"Im Durchschnitt liegen die Erträge etwa 10 Prozent unter dem sehr guten Vorjahresniveau.“ Das sagte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, am Montag (20. Juli) auf einem Pressegespräch zur
Getreideernte in Bad Nauheim-Schwalheim (Wetteraukreis).
Besonders ausgeprägt sei in diesem Jahr die extreme Spreizung der Wintergerstenerträge von unter drei Tonnen je Hektar bis über acht Tonnen je Hektar. Unterschiedliche Bodenqualitäten in Verbindung mit der Niederschlagsverteilung seien dafür verantwortlich.
Winterweizen – mehr als die Hälfte der hessischen Getreideanbaufläche
Beim Winterweizen, der mit 165.000 Hektar mehr als die Hälfte der hessischen Getreidefläche von rund 300.000 Hektar einnimmt, sei die Ernte jetzt angelaufen. Die lang anhaltende Trockenheit und extreme Hitzeperioden im Juli hätten dazu geführt, dass der Winterweizen viel zu früh abreifte und somit notreif wurde. Die bislang gemeldeten Ertragsergebnisse lägen im Durchschnitt 20 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Bei den anderen Getreidearten, der Sommergerste, dem Roggen, Triticale und Hafer rechnet der Bauernverbandspräsident aufgrund des Niederschlagsdefizits mit unterdurchschnittlichen Erträgen, die je nach Standort mehr oder weniger stark ausgeprägt sind.
„Der
Winterraps hat ebenfalls sehr unter der Trockenheit gelitten. Während der Blühphase Ende April und Anfang Mai und in den Wochen danach fehlte das Wasser“, so Schneider. Dagegen sei es zur Zeit der Aussaat des Rapses, im August des vergangenen Jahres, viel zu nass gewesen. Hinzu kam ein hoher Schädlingsdruck, zum Beispiel durch Schnecken. Aufgrund des Verbots eines wirksamen Beizmittels gegen den
Rapserdfloh und die kleine
Kohlfliege, konnten diese
Schädlinge nicht wirksam bekämpft werden. Auch deshalb liegen die vorliegenden Druschergebnisse bis zu 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
„Der
Silomais kam nach der Aussaat überhaupt nicht in die Gänge. Ihm machten die niedrigen Nachttemperaturen und das fehlende Wasser zu schaffen“, betonte Schneider. Es sei fraglich, ob der damit verbundene Entwicklungsrückstand von etwa vier Wochen bis zur Ernte im September noch aufgeholt werden könne. Bei den Zuckerrüben ist Präsident Schneider zuversichtlich, dass diese bis zur Haupternte im Oktober und November noch zulegen.
Wiesen und Weiden verdorrt
„Durch die extreme Trockenheit und sengende Hitze an einigen Tagen der letzten Wochen sind die Wiesen und Weiden total verdorrt“, stellte Präsident Schneider mit Sorge fest. Nach dem ersten Grünlandschnitt sei fast nichts mehr nachgewachsen. Deshalb seien Futterengpässe vorprogrammiert. Der Hessische
Bauernverband habe deshalb eine Grundfutterbörse eingerichtet, um Anbieter und Nachfrager zusammenzuführen. Schneider zeigte sich erleichtert darüber, dass die politisch Verantwortlichen in Wiesbaden und Berlin auf sein Drängen hin eine Ausnahmeregelung erlassen hätten, dass der Aufwuchs von Bracheflächen seit dem vergangenen Dienstag zu Futterzwecken genutzt werden könne.
Hagelschäden in Millionenhöhe
Präsident Schneider wies darauf hin, dass es nach der
Hitzewelle am ersten Juliwochenende insbesondere in Nordhessen, zum Teil auch im Großraum Marburg und in Osthessen,
Hagelschäden in Millionenhöhe gegeben habe. Getreide, Raps, Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln auch Ackerbohnen und Erbsen seien davon betroffen. Die Vereinigte Hagelversicherung vermeldete Schäden auf einer Gesamtfläche von rund 8.500 Hektar in Hessen. Der Gesamtschaden beläuft sich auf rund sieben Millionen Euro.
Kulturpflanzenvielfalt in Hessen
In Hessen wird auf einer Fläche von rund 300.000 Hektar Getreide angebaut, davon sind 165.000 Hektar Winterweizen, 71.000 Hektar
Wintergerste, 19.900 Hektar Triticale, 19.600 Hektar Sommergerste, 15.500 Hektar Roggen und 9.100 Hektar Hafer. Weitere wichtige Kulturen sind: 59.000 Hektar Winterraps, 43.000 Hektar Silomais, 12.000 Hektar Zuckerrüben und 4.000 Hektar Kartoffeln. Hinzu kommen rund 280.000 Hektar Grünland. Die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche beläuft sich auf ca. 770.000 Hektar. (HBV)