Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
08.11.2007 | 19:49

Deutschlands größtes Tropenzentrum für Agrarwissenschaften feiert 25 Jahre Erfolgsgeschichte

Hohenheim - Als international agierende und bundesweit einzigartige Einrichtung ist das Tropenzentrum der Universität Hohenheim ein exzellenter Botschafter des Wissenschaftslandes Baden-Württemberg", urteilt der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württembergs, Prof. Dr. Peter Frankenberg heute in Hohenheim.

Tropenzentrum Hohenheim
(c) proplanta
"Durch den Transfer von Wissen und praxisorientierten Lösungen leistet das Tropenzentrum wertvolle Beiträge zur Verbesserung der Gesundheitsbedingungen und der Ernährung vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern. Ich beglückwünsche das Tropenzentrum zu 25 Jahren erfolgreicher Arbeit in Forschung und Lehre".

Rückblick 1982
Das Tropenzentrum wird als erste fakultätsübergreifende Querschnittseinrichtung in Hohenheim gegründet. Kern sind elf neu geschaffene Professuren, die sich ausschließlich mit tropenbezogener Landwirtschaft befassen. In den folgenden 25 Jahren entstehen am Tropenzentrum fast 4.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen.

Fachlicher Schwerpunkt des Tropenzentrums sind die Agrarwissenschaften. 850 Studierende und 675 Doktoranden aus 126 Ländern machen hier einen tropenbezogenen Abschluss. Fachlicher Schwerpunkt sind die Agrarwissenschaften. Zunehmend beteiligen sich aber auch Professoren aus den Wirtschafts- und Naturwissenschaften an fachübergreifenden Projekten. "Heute ist das Tropenzentrum Querschnittseinrichtung, die in dieser Größe in Deutschland einmalig ist", urteilt der Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Hans-Peter Liebig.

Führend in Forschungsfragen
Seither hat sich die Universität Hohenheim an der Spitze der Tropenforschung etabliert. Das erste Schwerpunktprojekt des Tropenzentrums in Westafrika genehmigte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 15 Jahre lang als Sonderforschungsbereich - was nicht nur die höchstmöglichste finanzielle Förderung, sondern auch eine besondere fachliche Anerkennung bedeutet: "In Entwicklungsländern gibt es keinen Sonderforschungsbereich, der länger lief, als der der Universität Hohenheim", sagt Prof. Dr. Becker.

Nach dem erfolgreichen Abschluss in Afrika etablierte das Tropenzentrum vor acht Jahren einen neuen Sonderforschungsbereich in Südostasien. Großes Lob kam im vergangenen Jahr von Seiten des Wissenschaftsrates: Die Gutachter bezeichneten das Tropenzentrum als hervorragend und seine Leistungen als beeindruckend und empfahlen, es weiter auszubauen.

Informelle Botschafter für Politik und Wirtschaft
Auch für den Standort rechnet sich das Engagement: So macht das Tropenzentrum Deutschland und Baden-Württemberg hinaus mit deutscher Ware, Geräten und Systemen bekannt. Es wird zum informellen Botschafter Deutschlands. Nicht zuletzt deswegen werden die Wissenschaftler des Zentrums gerne als Begleitung bei Wirtschaftsdelegationen angefragt Als verlängerter Arm Baden-Württembergs nutzt das Tropenzentrum seine Kanäle für zwischenstaatliche Diplomatie und um Synergien mit Unternehmen zu fördern.

Stuttgarts größter Autohersteller testet derzeit in einer Fahrzeugflotte in Indien den Einsatz von Biodiesel aus Jatropha - einer anspruchslosen Pflanze, die die Ausbreitung der Wüsten stoppt, ausgelaugte Böden wieder für die Nahrungsmittelproduktion nutzbar macht und gerade den Menschen am Rande der Gesellschaft reale Perspektiven bietet, am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Für die Philippinen produziert der Haushaltsgeräte-Hersteller Bosch Siemens einen vom Tropenzentrum entwickelten Pflanzenölkocher inzwischen in Serie.

