In einer am Freitag (13.4.) beschlossenen „Hannoverschen Erklärung“ stellen die Agrarsprecher fest, dass die landwirtschaftliche Vielfalt im ländlichen Raum durch die Unwägbarkeiten des Marktes und unfaire Handelspraktiken geschwächt würden. Da der Sektor durch den
Strukturwandel, gesellschaftliche Erwartungen und die Digitalisierung vor zusätzlichen Herausforderungen stehe, müsse die
Landwirtschaftspolitik neu ausgestaltet werden.
Ernährungswirtschaft,
Landwirtschaft und die ländlichen Räume gehörten dabei ausdrücklich zusammen, betonen die SPD-Politiker, die ausdrücklich an einer flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland festhalten. Sie wollen Fördergelder jedoch stärker als bisher an öffentliche Leistungen binden. Diese sollen insbesondere dem Natur- und
Umweltschutz, dem Tierwohl, aber auch den arbeitsintensiven und familiengeführten Unternehmen zu Gute kommen.
Die Agrarsprecher heben die Chancen der Digitalisierung für die Landwirtschaft hervor, machen dies aber von einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur abhängig. Sie verlangen daher einen schnellen Breitbandausbau sowie entsprechend ausgestattete bundesweit einheitliche „staatliche Schnittstellen“ für die Agrarwirtschaft. Die ländlichen Räume müssten zudem durch soziale Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung und die Landwirtschaft selbst gestärkt werden.
Artenvielfalt schützenDie SPD-Agrarpolitiker wollen laut „Hannoverscher Erklärung“ den Tierschutz in Deutschland deutlich verbessern. Dazu fordern sie den Bund auf, eine Nutztierstrategie mit konkreten Zeitplänen und Maßnahmen zu erarbeiten. Zudem wird die Einführung einer Haltungskennzeichnung gefordert, damit der Verbraucher freie Entscheidungen bezüglich des Tierwohls treffen kann.
Die Agrarsprecher schreiben sich ferner den Insektenschutz und den Schutz der
Artenvielfalt in der
Kulturlandschaft auf die Fahne. Dazu gehören für sie die Erweiterung der
Fruchtfolge, die konsequente Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, aber auch Extensivierungsmaßnahmen.
In Bezug auf den Wolf hat die Sicherheit des Menschen für die SPD-Politiker „oberste Priorität“. Gleichzeitig sprechen sie sich für die Unterstützung von Tierhaltern aus, die durch den Wolf Schäden erleiden. Eine Aufnahme des Beutegreifers ins Jagdrecht wird abgelehnt. Stattdessen setzen die Sprecher auf ein geeignetes Wolfsmanagement, Herdenschutzmaßnahmen sowie effiziente Entschädigungen.
Hannoversche ErklärungDie Landwirtschaft steht vor großen Veränderungen. Zu diesen gehören der Strukturwandel, die gesellschaftlichen Erwartungen und die Digitalisierung. Hinzu kommen eine derzeit unkontrollierbare
Preisentwicklung und unfaire Handelspraktiken durch zunehmende Konzentrationsprozesse. Insbesondere kleinere, familiengeführte
Betriebe werden oftmals von der Entwicklung abgehängt. Dies schwächt die Vielfalt im ländlichen Raum und nimmt so Entwicklungsmöglichkeiten. Für uns Sozialdemokraten gehören Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und die ländlichen Räume zusammen und müssen in einem Kontext gedacht werden. DieArbeit in der Ernährungs- und Landwirtschaft muss so bezahlt werden, dass Menschen davon leben können.
