815 Millionen Menschen hatten im vergangenen Jahr zu wenig zu essen - 38 Millionen mehr als noch 2015, wie die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Freitag in Rom mitteilte. Das erklärte Ziel, Hunger und Mangelernährung bis 2030 zu beenden, könne nur erreicht werden, wenn Frieden und Stabilität sichergestellt würden, warnten die UN. Im Zeitraum zwischen 2003 und 2013 war der Hunger noch weltweit auf dem Rückmarsch.
Die Hälfte der Menschen, die zu wenig zu essen haben, lebt dem Bericht zufolge in Krisengebieten. Im vergangenen Jahrzehnt sei die Anzahl der Konflikte dramatisch gestiegen, die gewaltsamen Auseinandersetzungen würden zudem immer komplexer.
In Bürgerkriegsländern wie dem Südsudan, Nigeria, Somalia und dem Jemen besteht die Gefahr einer Hungersnot, der stärksten Form einer Hungerkrise. «Wir können uns nicht erlauben, diese Alarmglocken länger zu ignorieren», sagte ein FAO-Sprecher laut einer Mitteilung.
Die UN wiesen daraufhin, dass Hunger auch Migration befördere: In Gegenden, in denen Konflikte und Hunger herrschten, sei die Zahl der Menschen, die sich auf die Flucht machten, besonders hoch.
Doch nicht nur in Krisenregionen habe sich die Versorgungslage verschlechtert. Gegenden, in denen Frieden herrsche, litten unter Dürren und Flutkatastrophen, die teilweise mit der starken Ausprägung des Wetterphänomens El Niño zusammenhingen. Auch ein globaler Rückgang der Wirtschaftsleistung habe zur Verschlechterung der Lebensmittelversorgung beigetragen.
«Es ist höchst bedauernswert, dass 2016 einer von neun Menschen auf der Welt hungrig zu Bett gegangen ist», sagte FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva. Die meisten Betroffenen leben in Afrika (243 Millionen) und Asien (520 Millionen). Millionen Kinder leiden als Folge von Hunger an Mangelerscheinungen. Sie sind häufig zu klein für ihr Alter und wiegen zu wenig für ihre Körpergröße.
Die Hilfsorganisation Oxfam warf der Bundesregierung anlässlich der Bekanntgabe der neuen Zahlen vor, mit ihrer Strategie zur
Hungerbekämpfung das Kernproblem zu verfehlen. «Die am stärksten von Hunger betroffenen Menschen werden nicht erreicht, kleinbäuerliche Familien verdrängt und ökologische Probleme verschärft», sagte die Agrarsprecherin von Oxfam in Berlin laut einer Mitteilung.
Brot für die Welt sprach von einem «großen Rückschritt» und beklagte eine Politik, die teilnahmslos zuschaue, wie jährlich Millionen von Menschen einen «schleichenden Hungertod» sterben. «Obwohl die Rezepte für die Hungerbekämpfung bekannt sind, wird viel zu wenig und dann noch das falsche getan», hieß es in einer Mitteilung.
Die
Welthungerhilfe forderte die neu künftige Bundesregierung auf, den Kampf gegen den Hunger ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen. «Wo Regierungen schwach oder korrupt sind oder gar Krieg gegen die eigene Bevölkerung führen, dürfen wir die Menschen nicht verhungern lassen», sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann.
Die
FAO erarbeitete den Jahresbericht erstmals in Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) und der
Weltgesundheitsorganisation (WHO).