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27.09.2015 | 10:15 | Kartoffelsaison 2015 

Eines der extremsten Kartoffeljahre!

Karlsruhe - Hans-Jürgen Meßmer, Leiter der Außenstelle Donaueschingen des LTZ Augustenberg, zog bei der traditionellen Proberodung auf dem Versuchsfeld Bilanz über die schwierige Kartoffelsaison 2015.

Kartoffeljahr 2015
(c) proplanta
Etwa 70 interessierte Fachleute aus Baden-Württemberg, Bayern, dem Elsass und der Schweiz waren gekommen, um sich über aktuelle Ergebnisse der produktionstechnischen Versuche und der Sortentestung zu informieren.

Die Saison hatte mit zeitigen Auspflanzbedingungen in abgetrockneten Böden eigentlich sehr vielversprechend begonnen. Dennoch wird sie als eine der extremsten in der Kartoffelgeschichte eingehen. Denn die Kartoffeln litten im Verlauf der Saison zum z.T. unter den sehr hohen Niederschlägen gefolgt von außergewöhnlich heißen und trockenen Bedingungen. Die hohen Temperaturen und die extreme Trockenheit haben das Ertragspotential der meisten Kartoffelbestände deutlich reduziert. Zum Teil mussten in unberegneten Versuchen je nach Sorte einen 30 bis 50 Prozent geringeren Ertrag gegenüber dem langjährigen Mittel in Kauf genommen werden. Im Vergleich dazu wurden nur auf Beregnungsflächen gute Erträge erzielt.

Auf dem Bio-Versuchsfeld in Aufen hatten die Kartoffeln, bedingt durch den Frost vom 20. auf den 21. Mai, zwei Wochen Stillstand und dadurch mindestens zwei, eher sogar drei Wochen an Vegetationsvorsprung eingebüßt. Außerdem wurde es Ende Mai sehr kühl und bereits Anfang Juni mussten über alle Sorten hinweg Probleme mit Erwinia registriert werden.

Viele Bestände waren ab Mitte Juni durch zu viel Wasser gestresst. Vor allem Schläge mit nicht optimaler Bodenstruktur hatten massiv Probleme mit Rhizoctoniabefall. Anfang Juli war es dann wieder sehr heiß und extrem trocken. Mitte Juli wurden erste Blätter mit Alternariasymptomen festgestellt. Zu diesem frühen Zeitpunkt wurde ausschließlich der Erreger Alternaria alternata gefunden. Vier Wochen später waren dann auch Blätter mit Alternaria solani befallen. Insgesamt waren viele Blätter durch Trockenheit in Verbindung durch die enorme Hitze Anfang bis Mitte Juli sehr stark nekrotisiert. Bei verschiedenen Sorten wurde zusätzlich noch verstärkt auch Welkepilz Colletotrichum festgestellt.

In der Reifegruppe früh und in der Reifegruppe mittelfrüh wurde bei einigen Sorten sehr sehr frühe Abreifeerscheinungen beobachtet. Überraschenderweise konnte man in der Reifegruppe mfr zu diesem Zeitpunkt bereits schon relativ schalenstabile, reife Knollen finden. So wies die Sorte Ditta z.B. bereits zu diesem Zeitpunkt schon 15 % Stärke auf.

Die teilweise regional unterschiedlichen Niederschlagsmengen Ende Juli und die hohen Bodentemperaturen haben dann z.T. nochmals das Kraut- und Knollenwachstum gefördert, was mehr Vorteile als Nachteile mit sich brachte. Dies betraf vor allem bei der auf der Baar, im Hochschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb noch sehr stark angebauten Sorte Granola. Außerdem stellte das LTZ zum Teil eine verstärkte Ausprägung von Wachstumssymptomen wie Zweitwachstum (neuer Knollenansatz), Zwiewuchs- und Kettenwuchs fest, die sich negativ auf die Knollenqualität auswirken. Nur durch eine sachgerechte Krautregulierung kann diesem Problem eigentlich entgegengesteuert werden.

Viele Landwirte waren zu Recht sehr beunruhigt, was den Zwie- und Kettenwuchs angeht, und führten daher aber  z.T. eine unsachgemäße, viel zu frühe Krautregulierungsmaßnahme durch. Vital grüne Bestände lassen sich aber gar nicht so einfach oder überhaupt nicht durch chemische, mechanische oder thermische Krautminderungsverfahren abreifen bzw. regulieren. Bei den frühzeitig abgeschlegelten bzw. abgetöteten Beständen waren bei verschiedenen Sorten, vor allem auf  schwereren Böden, vermutlich auch aufgrund der späteren N-Nachlieferung große Probleme mit Wiederaustrieb festzustellen. Wiederaustrieb führt zu einer ungleichmäßigen Abreife der Knollen, damit auch zu einer höheren Beschädigungsrate bei der Ernte und dadurch zu höheren Lagerungsverlusten.

Intensiv diskutiert wurde vor allem über Alternativen zur Problematik Zwiewuchs. Man war sich einig, dass eine ausreichende Wasserversorgung für Kartoffeln elementar ist. Die Verdunstung von Wasser in Spätkartoffeln liegt im Durchschnitt der Monate April bis August bei ca. 350 mm, wobei 1/3 der Gesamtverdunstung im Monat Juli stattfindet. Leider werden bis heute nur ca. 50 % der Kartoffelfläche beregnet. Ziel sollte sein, da waren sich LTZ und Beratungsdienst Heilbronn einig, dass Landwirte beim Kartoffelanbau in die Beregungstechnik investieren.

Der Vorteil einer gezielten Beregnungsmaßnahme liegt in der gleichmäßigen Wasser- und Nährstoffversorgung. Dadurch werden unerwünschte Mineralisationsschübe unterbunden, was wiederum bedeutet, dass dadurch sowohl Zwiewuchs als auch Durchwuchs verhindert bzw. in Extremjahren wie 2015 deutlich dezimiert werden. Auch kann der Landwirt durch die Beregungsmaßnahmen seine Erträge absichern, was letztendlich in der Düngungsbilanz weniger Restnitrat im Boden bedeutet. Im Vordergrund steht, dass durch die gezielte Beregnung die vom Handel erforderlichen Qualitäten erreicht werden können, was die Vermarktungsmöglichkeit der Kartoffeln absichert.

Natürlich ist auch die Sortenfrage ganz entscheidend. Zwischenzeitlich gibt es Sorten, welche besser mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen. Auffallend war dies vor allem beim biologischen Landessortenversuch. Normalerweise sterben die Kartoffeln im Bioanbau wegen dem Krautfäulebefall ab, in diesem Jahr war das frühzeitige Abstreben auf extreme Trockenheit und Hitze zurückzuführen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Feldtages war der Versuch zum Zwischenfruchtanbau vor der Folgefrucht Kartoffel. Der erstmals 2015 angelegte Zwischenfruchtversuch mit insgesamt 9 verschiedenen Varianten konnte besichtigt werden. Hans-Jürgen Meßmer erläuterte dabei die zahlreichen Vorteile des auch agrarpolitisch erwünschten Zwischenfruchtanbaus.

Am Nachmittag stellte dann Felix Klausmann von der LTZ-Außenstelle Donaueschingen die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der Sortenversuche für den biologischen und konventionellen Anbau vor.

(Wichtige Informationen des LTZ  Augustenberg – Außenstelle Donaueschingen vom  24.09.2015)
Quelle: LTZ Augustenberg
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