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03.03.2011 | 15:01 | Hochwasserschutz 

Naturschutz verbessert Hochwasserschutz an der Elbe

Bonn - Das dritte eisfreie „Jahrhunderthochwasser“ in neun Jahren hat an der Elbe vielerorts zu neuen Rekordwerten der Wasserstände geführt.

Hochwasser
Gleichzeitig senkten die Naturschutzmaßnahmen bei Lenzen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg den Hochwasserscheitel deutlich. Dank der Deichrückverlegung im Naturschutzgroßprojekt „Lenzener Elbtalaue“ lag der Hochwasserscheitel flussaufwärts in Schnackenburg um mehr als 20 cm unter dem Pegelstand vom April 2006 (s. Grafik). Im Gebiet der Deichrückverlegung selbst blieben die Wasserstände laut Angaben des Brandenburger Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz wie berechnet 35 cm niedriger als bei vergleichbaren Hochwässern vorher.

„Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Rückgewinnung von naturnahen Flussauen einen wesentlichen Beitrag nicht nur zum Erhalt der Biodiversität, sondern auch zur Hochwasservorsorge und zur notwendigen Anpassung an den Klimawandel leistet“, kommentierte die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) Prof. Dr. Beate Jessel die vorliegenden Ergebnisse der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW).

Mit dem Neubau des sechs km langen Deiches im Hinterland und der Abtragung des alten, flussnahen Deiches in sechs Abschnitten wurden insgesamt 420 Hektar Überschwemmungsfläche für die Elbe wieder gewonnen. Messungen der BAW während des Hochwassers ergaben, dass ca. 30% des Elbewassers über das Deichrückverlegungsgebiet abflossen, wodurch sich oberhalb der Maßnahme eine deutliche Absenkung der Wasserstände ergab.

Von der Absenkung des Hochwasserscheitels profitiert die niedersächsische Stadt Schnackenburg ebenso wie in abnehmendem Maße alle elbaufwärts gelegenen Flussanlieger bis Wittenberge in Brandenburg.

Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Niederschlägen und den dadurch verursachten Hochwasserereignissen ist es nach Auffassung des Bundesamtes für Naturschutz dringend erforderlich, Deichrückverlegungen zum Schutz des Menschen und der Natur weiter voran zu treiben. Zahlreiche Planungen sind bereits in den Aktionsplänen der Länder verankert und müssen konsequent umgesetzt werden. Dass sich dies auch volkswirtschaftlich rechnet, konnte in einer Studie des BfN nachgewiesen werden. Der Nutzen naturverträglicher Hochwasserschutzmaßnahmen übersteigt ihre Kosten in jedem Fall deutlich.


Hintergrund

Diese derzeit größte Rückverlegung eines Flussdeiches in Deutschland ist zentraler Teil des Naturschutzgroßprojekts „Lenzener Elbtalaue“ („chance.natur - Bundesförderung Naturschutz“). Neben der in Regie des Landesumweltamtes Brandenburg durchgeführten Deichneubaumaßnahme ist die Entwicklung einer vielfältigen, naturnahen Auenlandschaft mit umfangreichen Auwaldneuanpflanzungen Ziel des Projekts. Das Bundesumweltministerium, vertreten durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN), unterstützte das Vorhaben mit rund 3 Mio. €, das sind 75 % der Kosten. Weitere Finanzmittel wurden vom Land Brandenburg und dem Trägerverbund Burg Lenzen e.V. zur Verfügung gestellt. Der Projektträger Trägerverbund Burg Lenzen e.V. informiert im Besucherzentrum des Biosphärenreservates Burg Lenzen über diese beispielhaft gelungene Verbindung von Naturschutz und nachhaltigem Hochwasserschutz.

Zusammen mit der Deichrückverlegung im Lödderitzer Forst im sachenanhaltinischen Teil des UNESCO Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe bei Dessau, die gerade begonnen hat, werden mehr als 1.000 Hektar Überschwemmungsflächen an der Elbe zurück gewonnen.

Der Ende 2009 vom BfN gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vorgelegte bundesweite Auenzustandsbericht zeigt, dass zwei Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen an den Flüssen in Deutschland vernichtet worden sind. An Rhein, Elbe und Donau sind durch den Bau von Hochwasserschutzdeichen an vielen Abschnitten nur noch 10 bis 20 Prozent der ehemaligen Auen vorhanden. Zudem befinden sich nur 10 Prozent der noch vorhandenen Flussauen in Deutschland in einem naturnahen Zustand. 90 Prozent der Auen sind auf Grund der intensiven Nutzung, ausbleibenden Überflutungen und Gewässerausbau deutlich bis sehr stark verändert. (bfn)
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