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04.04.2012 | 13:06 | Hagelschäden 

Die Unwetter-Piloten: Hagelabwehr mit Jet und Rakete

Fellbach - Ende April ist es wieder soweit. Dann fliegen Frank Kasparek und seine Piloten direkt ins Unwetter hinein. Ihr Ziel: Hagel zu bekämpfen.

Hagel
(c) proplanta
Denn der durch Hagel verursachte Schaden ist vor allem für die Landwirtschaft zum Teil beträchtlich. Ein großes Unwetter kann ganze Obsternten vernichten. Als Maßnahme gegen solche Schäden gibt es in mehreren Regionen in Süddeutschland die Hagelflieger. In Österreich werden pro Jahr rund 100 Einsatztage gezählt. In der Schweiz probieren es die Eidgenossen mit Raketen, Hagelschaden zu vermeiden.

In der Hagelsaison, die von Ende April bis Mitte Oktober dauert, gibt es jeden Tag eine spezielle Wettervorhersage, anhand der entschieden wird, ob die Piloten abheben, um die Gewitterwolken zu «impfen». Impfen wird der Vorgang genannt, mit dem der Hagel bekämpft wird. In einem Kleinflugzeug nähern sich die Hagelflieger dem Unwetter und zünden an einem bestimmten Punkt aus mehreren am Flugzeug angebrachten Tanks eine Silberjodid-Lösung, die zu einer höheren Anzahl von Hagelkörnern führen soll oder schlicht zu Regentropfen. «Das ist kein Anfängerjob, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein», sagt Frank Kasparek vom Flugzeugunternehmen FK Aviation, das für die Region Stuttgart Hagelschauer bekämpft.

Hagelabwehr wird im deutschsprachigen Raum in der Ostschweiz und in der österreichischen Steiermark betrieben sowie weltweit in Südwestfrankreich, Nordspanien, Südosteuropa, Kanada, Argentinien, China, Russland und den USA. Dabei gibt es regionale Unterschiede: «In einigen Ländern wie etwa Russland wird nach wie vor mit der älteren Raketenmethode operiert», sagt Hermann Gysi, der mit seiner Firma Radar-Info Daten für die Hagelabwehr liefert. Dabei werden Raketen mit Silberjodid-Lösung vom Boden aus in die Gewitterwolken geschossen. Das Umweltrisiko gilt als gering. Die Belastung mit Silberjodid liegt nach Forscherangaben um das 1.000-Fache unter dem zulässigen Grenzwert.

«Geo-Engineering», also die direkte Beeinflussung des Wetters, dürfe man nicht mit Hagelabwehr verwechseln, betont Klaus Beheng vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Während man bei der Hagelabwehr gezielt den Hagelschauer verhindern will, wird beim «Geo-Engineering» versucht, das gesamte Wetter zu verändern. Als Beispiele nennt Beheng den programmierten wolkenlosen Himmel für Paraden und Festspiele oder den häufigeren Regen in trockenen Regionen, um mehr Wasser zu gewinnen.

Wolkenforscher Beheng weist auch darauf hin, dass die Wirksamkeit der Hagelabwehr bis heute wissenschaftlich umstritten ist. «Es gibt Hinweise darauf, dass das Hagelrisiko bei einer Impfung abnimmt.» Eine Langzeitstudie aus Österreich legt den Schluss nahe, dass die vom Hagel betroffene Fläche durch den Einsatz der Flugzeuge halbiert wird. Jedoch gebe es bis heute noch zu wenige Fallstudien, und die Kenntnisse über Gewitterwolken seien immer noch begrenzt, sagt Beheng. «Einen Beweis wird es nicht geben.» (dpa)
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