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25.05.2015 | 07:00 | Artenschutz-Report 
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Artenvielfalt in Deutschland stark bedroht

Berlin / Kopenhagen - Jede dritte untersuchte Art in Deutschland ist nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gefährdet. Das geht aus dem am Mittwoch vorgestellten ersten umfassenden Artenschutz-Report hervor.

Allerweltsarten in Deutschland
Zwei Artenschutz-Berichte, eine Tendenz: Um ein Drittel aller untersuchten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in Deutschland ist es schlecht bestellt. In Europa ist fast jede dritte Vogelart bedroht. Umweltschützer haben den Hauptverantwortlichen schon ausgemacht. (c) proplanta
In Europa ist fast jede dritte Vogelart vom Aussterben bedroht oder steht auf der Warnliste, wie ein Bericht der EU-Kommission und der Europäischen Umweltagentur (EEA) zeigt.

Ob Rebhuhn oder Wildbienen: «Der Zustand der Artenvielfalt in Deutschland ist alarmierend», sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel. Das nationale Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, werde bislang verfehlt.

Eine wichtige Ursache hierfür sei die intensive Landwirtschaft. Jessel forderte eindringlich, die Anstrengungen für den Naturschutz zu verstärken. Umweltorganisationen wie WWF, BUND und NABU werten den Bericht als Alarmsignal.

Laut Artenschutz-Report kommen in Deutschland insgesamt rund 72.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten vor. In der Roten Liste wurden über 32.000 heimische Spezies auf ihre Gefährdung hin untersucht - mit einem nach BfN-Einschätzung ernüchternden Ergebnis: Rund 31 Prozent sind in ihrem Bestand gefährdet, vier Prozent bereits ausgestorben.

Besonders dramatisch ist dem Bericht zufolge die Situation bei den wirbellosen Tieren, zu denen Insekten gehören: Knapp 46 Prozent der untersuchten Arten und Unterarten sind bedroht, extrem selten oder ausgestorben. Mit Sorge beobachten Experten dabei auch die negative Entwicklung aller 600 Wildbienenarten in Deutschland.

Fast 28 Prozent der Wirbeltierarten - Süßwasserfische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere - seien in ihrem Bestand gefährdet. Die Situation bei den Brutvögeln hat sich laut Bericht spürbar verschlechtert. «Allerweltsarten» unter den Agrarvögeln wie Kiebitz und Feldlerche gehe es kontinuierlich schlechter, sagte Jessel. Beim Kiebitz hat sich demnach der Bestand auf ein Drittel bis ein Viertel reduziert. Beim Rebhuhn gebe es sogar einen Rückgang von 90 Prozent.

Der Bericht nennt aber auch Erfolge: Der Wolf ist zurück, der Biber hat sich erholt, der Schwarzstorch und der Seeadler. Auch der Äskulapnatter (Zamenis longissimus) geht es etwas besser. Die einst fast verschwundene Kegelrobbe ist in die Nordsee zurückgekehrt und jetzt auch in der Ostsee gesichtet worden. «Das sind erfolgversprechende Zeichen, die zeigen, dort wo man aktiven Naturschutz betreibt, da lohnt er sich eben auch», sagte Jessel.

Hauptverursacher für den Rückgang vieler Arten sei die Landwirtschaft. «Früher hat der Bauer auch mal ein paar Halme stehenlassen. Der Feldhamster hatte was zu knabbern, die Vögel hatten dann auch noch was», beschrieb BfN-Sprecher Franz August Emde beispielhaft Änderungen in der Bewirtschaftung. Heute werde auch der letzte Halm verwertet und es gebe riesige Monokulturen.

«Der Bericht legt den Finger in die Wunde», sagte Christoph Heinrich von der Umweltorganisation WWF. «Die Bundesregierung ist meilenweit davon entfernt, ihre eigenen Ziele beim Artenschutz zu erreichen.» Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) findet den Report alarmierend. Die Lage der Natur müsse ein «Weckruf an die Politik sein».

In Europa ist fast jede dritte Vogelart vom Aussterben bedroht oder steht auf der Warnliste - darunter auch die früher weit verbreitete Feldlerche und die Uferschnepfe. Der EU-Umweltbericht sieht aber auch Erfolge: So ist die Zahl der Bartgeier und Weißkopfruderenten in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen.

Viele Arten leiden darunter, dass ihre Lebensräume schwinden. Besorgniserregend ist demnach die Entwicklung von Weiden, Feuchtgebieten und Dünen. Die größten Bedrohungen sehen die Experten in der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung mit Dünger und Pestiziden, im intensiven Fischfang und im Trockenlegen von Flächen.

Laut EU-Bericht sind 77 Prozent der geschützten Lebensräume für Tiere und Pflanzen in Europa in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. EEA-Direktor Hans Bruyninckx sagte: «Leider wird die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten in Europa insgesamt noch immer ausgehöhlt.» Besonders schlecht schneidet demnach die Ostsee-Region ab.

