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10.01.2008 

2008 wird gutes Jahr für die Landwirtschaft

„Für die Landwirtschaft wird das Jahr 2008 ein gutes Jahr. Sie erfährt eine lange nicht gekannte Verbesserung ihrer Rahmenbedingungen.“

Agrarwirtschaft
(c) DLG
Die Landwirtschaft werde eine der Schlüsselbranchen zur Lösung der wesentlichen Zukunftsherausforderungen der Weltgemeinschaft. Die Standorte Deutschland und Europa bis einschließlich des asiatischen Teils von Russland würden aufgrund ihrer guten natürlichen Voraussetzungen und Potenziale und als Folge des Klimawandels in den kommenden Jahren erheblich an Bedeutung zur ausreichenden weltweiten Versorgung von Agrarrohstoffen zunehmen. Dies ist für den Präsidenten der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), Carl-Albrecht Bartmer, das wichtigste Fazit seiner Einschätzung über die künftigen Perspektiven des Agrarsektors. „Und diese vorhandenen Potenziale müssen aus Verantwortung zur weltweiten Ernährungs- und Energiesicherung genutzt werden“, so Bartmer weiter.

Zum Auftakt der DLG-Wintertagung im westfälischen Münster warnte Bartmer vor der Presse zugleich auch vor zu großer Euphorie. „Die Landwirtschaft schwimmt auf einer Welle des Erfolges, doch die hohen Marktpreise für die wichtigsten Agrarrohstoffe dürfen nicht überschätzt werden, wie gegenwärtig in der Schweinebranche zu sehen ist“, betonte der DLG-Präsident.


Erfolgreiche Volkswirtschaften brauchen eine leistungsfähige Agrarwirtschaft

Für Bartmer beweisen abgeschmolzene Vorratslager, explodierende Agrarrohstoffmärkte, Rohölpreise von über 100 $/Barrel und die Aussicht, dass ab 2024 die Ölnachfrage nicht mehr vollständig befriedigt werden kann, dass „wir uns schon seit einigen Jahren auf ein neues gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht zu bewegen. Und in diesem Gleichgewicht wird die Agrar- und Ernährungswirtschaft eine Schlüsselfunktion einnehmen.“

Bei einem Blick in die Wirtschaftsgeschichte könne festgestellt werden, dass das Wohl und Wehe von Nationen weniger von der Verfügbarkeit ihrer Bodenschätze oder von der Größe ihrer Armeen bestimmt war, sondern von der Fähigkeit, eine produktive Landwirtschaft aufzubauen. Dies werde gegenwärtig mit einem Blick auf den Vorratsabbau und die Marktpreise wieder deutlich. „Wenn die FAO heute feststellt, dass bis 2030 zur ausreichenden Versorgung der Weltbevölkerung 55 Prozent mehr Nahrungsmittel als heute zur Verfügung gestellt werden müssen, dann kann die Devise nur lauten, die vorhandenen Agrarpotenziale stärker auszunutzen“, betonte der DLG-Präsident.

Agrarwirtschaft mit neuer gesellschaftlicher Anerkennung
Bartmer zeigte sich überzeugt, dass eine moderne, technologieoffene und unternehmerische Landwirtschaft durchaus in der Lage ist, auf begrenzter Fläche erheblich mehr Biomasse zu erzeugen. „Der Agrarwirtschaft wächst damit eine neue gesellschaftliche Anerkennung zu“, betonte er. Für ihn wird diese neue gesellschaftliche Zustimmung aber nur nachhaltig und erfolgreich sein, wenn der gesamte Sektor diese gewachsene Verantwortung auch wahrnimmt.

„Wir müssen knappe Ressourcen effizienter einsetzen und dabei die externen Effekte, wie zum Beispiel die Umweltwirkungen, mit einbeziehen.“ In diesem Kontext würden sich auch alte Feindbilder wie Groß oder Klein, wie Konventionell oder Ökologisch auflösen. „Denn alle müssen nachhaltig wirtschaften, also ihre Umweltwirkungen genauso wie ihre Arbeits- und Flächeneffizienz optimieren“, so der DLG-Präsident.


Globale Verantwortung übernehmen

Menschliches Handeln könne in Zeiten moderner Technologien weltweite und weit in die Zukunft gerichtete Folgen haben. Daher bedeutet Verantwortung für den DLG-Präsidenten auch, den Blick weit über den Tellerrand und weit über Zeithorizonte hinaus zu richten. „Wir müssen mit Blick auf unsere Gunststandorte in Deutschland noch stärker globale und Generationen übergreifende Verantwortung übernehmen“, betonte Bartmer.

Das Prinzip Verantwortung verlange zudem auch eine rationale Auseinandersetzung. Tradierte und dogmatische Positionen müssten überdacht werden. Bartmer plädierte für einen ganz neuartigen Dialog mit der Gesellschaft. „Der ist möglich und auch notwendig“. Denn der Gesellschaft werde immer stärker bewusst, dass „eine innovative Landwirtschaft hilft, die Ernährung zu sichern, die Ressourcen zu schonen und nachhaltige Kulturlandschaften zu entwickeln.“

Betriebe müssen Potenziale durch angepasste Strategien nutzen
„Wir müssen unsere betrieblichen Strategien an die veränderten Marktbedingungen anpassen“, erklärte Bartmer weiterhin. Dabei müsse man zukünftig auch stärkere Preisschwankungen bei den Erzeugerpreisen berücksichtigen. Auch würden sich die Nutzungskosten für den Boden, aber auch die Preise für Vorleistungen und Investitionsgüter den neuen Knappheitsverhältnissen anpassen.

