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05.09.2010 | 21:59 | Experte: Kein Protest, weil jeder Auto fährt  

Ölkatastrophe: Öffentlichkeit traut Forschern nicht

Santa Barbara/Konstanz - Der Einfluss von Forschern auf die öffentliche Meinung scheint geringer zu sein als bisher angenommen.

Ölkatastrophe: Öffentlichkeit traut Forschern nicht

Eine Untersuchung von kalifornischen Wissenschaftlern hat klar gezeigt, dass die Öffentlichkeit jenen Experten mehr traut, die erklären, dass Ölbohrungen gefährlicher sind, als jenen, die diese Gefahr herunterspielen. Das Wissenschaftsteam um Jessica Feezell und Eric Smith von der University of California in Santa Barbara http://www.ucsb.edu sehen darin eine Bestätigung, dass Vorurteile der Öffentlichkeit schwerer wiegen als bislang angenommen.

"Generell stand und steht die Öffentlichkeit modernen Technologien in der Geschichte meist positiv und aufgeschlossen gegenüber", so Ernst Peter Fischer http://www.epfischer.com, Diplomphysiker und Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Universität von Konstanz im pressetext-Interview. Bei der Frage der Energiegewinnung steht zudem auch noch eine mögliche Einschränkung der Lebensqualität im Vordergrund. Fischer hält es zwar für möglich, dass die Bevölkerung skeptisch ist, doch das habe auf die tatsächliche Realität, weiter Öl zu fördern, keinen Einfluss.


Problematischer Umgang mit der Realität

"Es ist nicht gerade schmeichelhaft für die wissenschaftliche Gemeinschaft, wenn den Studienergebnissen von Experten kein Glauben geschenkt wird", meint Smith. Es stelle sich vor allem die Frage, welchen Forschern nun tatsächlich geglaubt wird und welchen nicht. Einige Sozialforscher nehmen an, dass wissenschaftliche Expertisen, die von Organisationen der eigenen politischen Richtung abgegeben werden, eher als glaubwürdig bezeichnet werden. Dabei sei die Quelle nicht von Bedeutung.

Fischer sieht in der wissenschaftlichen Beurteilung vor allem eines deutlich. "Gerade bei der Energiegewinnung geht es darum, möglichst sicher und effizient an den Rohstoff zu kommen. Dabei wird Politikern, die quasi eine Rückversicherung in Sachen Rohstoffgewinnung liefern, Glauben geschenkt", so Fischer. Die Öffentlichkeit tendiert also dazu, das zu glauben, was sie glauben möchte.


Alle wollen Autofahren und Fliegen

"Einen geschlossenen Protest hat es auch nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko nicht gegeben", kritisiert Fischer. Das bedeute, dass die Öffentlichkeit in dieser Causa nicht in Bewegung ist. "Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass jeder Auto fahren und fliegen will und genau weiß, dass man dafür Öl braucht", erklärt Fischer. Es gebe kaum Menschen, die wirklich bereit sind zu verzichten. "Der Wunsch jedes einzelnen geht dahin, dass jemand anderer tätig werden soll."

"Menschen haben immer das genommen, was gerade bequem für sie war", erklärt der Forscher. Daher müsse die wissenschaftliche Gemeinschaft zur Erkenntnis kommen, dass man Einsichten nicht kaufen kann. (pte)

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