Der Bericht basiert auf Daten der EU-Staaten aus den Jahren 2007 bis 2012. Ein Teil der Auswertung ergab, dass fast ein Drittel der Lebensräume und rund jede fünfte Art 2012 in einem schlechteren Zustand war als zuvor. Dieser Trend werde sich fortsetzen.

Naturschützer mahnen die EU-Kommission zu einem schnelleren Handeln. In einer Kampagne fordern nach Angaben der Umweltschutz-Initiative Friends of the Earth inzwischen mehr als 100.000 Europäer von der Kommission, die Umwelt- und Artenschutzvorgaben nicht zu schwächen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert in Deutschland und Europa ein Sofortprogramm, das bis 2020 konkrete Artenschutzerfolge bewirken müsse. «Kernelement des Artenschutzes müssen Reformen in der Landwirtschaft sein. Die industrielle Landwirtschaft verursacht zurzeit die größten Schäden an Natur und Umwelt», sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. (dpa)
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Kommentare 
cource schrieb am 07.01.2016 18:27 Uhrzustimmen(99) widersprechen(91)
es geht doch nicht bloß um die Flora und Fauna es geht um Uns um unsere lebensgrundlagen wir werden auch bald auf der Liste stehen: "The lie we live"
kurri Altbauer 85 schrieb am 25.05.2015 09:31 Uhrzustimmen(98) widersprechen(122)
Frau Prof. Jessel beklagt den Verlust der Artenvielfalt, sie hat natürlich sofort einen Sündenbock gefunden, nach ihrer Ansicht ist die intensive Landwirtschaft die Hauptursache! Dieser Vorwurf stellt eine Diffamierung dar, für mich ist der Tatbestand der „üblen Nachrede“ erfüllt! Warum ist das so? An erster Stelle steht die Politik, wie kein anderer Berufsstand, wurden wir gezwungen mit immer geringeren Erzeugerpreise zu Recht zu kommen. Das beste Beispiel ist der Weizenpreis. 1951 bekam der Bauer 22,55 € (von DM umgerechnet), der Ernte 2014 gab es dafür nur noch 16 € für 1dt oder 100 kg. Das Brötchen stieg im gleichen Zeitraum von 2,5 Cent auf jetzt 34 Cent, = 1133% + Wem hat man derartiges zugemutet? Die Tageszeitung bringt es auf 1416 % Steigerung im gleichen Zeitraum. Die bäuerliche Landwirtschaft wurde weitgehend zerstört, trotz aller Zusagen der Politik. Mit der Aufgabe der Milchviehhaltung, verschwanden auch die Rauchschwalben von den Höfen. Ich habe mich früher oft über diese flinken Vögel beim Melken gefreut, wenn sie bei Regenwetter die Fliegen von der Stalldecke pickten. Mit dem Ausscheiden von Kartoffeln und Zuckerrüben aus der Fruchtfolge geht auch der Rückgang von Rebhuhn, Kiebitz und Feldlerchen einher. Auf 3,86 ha. Rüben habe ich schon mal 13 Brutpaare Kiebitze gezählt. Das letzte Brutpaar fand ich an dem Tag an dem das AK in der Ukraine explodierte. Früher wurden die Schweine mit Kartoffeln gefüttert, sie hatten dann die sog. Kartoffelbäuche, die keiner haben wollte. Hier hatte früher jeder Hof Zuckerrüben, uns wurde immer wieder vorgehalten, unser Rübenzucker sei zu teuer. Also wurden auch diese Hackfrüchte aus der Fruchtfolge gestrichen. Die Futterüben wurden durch Mais ersetzt, er ist gut zu mechanisieren. Damals gab es schon mal den Agrarkommissar S. Mansholt, er war der einzigste der sich für große Betriebe ausgesprochen hat. Abschließend noch etwas zu den Agrarsubventionen. Auf drängen der WTO wurde der Getreidepreis praktisch halbiert, er erreichte 2009 mit 9,60 € in der Ernte eine bislang historischen Tiefstand. Als Ausgleich wurden die sog. Ausgleichszahlungen beschlossen. Rund 7 Mrd € erhält die BRD davon. Dieses Geld bekommen aber nicht die Bauern allein, große Beträge fließen in andere Kanäle. Über die Höhe dieser Zahlungen wird gern Stillschweigen bewahrt. Unsere Stadt Minden hat vor Jahren ca. 8000 € für die landw. Flächen die sich in ihrem Besitz befinden, bekommen. Der Kreis bekommt für die Naturschutzflächen erhebliche Gelder, Trotz intensiver Suche im Internet, war es mir nicht möglich eine Auskunft zu erhalten. Die Kommunen verstecken sich ganz gern unter irgendwelchen anderen Namen. Ab 31. Mai soll ja wieder alles veröffentlicht werden, dann aber auch die Bezüge die unsere Politiker bekommen. Gleiches Recht für Alle! Ich kann nur an die verschiedenen Organisationen appellieren: Hört endlich auf immer auf unserem Berufsstand herum zu trampeln, ich möchte keinem Wolf in freier Wildbahn begegnen!
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