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29.01.2009 | 20:01

Erst der Hirn-Botenstoff Serotonin macht Heuschrecken zur Plage

Washington - Erst der Nerven-Botenstoff Serotonin macht Heuschrecken zur Plage.

Erst der Hirn-Botenstoff Serotonin macht Heuschrecken zur Plage
Er sorgt dafür, dass sich harmlose, vereinzelte Wüstenheuschrecken zu riesigen, gefräßigen Schwärmen zusammenrotten. Das berichten Forscher um Stephen Rogers von der Universität Cambridge (Großbritannien) im US-Fachjournal «Science» (Bd. 323, S. 627). Diese Entdeckung könnte neue Wege zur Abwehr der «biblischen Plage» weisen.

Einzelne Wüstenheuschrecken (Schistocerca gregaria) sind extrem ungesellig. Wird aber ihre Nahrung knapp, so ändert sich ihr Verhalten drastisch, sie schließen sich zu riesigen Schwärmen zusammen und fressen alles, was grün ist. Auch ihr Aussehen ändert sich in kurzer Zeit, weshalb Forscher die «Wanderheuschrecke» noch bis 1921 für eine eigene Art hielten.

Auslöser dieser Veränderungen sind Reize, die von Artgenossen ausgehen. Reagieren Heuschrecken auf seltene Begegnungen noch aggressiv, so wandeln sie sich zum Schwarmwesen, sobald sie sehr häufig auf ihresgleichen treffen. Entscheidend dafür ist die Menge der Artgenossen, die die Tiere sehen und riechen oder häufige Berührungen der Hinterbeine, wenn die dicht gedrängten Tiere übereinander kriechen.

Die britischen Forscher versetzten einzelne Tieren mit künstlicher Reizung der Hinterbeine in den Wanderheuschrecken-Zustand. Dabei stellten sie fest, dass die Konzentration des Nerven-Botenstoffs Serotonin in Teilen des Nervensystems um den Faktor drei anstieg. Gaben sie den Tieren vorher ein Medikament, dass die Produktion oder die Wirkung von Serotonin blockiert, so blieb die Umwandlung trotz starker «Wanderreize» aus, die Tiere blieben Einzelgänger.

Injizierten die Forscher Heuschrecken dagegen direkt Serotonin oder chemisch verwandte Stoffe, so wandelten sie sich in kurzer Zeit in typische «Wanderheuschrecken» um und zeigten Schwarmverhalten, auch wenn sie ganz allein waren und die dafür nötigen Reize fehlten.

«Niemand hatte bisher die Vorgänge im Gehirn verstanden, die bei den Heuschrecken bei dieser Verwandlung, von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde, vom harmlosen, antisozialen Einzelgänger zum monströsen Schwarm vorgehen», sagt Michael Anstey. «Darüber hatten Forscher 90 Jahre lang gerätselt.» Serotonin ist ein bekannter Botenstoff, der in der gesamten Tierwelt vorkommt. Auch beim Menschen ist bekannt, dass Serotonin das Verhalten beeinflusst.

Die Entdeckung könnte neue Wege aufzeigen, die Bildung von Schwärmen der gefräßigen Insekten zu verhindern, glauben die Wissenschaftler. Etwa ein Fünftel der Landmasse der Erde wird auch heute noch immer wieder von Heuschreckenschwärmen heimgesucht. Erst im vergangenen November war aus Australien von einem Schwarm berichtet worden, der sich über sechs Kilometer Länge hinzog. (dpa)
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