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23.10.2016 | 15:50 | Giraffen-Streicheln 

Depressionen heilen im Tierpark

Hodenhagen - Die Begegnung mit Giraffen, Katta-Äffchen und anderen Tieren kann depressiv Erkrankten etwas helfen.

Giraffe im Tierpark
Niedliche Äffchen und imposante Elefanten als Therapiebegleiter: Psychiatriepatienten profitieren Experten zufolge von Tierparkbesuchen. (c) proplanta
Zu diesem Ergebnis kommen Psychotherapeuten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nach mehr als dreijähriger Zusammenarbeit mit dem niedersächsischen Serengeti-Park Hodenhagen.

Das Stimmungsbild der Betroffenen sei noch drei Wochen nach dem Besuch in Hodenhagen wesentlich heller, berichtete der Leiter der MHH-Trauma-Ambulanz, Andreas Feyerabend. Voraussetzung sei jedoch, dass sich die Patienten bereits in der Stabilisierungsphase befinden. «In der tiefsten Depression bringt es nichts.»

Seit 2013 fahren Psychiatriepatienten aus Hannover einmal im Monat in den Serengeti-Park, wo sie Giraffen und Ziegen streicheln, Elefanten füttern sowie mit Kattas schmusen dürfen. Ihre Stimmung wird vor und nach dem Parkbesuch ermittelt.

Bisher füllten rund 150 Frauen und Männer diesen Fragebogen aus. Auch Blutuntersuchungen belegten die positiven Effekte, sagte Feyerabend. Nach der Begegnung mit den Tieren lasse sich das vertrauensbildende Hormon Oxytocin im Blut der Patienten nachweisen. Stresshormone wie Adrenalin seien reduziert.

«Hunde können Herzen öffnen», heißt es auch in anderen Einrichtungen wie Kliniken, Heimen und Schulen. Neben den monatlichen Ausflügen in den Park in der Südheide besuchen Psychiatriepatienten regelmäßig den Zoo Hannover. Auf der Traumastation fungiert zudem Therapiehund Nepi als Brückenbauer.

«Der kleine Chihuahua weckt Beschützerinstinkte», berichtete Feyerabend. In einer Tübinger Psychiatrie gehören neben Chihuahuas auch zwei Labradoodles zu den Therapiebegleitern. Fachleute sehen Vorteile vor allem für Menschen mit Autismus, geistiger Behinderung oder Demenz, aber auch für Traumapatienten.

Der Chef der Trauma-Ambulanz kritisierte jedoch, dass Krankenkassen die Kosten für solche Aktivitäten nicht übernehmen. In der MHH werden die tierischen Begegnungen aus dem Klinikbudget und mit Hilfe der Fritz-Behrens-Stiftung finanziert.

«Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Kosten für tiergestützte Therapie gar nicht übernehmen, weil ihr medizinischer Nutzen wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist», sagte Manuela Pohl, Sprecherin des Verbandes der Ersatzkassen in Berlin. Lediglich ein Assistenzhund könne wie ein Hilfsmittel auf Rezept verschrieben werden.

«Eine wissenschaftliche Begleitung der tiergestützten Praxis wäre wünschenswert», sagte Carola Otterstedt von der Stiftung Bündnis Mensch & Tier. Unter anderem sei die Begleitung von Demenz-Betroffenen sehr erfolgreich. «Leider haben wir in deutschsprachigen Ländern keinen Lehrstuhl, der sich des Themas annimmt und qualifizierte Forschungsarbeit fördern könnte.»

Otterstedt fände es auch gut, wenn etwa eine TV-Doku-Serie die Vielfalt von qualitativ guten, tiergestützten Einsätzen zeigen könnte: «Tiergestützte Intervention ist kein Allheilmittel, aber eine wichtige Option in der Begleitung von Menschen.»
dpa
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