„Die Kostenführerschaft bleibt weiter ein Ziel, allerdings werden wir den Ertrag wieder mehr in den Fokus nehmen“, betonte der DLG-Präsident, „weil der durch Intensität und Technologieeinsatz erzielbare Mehrertrag höher bezahlt wird.“ Wie im Ackerbau auf leistungsfähigere Sorten, Pflanzenschutzmittel und moderne, effiziente, wartungskostenarme Technik zur intensiveren Bodenbearbeitung, exakteren Aussaat und verlustarmen Ernte, so würde in den Ställen auf innovative Technik von Stallbau und Belüftung über die Fütterung bis zum Melkverfahren gesetzt.

„Auch werden wir unser Augenmerk auf gesunde und leistungsstarke Tiergenetik richten. Große, einheitliche Ferkelpartien mit definiertem Gesundheitsstatus für Rein-Raus-Verfahren auch in großen Mastbeständen sind zum Beispiel einer der Erfolgsfaktoren für unsere Wettbewerbsfähigkeit in der Schweinebranche.“ Dabei versteht der DLG-Präsident unter Intensität mehr als Technik und Vorleistung. Für ihn ist der landwirtschaftliche Unternehmer der Schlüssel, um ungenutzte Potenziale zu identifizieren und nutzbar zu machen. „Seine schöpferische Kraft, seine Neugierde und aktive Kommunikation, seine Fähigkeit, in den Kriterien einer Pflanze oder eines Tieres zu denken, sind seine wichtigste Begabung.“


Politik muss Potenziale durch angepasste Strategien erschließen

Nach Auffassung von Bartmer hat die Politik nur sehr begrenzte Möglichkeiten bei der Schaffung von zusätzlichen Potenzialen. Die Erfahrungen mit der EU-Agrarpolitik hätten dies gelehrt. „Das wird vermutlich auch eine regenerative Energiebranche erleben, die sich auf mehr als eine technologische Initialförderung verlässt.“ Auch sei zu beobachten, dass politische Institutionen das von der Globalisierung vorgelegte Tempo nicht mehr nachvollziehen könnten. „Ihnen scheint ein Instrumentarium zur Beherrschung global vernetzter Herausforderungen zunehmend zu fehlen.“

Steuer- und Arbeitskostenwettbewerb, ausbleibende Antworten auf die wichtigen globalen Fragestellungen, wie die Nutzung begrenzter Ressourcen dieser Welt, Klima, Wasser, Fragen internationaler Verteilungsgerechtigkeit und Konfliktmanagement würden auf vergleichsweise kraftlose Strukturen von der UN bis hin zu in Interessengruppen und Koalitionen gefangenen Regierungen treffen. „Man übt sich stattdessen lieber in nationalen Egoismen.“ Für den DLG-Präsidenten steht fest, dass sich der alimentierende Staat zunehmend aus dem Agrarsektor zurückziehen wird. „Das sind die klaren Botschaften der angelaufenen Halbzeitüberprüfung der EU-Agrarreform nach 2013“, betonte Bartmer. Der Staat solle sich den Aufgaben zuwenden, die der Markt nicht erfüllen kann, so zum Beispiel bei gesellschaftlicher Nachfrage zum Erhalt spezifischer gewachsener Kulturlandschaften oder bei der Initialförderung von neuen, innovativen Technologien.


Agrarwissenschaften sind eine Zukunftswissenschaft und Landwirtschaft ein Zukunftsberuf

Ein breit angelegtes und hoch effektives Forschungswesen habe Deutschland in die heutige hervorragende Wettbewerbsposition gebracht. In den letzten Jahren sei hier für den Agrarbereich ein ungezieltes, aber faktisches „Herunterfahren“ vorgenommen worden. Unbesetzte Lehrstühle, Mittelknappheit und problematische Forschungsausrichtung drohen die Agrarforschung auszutrocknen, die im Moment eigentlich mit höchster Intensität Zukunftsfragen bearbeiten müsste.

Der Erfolg unserer Systeme ist nach Ansicht des DLG-Präsidenten auch ein Erfolg der Köpfe und Innovationen, die aus einer unabhängigen Forschung kommen. Investitionen in Wissen um Grundlagen sowie in die Anwendung von Forschungserkenntnissen sind nach Bartmer die erfolgreichste Verwendung von öffentlichen Mitteln. „Hiermit lassen sich Potenziale heben, genauso wie mit der Ausbildung und Qualifikation neuer Generationen von Landwirten. Agrarwissenschaften sind eine Zukunftswissenschaft, und Landwirtschaft ist ein Zukunftsberuf. Daher müssen wir offen und attraktiv sein für die besten Köpfe der Gesellschaft und sie in der Landwirtschaft binden.“ (DLG)
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