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29.06.2010 | 18:59 | Umweltschutz  

60 Jahre internationaler Schutz für den Rhein

Koblenz - Die Sorge um «Vater Rhein» brachte viele europäische Staaten schon an einen Tisch, als die EU noch in weiter Ferne lag.

Fluss
(c) proplanta

Im Sommer 1950 berieten alle Rheinanlieger in Basel über das Problem der Wasserverschmutzung. Es war die Geburtsstunde der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) mit Sitz in Koblenz. 60 Jahre danach feiert die Organisation an diesem Mittwoch in Mainz ihr Jubiläum - und ihre Erfolge.


Wasserqualität wieder so gut wie vor 100 Jahren

Der Hochwasserschutz wurde durch neue Rückhalteräume stark verbessert. Der Lachs wandert heute dank sogenannter Fischpässe wieder von der Nordsee bis nach Straßburg. Und die Bilanz der Kommission geht sogar über Umweltfragen hinaus. «Wir haben auch im Kleinen am europäischen Aufbau mitgearbeitet», sagt die Biologin Anne Schulte-Wülwer-Leidig von der IKSR. «Der Rhein war zuvor nur als Grenze betrachtet worden.» Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte sich schnell heraus, dass ein verschmutzter Rhein ein gemeinsames Problem darstellt. Die ohnehin nur wenigen Kläranlagen waren im Krieg zerstört worden, nicht nur die schnell wachsende Industrie leitete Abwasser einfach in den Fluss.

«Die Prioritäten waren damals andere», sagt IKSR-Geschäftsführer Ben van de Wetering. In den 1950er Jahren sei es in der Kommission vor allem darum gegangen, ein Netz von Messstationen aufzubauen. Zwar wurden bald mehr Kläranlagen gebaut - «nicht nur bei vielen direkt am Rhein liegenden Chemiekonzernen, sondern auch in den Kommunen», sagt der Niederländer. 


Wasserqualität erreichte 1970 Tiefpunkt

«Man konnte es riechen, das Wasser war trüb und hatte keinen Sauerstoff.» Es habe kaum noch Leben im Rhein gegeben. An diesem Zustand änderte sich lange nur wenig. Erst 1986 führte ein Chemieunfall zum Umdenken. Bei einem Brand in einem Lager der Pharmafirma Sandoz war Löschwasser mit Pestiziden bei Basel in den Rhein geraten, Fische starben auf hunderten Flusskilometern. «Die Bilder sind um die Welt gegangen», sagt Schulte-Wülwer-Leidig.

Danach einigten sich die Anliegerstaaten auf Initiative der IKSR schnell auf ein «Aktionsprogramm Rhein», um die Wasserqualität zu verbessern. Die geplante Wiederansiedlung des Lachses bis 2000 sollte dafür als Symbol gelten. So wurde die Störfallvorsorge verbessert und es waren sich auch alle einig, «dass die Einleitungen reduziert werden müssen», sagt Schulte-Wülwer-Leidig.

Als Ziel wurde ausgegeben, die Mengen von rund 40 gefährlichen Stoffen bis 1995 um die Hälfte zu reduzieren. «Erreicht wurde sogar viel mehr als das.» Doch für die Biologin steht fest, dass in der Regel erst ein Unglück geschehen muss, bevor Maßnahmen zu einer wirklichen Verbesserung der Lage ergriffen werden. «Das ist sehr oft nötig, um aufzuwachen», erklärt auch van de Wetering. In der IKSR werden Programme entwickelt, die national umgesetzt und auch finanziert werden.


Kommission hat rund 250 Delegierte

Experten aus Ministerien und Behörden der Anrainerstaaten. Sie kommen bis zu 80 Mal im Jahr zusammen - häufig am IKSR-Sitz in Koblenz, das bei Rheinkilometer 590 etwa auf halber Strecke des Stroms liegt. Neben den Niederlanden, die zur ersten Konferenz am 11. Juli 1950 eingeladen hatten, und Deutschland gehören die Schweiz, Frankreich, Luxemburg und die EU - vertreten durch die Europäische Kommission - zur IKSR. Auch mit Österreich, Liechtenstein und der belgischen Region Wallonien wird nach Vorgaben aus Brüssel gleichberechtigt zusammengearbeitet, da sie Anteile am Rheineinzugsgebiet haben.

Aufgaben gibt es auch nach 60 Jahren für die IKSR genug: «Die Auen und Altarme müssen wieder an den Rhein angebunden werden», sagt van de Wetering. Damit werde dem Natur- und zugleich dem Hochwasserschutz geholfen. Verschmutzungen aus der Schifffahrt - der Rhein ist eine der am meisten befahrenen Wasserstraßen der Welt - fallen immer stärker auf, auch dank des technischen Fortschritts. «Vor 20 Jahren war manch eine Verunreinigung noch gar nicht messbar», sagt Schulte- Wülwer-Leidig. Sie ist sich sicher: «Arbeitslos werden wir nicht.» (dpa)

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