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Gerste: Vom Käufer- zum Verkäufermarkt (28.11.2006)

Gerste Vom Käufer- zum Verkäufermarkt 28.11.2006 - Gerste Nachrichten rund um die Gerste

Gerste: Vom Käufer- zum Verkäufermarkt

Der Gerstenmarkt hat sich in den vergangenen Wochen immer mehr zum Verkäufermarkt entwickelt. Die In- und Auslandsmärkte sind sehr aufnahmefähig, die Preise zogen kräftig an. Nun mehren sich Anzeichen für eine Verschnaufpause.

Die Wintergerstenernte 2006 ist höher ausgefallen als im Jahr vorher. Zum einen hatten die Landwirte den Anbau um rund zehn Prozent auf 1,48 Millionen Hektar ausgedehnt. Zum anderen wurde diese Getreidefrucht von der Trockenheit im Juni und Juli am wenigsten in Mitleidenschaft gezogen.

Mit 9,44 Millionen Tonnen fiel die Ernte daher um sieben Prozent höher aus als 2005. Das höhere Angebot führte dazu, dass der Handel den Aufkauf auf der Basis des Interventionspreises kalkulierte.

Binnenmarkt braucht mehr Ware
Doch die Zeiten von im Vergleich zu anderen Getreidearten weit abgeschlagenen Futtergerstenpreisen sind lange vorbei. Selbst in marktfernen Regionen müssen Ende November mindestens 115 Euro je Tonne geboten werden, um Mengen aus den Erzeugerlägern zu mobilisieren. In Nord- und Teilen Ostdeutschlands lassen sich sogar Preise von über 130 Euro je Tonne ab Hof erlösen; das sind 25 bis 40 Euro mehr als zur Ernte oder als im Vorjahr.

Denn sowohl die hiesigen als auch die internationalen Märkte nehmen mehr Ware auf als zunächst erwartet. Das vergleichsweise reichliche und dazu günstige Angebot an Futtergerste beflügelte den Einsatz als Futtermittel. So haben die hiesigen Futtermittelbetriebe in den ersten beiden Monaten des laufenden Wirtschaftsjahres mit 332.000 Tonnen reichlich ein Drittel mehr Gerste verarbeitet als im Vorjahreszeitraum.

Die 2005/06 insgesamt eingesetzte Menge von 1,58 Millionen Tonnen dürfte 2006/07 deutlich übertroffen werden. Auch bei der hofeigenen Verwendung dürfte der Bedarf spürbar über die rund fünf Millionen Tonnen steigen, die im Vorjahr verbraucht wurden. Nicht zuletzt ist Futtergerste besonderer Spezifikation bei Mälzern und als energetischer Rohstoff gefragt.

Die seit Mitte November 2006 für den Binnenmarkt ausgeschriebenen Interventionsbestände sind stark umworben, obwohl weniger Gerste als im Vorjahr ausgeführt wird. Der Nettoexport hat sich im Zeitraum Juli bis September 2006 mit 597.800 Tonnen fast halbiert. Von den 100.000 Tonnen ausgeschriebener BLE-Gerste wurden bereits 62.700 Tonnen zugeschlagen, trotz der Verteuerung auf zuletzt mindestens 138,42 Euro je Tonne. EU-weit sind gut 55 Prozent der ausgeschriebenen Mengen verkauft.

Nach dem kräftigen Anstieg der letzten Wochen könnte der Gerstenpreis nun eine "Verschnaufpause" einlegen. Die relativ knapp Marktversorgung ist inzwischen eingepreist, und die Ukraine exportiert wieder. Außerdem dürfte auch Brüssel für weiteren Nachschub an Interventionsgerste sorgen. Und auch der im Vergleich zum Euro immer schwächer werdende US-Dollar wirkt in diese Richtung.

Aufnahmefähiger Weltmarkt
Kräftige Unterstützung beim Preisanstieg lieferte in den vergangenen Wochen auch der Weltmarkt. Dort kann der steigende Bedarf im Wirtschaftsjahr 2006/07 nur mit Rückgriffen auf die Reserven gedeckt werden.

Die EU zählt hinter Australien und der Ukraine zu den wichtigsten Anbietern von Gerste. Und wegen der witterungsbedingt absehbar hohen Ernteausfälle auf dem fünften Kontinent – die Ernte soll mit 4,2 Millionen Tonnen nicht einmal die Hälfte des Vorjahres erreichen – und den Anfang Oktober in der Ukraine verhängten Exportrestriktionen haben sich die Absatzchancen für EU-Herkünfte deutlich verbessert. Letzteres trifft vor allem für Lieferungen nach Saudi-Arabien zu – dieses Land ist Deutschlands wichtigster Abnehmer. Gut ein Drittel der weltweit gehandelten Mengen nimmt allein dieser Staat auf, die Hälfte davon in den letzten Jahren aus der Ukraine und Australien. (ZMP)