Der anhaltende Artenrückgang habe trotz weltweiter Verabredungen nicht gestoppt werden können, sagte Vorsitzende des Bundesverbandes Beruflicher Naturschutz (BBN), Hans-Werner Persiel, am Dienstag auf dem 30. Deutschen Naturschutztag in Stralsund.
Nach Angaben der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Beate Jessel, stehen rund 40 Prozent der in Deutschland lebenden Wirbeltierarten auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Bei den Kulturarten sei eine immer weitere Sorteneingrenzung zu beobachten. Zudem seien rund zwei Drittel der rund 600 Lebensraumtypen als gefährdet einzustufen, sagte Jessel. «Die Landschaften werden immer gleichförmiger.» Jessel bemängelte, dass der Naturschutz noch immer einen zu geringen Stellenwert auf der politischen Ebene habe. Für Enttäuschung sorgte vor allem die Nichtteilnahme von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU).
Auf dem 30. Deutschen Naturschutztag - dem bedeutendsten Kongress für Natur- und Umweltschützer in Deutschland - forderten die Teilnehmer ein Umdenken. Die Natura-2000-Gebiete müssten durch wirksame Schutzgebietsverordnungen unterfüttert werden, sagte Persiel. Neben den Arten müssten vor allem die Lebensräume geschützt werden, damit sich
bedrohte Arten in ihren Beständen wieder entwickeln könnten. Persiel forderte eine «grüne Infrastruktur» - ein ökologisches Netz für ganz Deutschland. Gerade in Süddeutschland hätten viele Bundesländer noch zu viele weiße Flächen - im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern, kritisierte er. Hier stehen laut Umweltminister Till
Backhaus (
SPD) inzwischen rund 45,5 Prozent der Landesfläche unter Schutz.
Trotzdem ist der Trend des Artenrückgangs auch im Nordosten zu beobachten, wie Backhaus sagte. Er forderte Änderungen in der Agrarsubventionierung. «Wir müssen weg von der Pauschal- zu einer leistungsorientierten Finanzierung.» Umweltschutzbelange sollten eine stärkere Berücksichtigung bei der Vergabe von EU-Hilfen an Agrarbetriebe finden.
Backhaus kündigte auf dem Deutschen Naturschutztag eine Aktie zum Schutz der Moore an. Die «MoorFutures» sollen helfen, die Moore über privates Kapital zu renaturieren. Das Wertpapier zum Schutz der Moore folgt dabei der Waldaktie. Davon wurden bisher 15.000 Stück zum Preis von zehn Euro verkauft. Mit dem Geld entstehen neue Wälder.
In den Meeren gilt die Übernutzung durch Fischerei, Schifffahrt oder Offshore-Anlagen als deutliche Gefahr für den Erhalt der biologischen Vielfalt. «Forschungsergebnisse zeigen, dass weltweit inzwischen 40 Prozent aller Meeresgebiete einer intensiven menschlichen Nutzung ausgesetzt sind», sagte Jessel. In den europäischen Gewässern würden inzwischen rund 90 Prozent der Bestände als überfischt gelten. Die Chefin des Bundesnaturschutzamtes forderte eine Anpassung der Fangquoten an die Bestände sowie die Einrichtung eines Netzwerks von weitgehend nutzungsfreien Meeresschutzgebieten. (dpa)