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15.02.2011 

Alkohol am Steuer

Ein, zwei Liter Bier und dann ans Steuer?

Saufbold
(c) proplanta
Für Bayerns ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) schien das 2008 kein Problem. Bei einer Bierzeltrede wies er Rufe nach einer strengeren Promille-Grenze im Verkehr mit folgender Argumentation zurück: «Es ist nicht das Problem, wenn einer eine Maß trinkt, oder wenn er ein paar Stunden da ist, auch zwei.» Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing konterte damals, Beckstein habe wohl kräftig einen über den Durst getrunken. «Zwei Liter Bier überschreiten die Trinkmengenempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation um das Dreifache.»

Am Mittwoch ist es zehn Jahre her, dass die 0,5-Promille-Grenze in Deutschland beschlossen wurde - seitdem wird munter diskutiert, ob das reicht. Der Wert kann schon bei einem halben Liter Bier oder einem Glas Wein erreicht sein. Die seit 1973 geltende Grenze von 0,8-Promille wurde am 16. Februar 2001 vom Bundesrat abgeschafft. Am 1. April trat die Änderung der Bußgeld-Katalogverordnung in Kraft.

Die unionsgeführten Länder waren damals gegen die Verschärfung des Gesetzes. Nach ihrer Ansicht war so eine Senkung der Unfallzahlen nicht zu erreichen. Die SPD-geführten Länder verwiesen auf Studien, wonach bereits bei 0,3 bis 0,4 Promille Ausfallerscheinungen beim Fahrer möglich sind.

Frank Richter, Vizechef der Deutschen Polizei-Gewerkschaft (GdP) wertet die Regelung wegen weniger Toten als Erfolgsgeschichte, fordert aber nun Maßnahmen Richtung einer 0,0-Promille-Grenze. «Wer Verkehrssicherheit will, sollte die Regelung verschärfen.» Auch für Radfahrer brauche man rasch Alkoholgrenzen - 2009 seien an 25 Prozent der Unfälle unter Alkoholeinfluss Radler beteiligt gewesen. Hier ist bisher nur die absolute Fahruntüchtigkeit definiert, sie ist bei Fahrradfahrern bei 1,6 Promille erreicht.

Mit der 0,5 Promille-Grenze für Autofahrer liegt Deutschland im EU-Trend. Ein Alkoholverbot gilt nur in Estland, Kroatien, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn. «Die 0,5 Promille-Grenze hat sich bewährt. Sie wird von allen Verkehrsteilnehmern akzeptiert und trägt wesentlich zu mehr Verkehrssicherheit bei», weist Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Forderungen nach Verschärfungen zurück.

Wer in Deutschland mit mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut erwischt wird, muss bis zu 750 Euro Strafe zahlen, kann vier Punkte in Flensburg bekommen und bis zu drei Monate den Führerschein verlieren. Ab 1,1 Promille gilt der Fahrer als absolut fahruntüchtig und muss im schlimmsten Fall ins Gefängnis. Die meisten Unfälle wegen Trunkenheit am Steuer gibt es mit 37,9 pro 100.000 Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern, gefolgt von dem Saarland mit 35,7 Fällen.

Die Polizei betont seit Jahren, dass es an Personal fehle, um mehr Kontrollen durchzuführen. Rein statistisch müsse man etwa 600 Mal unter Alkoholeinfluss Auto fahren, um einmal erwischt zu werden, kritisiert auch der Auto Club Europa (ACE).

Auf dem jüngsten Verkehrsgerichtstag in Goslar wurde auch erneut das Alkoholverbot am Steuer diskutiert, so wie es für Fahranfänger bis zum Alter von 21 Jahren gilt. Bei dieser Gruppe ging der Deutschen Verkehrswacht zufolge seit Einführung des Verbots im August 2007 die Zahl der alkoholbedingten Unfälle um 15 Prozent zurück.

«Muss es denn gleich strafbar sein, wenn man ein Glas getrunken hat?», lautet immer wieder die Frage der Gegenseite. Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) war 2009 nur noch jeder 18. Unfall mit Personenschaden ein Alkoholunfall. Im Jahr 1998 war es noch jeder 13. Unfall. Der ACE hingegen geht bei 7.100 der rund 58.000 Verkehrstoten in den letzten zehn Jahren von zu viel Alkoholgenuss aus (12 Prozent). Aber die Lobby gegen eine 0,0-Promille-Grenze ist stark. «95 Prozent der alkoholbedingten Unfälle werden von Fahrern mit deutlich mehr als 0,5 Promille begangen», sagte etwa Michael Scherer, Präsident des norddeutschen Brauereiverbandes, in Goslar.

Die letzte Reform beim Thema «Alkohol am Steuer» gab es übrigens auf dem Wasser. Nach einem Beschluss der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) gilt an Bord von Schiffen ab 2012 weltweit auch die 0,5-Promille-Grenze. Verkehrsminister Ramsauer sieht das als «Meilenstein für die Sicherheit auf den Weltmeeren». (dpa)
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