Umsatzstarker Drittmittel-Magnet
Auch finanziell ist das Tropenzentrum äußerst erfolgreich: Jährlich wirbt das Tropenzentrum 1,7 Mio. Euro an Drittmitteln von Stiftungen, Wirtschaft und staatlichen Förderorganisationen ein. "Dies macht das Tropenzentrum auch zu einem erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen in der Forschungslandschaft", erklärt Zentrumsleiter Prof. Dr. Becker.

Herausragend unter den Geldgebern von privater Seite ist dabei die Förderung aus Stiftung und Privatvermögen von Senator e.h. Dr. Dr. h.c. Hermann Eiselen. In den vergangenen 25 Jahren förderte der große Mäzen das Tropenzentrum mit mehr als 10 Mio. Euro für Forschungsprojekte in der Armutsbekämpfung, u.a. durch Diplom- und Magisterarbeiten, Forscherpreise, die auf dem Tropentagen verliehen werden, eine Stiftungsprofessur, Matching-Funds für Masterstudenten, Projektanbahnungen und Veranstaltungen.

Hochschulpolitische Vorreiter
Innerhalb der Universität Hohenheim erwies sich das Tropenzentrum auch als Zugpferd und erfolgreiches Experimentierfeld für Strukturpolitik: "Das Tropenzentrum war das erste von heute fünf wissenschaftlichen Zentren, die über Fakultätsgrenzen hinweg arbeiten", sagt Rektor Prof. Dr. Liebig.

Vorreiter war das Tropenzentrum auch mit seinen internationalen Master-Studiengängen: "Landesweit boten wir mit dem Tropen-Master den ersten Master-Studiengang Baden-Württembergs an, deutschlandweit gehörten wir zu den allerersten", sagt Zentrumsleiter Prof. Dr. Becker.

Motivation aus Verantwortung und Realismus
Motivation zieht das Tropenzentrum auch aus der ethischen Verantwortung einer reichen Exportnation wie Deutschland: Menschen zu helfen, die bisher nicht am Wirtschaftswachstum teilhaben. Auch unter pragmatischen Gesichtspunkten bedeutet das Engagement des Tropenzentrums eine win-win-Situation für Nord und Süd.

"Wenn wir an Ort und Stelle Einkommen für die benachteiligten Menschen dieser Erde schaffen, gelingt uns das mit einem Bruchteil der Aufwendungen, die es ansonsten kostet, die Festung Europa gegen den Ansturm der Benachteiligten auszubauen", begründet Tropenzentrums-Mitglied Prof. Dr. Joachim Sauerborn.

Herausforderungen und Lösungsansätze
Klimawandel mit zunehmenden Extremwetterlagen mit langen Dürreperioden und Starkregen, die zunehmende Degradierung von Anbauflächen, was Versalzung, Versteppung und einen ernstzunehmenden Verlust von Ackerboden zur Folge hat, und Verlust von Primärwäldern sind nur einige Herausforderungen, denen sich das Tropenzentrum stellen muss. Gleichzeitig macht eine weiter wachsende Bevölkerungszahl in den südlichen Ländern eine Produktivitätssteigerung der vorhandenen Anbauflächen erforderlich.

Die Wissenschaftler des Tropenzentrums arbeiten fächerübergreifend an vielen Lösungsansätzen. Es gibt kein Allheilmittel für die Probleme in den Entwicklungsländern, aber immer wieder bahnbrechende Forschungsergebnisse. Beispielsweise hat der inzwischen abgeschlossene Sonderforschungsbereich "Westafrika" einen Weg gefunden, mit nur einem Kronkorken voll Phosphatdünger je Pflanze die Erträge der Perlhirse zu verdoppeln und deren Strohertrag zu vervierfachen.

Ob es um die Entwicklung angepasster Technologien geht wie Solartrocknung oder Pflanzenölkocher, der Diversifizierung der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen oder verbesserte Tierhaltungssysteme in den Bergregionen Südostasiens: Im Vordergrund der Arbeit des Tropenzentrums stehen nachhaltige Lösungsansätze zur Bekämpfung des Hungers und zum Schutz der natürlichen Ressourcen. (PD)
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