Der vorgelegte Gesetzesentwurf der Landesregierung (Stand 30.12.2014) geht dabei weit über die Landtagsentschließung der Regierungskoalition vom Mai 2014 hinaus (LT-Drs. 18/1870). Mit vielfältigen neuen und ausgedehnten ordnungsrechtlichen Vorschriften soll Naturschutz einseitig und ausschließlich befördert werden. Die berechtigten Interessen der Landnutzer werden dabei vielfach außer Acht gelassen.
Etliche Vorschriften sind unklar und nicht justitiabel. Die Landesregierung verfolgt mit den zahlreichen Änderungen im Landesnaturschutzgesetz eine Abkehr vom kooperativen Naturschutz mit den Landnutzern. Stattdessen soll der Schwerpunkt zukünftig auf ordnungsrechtliche Restriktionen gesetzt werden.
Dieses Ziel wird mit vielen einzelnen Bausteinen verfolgt, die in ihrer Gesamtheit die Handlungsfreiheit insbesondere der landwirtschaftlichen Landeigentümer und –bewirtschafter erheblich einschränkt:
• In der Vergangenheit mussten die Naturschutzbehörden vorrangig prüfen, ob die gewünschten Ziele mit verbindlichen vertraglichen Maßnahmen erreicht werden können. Dieser Grundsatz wird ersatzlos gestrichen und allein auf Ordnungsrecht gesetzt.
• Die Erweiterung der Verordnungsermächtigung, mit der das MELUR die gute landwirtschaftliche Praxis definieren kann, steht der Grundsystematik dieser Regelung, nämlich das sie die tatsächliche Praxis und den Fortschritt in der Landbewirtschaftung wiederspiegelt, entgegen.
• Die Landesregierung gibt ihr Ziel, den Flächenverbrauch stoppen zu wollen, offensichtlich auf: Der Grundsatz des 1:1 Ausgleichs bei Eingriffen in die Natur wird gestrichen, es soll ein höherer Ausgleich erfolgen. Eine vorrangige Prüfung, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch durch die Aufwertung nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen zu erbringen, wird gestrichen.
• Während auf Bundesebene ein Biotopverbundnetz von 10% der Fläche für ausreichend erachtet wird, sollen in Schleswig-Holstein 15% der Fläche der bisherigen Nutzung entzogen werden. 2
• Die von der
UNESCO ins Leben gerufene Schutzgebietskategorie des Biosphärenreservats soll zukünftig auch dann eingerichtet werden dürfen, wenn die dort entwickelten Voraussetzungen gar nicht vorliegen.
• Der neu eingeführte Biotoptyp des arten- und strukturreichen Dauergrünlandes lässt viele Fragen offen. Er soll vorliegen, wenn „Mindestanforderungen an Artenreichtum“ erfüllt sind. Wann dies der Fall ist, wird jedoch weder im Gesetz noch in der Begründung hinreichend ausgeführt. Auch die weitergehende Definition durch die Biotopverordnung ist unklar („An Grasarten oder krautigen Pflanzen reiches, extensiv genutztes sowie strukturreiches Dauergrünland, mäßig trockener bis nasser und wechselfeuchter Standorte, einschließlich grünlandartiger Brachestadien.“). Damit ist im Gegensatz zu anderen Biotoptypen aber nicht für Jedermann erkennbar, ob überhaupt ein Biotop vorliegt. Dies ist nur mit spezifischen botanischen Kenntnissen möglich. Eine Benachrichtigung der Bewirtschafter und Eigentümer über den Schutzstatus ist nicht vorgesehen. Die Regelung ist damit schlicht nicht justitiabel.
• Der zulässige Zeitraum für Jedermann, um Bäume, Hecken, Gebüsch und andere Gehölze abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen, wird im Frühjahr um zwei Wochen verkürzt. Dies geschieht ungeachtet des auch laut Gesetzesbegründung fachlich unbestrittenen Umstandes, dass die klimatischen Verhältnisse in Schleswig-Holstein eine verlängerte Frist rechtfertigt. Angesichts der von der Landesregierung zur Begründung ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Bedenken fordert der
Bauernverband, dass das Land im
Bundesrat auf eine entsprechende Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes hinwirkt, die den tatsächlichen Gegebenheiten im Land Rechnung trägt.
• Die Erweiterung des Betretungsrechts auf ungenutzte Grundflächen wird zu erheblichen unnötigen Konflikten führen. Nur wenige der Spaziergänger sind heute in der Lage, eine bestellte Fläche von einer unbestellten Fläche zu unterscheiden.
• Die Wiedereinführung des Vorkaufsrechts führt zu den altbekannten bürokratischen Hemmnissen und zeitlichen Verzögerungen bei zukünftigen Grundstückskäufen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Regelung erscheint fraglich. Es geht weit über Bundesrecht hinaus und in seiner Ausübung der Steuerung durch politische Interessen unterworfen. Eine räumliche Abgrenzung ist vielfach unmöglich und an unklare Voraussetzungen und Kulissen geknüpft.
• Hinsichtlich der Änderung von § 4 Abs.6 Landesjagdgesetz und der dort geregelten Antragsstellung auf jagdliche Befriedung durch juristische Personen erschließt sich bereits nicht, wie juristische Personen „ethische Bedenken“ haben können (s.o. Seite 17 Nr.2) (PD)