums.


Wie könnte eine zentrale Stelle aussehen?

Statt zersplitterter Zuständigkeiten könnte eine schlagkräftige nationale Stelle geschaffen werden. Im Auge dafür haben viele das RKI. Es könnte zur «zentralen Seuchen-Polizei in Deutschland umgebaut werden», wie etwa die Deutsche Polizei-Gewerkschaft vorschlug. Der Vorsitzende des Bundestags-Verbraucherausschusses, Hans-Michael Goldmann (FDP), würde gern die wissenschaftlichen Kompetenzen von RKI, BfR und BVL in einer Institution gebündelt sehen. Doch eine Zentralisierung stößt auch auf Bedenken. «Ich wüsste nicht, wie aus Berlin die konkrete Probennahme bei den Betrieben organisiert werden sollte», sagte NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne). (dpa)

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