Die Neuausrichtung der Landwirtschaft muss sozial gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch rentabel aufgestellt werden. Dies ist nur möglich, wenn wir gemeinsam mit der Landwirtschaft die Zukunft gestalten. Dazu gehören auch unsere LebensgrundlagenWasser, Boden,
Luft undArtenvielfalt heute und für die nächste Generation nachhaltig zu erhalten. Daher fordern wir:
1. Die europäische
Agrarpolitik neu auszurichten. Wir wollen Direktzahlungen so einsetzen, dass auch familiengeführte Betriebe eine Chance haben, weiterhin wirtschaftlich zu arbeiten. Wir wollen eine flächendeckende Landwirtschaft in Deutschland erhalten. An eine finanzielle Unterstützung der Betriebe müssen klare Bedingungen geknüpft werden. Eine davon ist, dass arbeitsintensive Betriebe besser gefördert werden. Die Marktposition der Erzeuger und Erzeugerinnen muss gestärkt werden. Öffentliches Geld für öffentliche Güter: Öffentliche Leistungen auf allen Ebenen sollen insbesondere für den Schutz des Wassers, der Biodiversität, der
Bodenfruchtbarkeit, der Bestäuber (Insekten) und der Humusschicht sowie dem
Tierwohl an die Betriebe gezahlt werden.
2. Die Arbeitsbedingungen in der Agrar- und
Ernährungswirtschaft zu verbessern. Harte Arbeit muss wertgeschätzt und entsprechend bezahlt werden sowie über Mindeststandards geregelt werden. In einigen Bereichen kommt es immer wieder zu einer Ausnutzung von Leiharbeitern und Leiharbeiterinnen und ausländischen Arbeitskräften; diesem Prozess muss entgegengewirkt werden.
3. Die Chancen der Digitalisierung im
Agrarsektor zu nutzen. Noch gibt es nicht überall eine ausreichende digitale Infrastruktur. Dies muss schnell geändert werden. Denn die digitalen Anwendungen ermöglichen eine einheitliche Datenerhebung und -verarbeitung von Agraranträgen, u.a. bei der Düngebilanzierung und bei
Pflanzenschutzmaßnahmen und stellen so eine Arbeitserleichterung und eine Optimierung bei der
Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln für die Betriebe und Behörden dar. Intelligente Datenverarbeitung und Sensorik sorgen dafür, dass unerwünschte Einträge reduziert werden.
Datenschutz und Datensicherheit müssen gewährleistet werden. Zusätzlich brauchen wir staatliche Schnittstellen für die Landwirtschaft, die im Rahmen der Daseinsvorsorge deutschlandweit einheitlich gestaltet sind und kostenfrei zur Verfügung stehen.
4. Eine Nutztierstrategie des Bundes vorzulegen. Diese muss einem konkreten Zeitplan und Maßnahmen enthalten. Wir wollen den Tierschutz in Deutschland verbessern und bekennen uns zu einer flächengebundenen Tierhaltung.Auch muss der Verbraucher schon beim Kauf der Produkte über eine klare Kennzeichnung erkennen können unter welchen Bedingungen das Tier gehalten wurde, um so eine freie Entscheidung treffen zu können.
5. Den Insektenschutz ernst zu nehmen und den Umgang mit landwirtschaftlichen Flächen daraufhin auszurichten. Eine artenreiche Kulturlandschaft bildet die Grundlage für viele Tierarten, wie z.B. Insekten und Vögel. Bestäuber sind existentiell für die Landwirtschaft. Über eine nachhaltige Landbewirtschaftung können sich Landwirte an deren Erhalt beteiligen. Die Förderung der
Biodiversität muss überMaßnahmen auf allen Ebenen unterstützt werden. Unser Ziel ist es, die Pflanzenvielfalt und die Biodiversität auf genutzten Flächen zu erhöhen. Dazu gehört u.a. eine Erweiterung der Fruchtfolge, eine Strategie zur konsequenten Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln oder die Extensivierung der Bewirtschaftung. Besondere Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt hat die Biotopvernetzung.
6. Dass die Sicherheit des Menschen auch in Zeiten der Rückkehr des Wolfes oberste Priorität hat. Betroffene, die durch den Wolf Schäden erleiden, müssen unterstützt werden, durch ein geeignetes Wolfsmanagement aber auch Herdenschutzmaßnahmen sowie durch eine gute, schnelle und effiziente Entschädigungen bei Rissen. Da der Wolf ganzjährig geschützt ist, sprechen wir uns gegen eine Aufnahme in das Jagdrecht aus.
7. Die ländlichen Räume durch soziale Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung und die Landwirtschaft zu stärken. Die Daseinsvorsorge muss gesichert sein.