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25.02.2017 | 13:27 | Solarlampe 

Licht gegen Arbeitslosigkeit in Südafrika

Johannesburg - Einmachgläser sind der nüchterne Grundstein einer südafrikanischen Erfolgsgeschichte. Darauf kommt ein Schraubdeckel mit Solarzelle. Straßenkünstler biegen den Draht für die Aufhängung.

Lampe
Eine stimmungsvolle Leuchte, solarbetrieben und in Handarbeit gebaut - die Solarlampe Consol Solar Jar ist ein Erfolgsprodukt. Den Townships in Südafrika bringt sie Licht, aber auch Hoffnung. (c) proplanta
Fertig ist die einfache Solarlampe. Sie soll in Südafrika die umweltschädlichen und ungesunden Kerosinlampen in Townships ersetzen. Doch die Solarlampen finden sich nicht nur inmitten von Wellblechhütten und einfachen Häusern, heute fehlen sie auch in kaum einem Hipster-Restaurant in Johannesburg.

Rund 50 Township-Bewohner haben durch das Projekt aus der Arbeitslosigkeit heraus einen Job gefunden. Am Anfang stand eine etwas seltsame Stellenanzeige, die die Bewohner des Townships Alexandra in Johannesburg ermunterte, sich zu bewerben: Wir suchen Arbeitslose, unter 25, Schulabschluss egal, hieß es da.

«Diese Leute haben ihr Leben noch vor sich, und ein Job hat eine besonders große Wirkung», sagt Harald Schulz. Er ist Geschäftsführer von Suntoy, dem Start-up, das den Deckel für das Leuchtglas entwickelt hat.

Dank einer ehrenamtlichen Tätigkeit kannte sich Schulz bereits in Alexandra aus. Er wollte Leute einstellen, die sich schon kennen, anstatt von irgendwoher Mitarbeiter zusammenzuwürfeln. Florinah gehörte vor Jahren zu den ersten elf Mitarbeitern. Die damals 18-Jährige hatte ihr Abitur gerade in der Tasche.

Am liebsten hätte sie sich an einer Universität beworben. «Aber diese Chance hatte ich nicht», sagt Florinah. «Wir hatten das Geld nicht für ein Studium.» Studiengebühren sind hoch, und die Familie brauchte ein Einkommen.

Zusammen mit ihrer Mutter und zwei jüngeren Geschwistern lebt Florinah in einem sogenannten Hostel, einer einfachen Sammelunterkunft. In dem großen Betonblock ist viel los. Hunderte Menschen leben hier auf engstem Raum. Straßenhändler versuchen, im Gewusel auf sich aufmerksam zu machen. Einige Bewohner stehen mit Eimern und Kanistern Schlange an zwei großen Tanks, fließendes Wasser gibt es hier nicht. Wer nicht illegal Leitungen angezapft hat, muss auch ohne Strom auskommen.

Consol ist das Unternehmen, das das Glas beisteuert und das Projekt mit Suntoy initiiert hat. Das Einweckglas sollte so hell leuchten, dass man dabei lesen und schreiben kann. Die meisten Bauteile können lokale Zulieferer herstellen. Den Draht, den Isolationsschutz und die umweltverträgliche Pappverpackung zum Beispiel. Der Akku komme aber aus China. Die Stückzahl sei zu gering für eine lokale Produktion.

Zwei deutsche Unternehmer vertreiben die Lampen unter dem Namen «Sonnenglas» jetzt auch für rund 30 Euro in Deutschland. In Südafrika kostet eine der Lampen umgerechnet zwischen 11 und 18 Euro. Consol und Suntoy stellen monatlich rund 80.000 davon her. Sie haben auch bereits Zehntausende Solar Jars an Township-Bewohner gespendet.

Wenn der Absatz steige, nehme auch die Zahl der Mitarbeiter zu, erklärt Harald Schulz. Inzwischen gebe es 50 Mitarbeiter, 16 davon sind ehemalige Straßenkünstler, die die Drähte biegen. «Normalerweise stellt für so eine Arbeit keiner mehr Leute ein», sagt Harald Schulz. «Eine Maschine ist zwar etwas billiger, aber es fehlt die Liebe.»

Mehr als jeder Vierte in Südafrika ist arbeitslos. «Viele müssen zwei oder drei Jahre ohne Job bleiben, oder noch länger», sagt die inzwischen 24-Jährige Florinah. «Ich hatte großes Glück.» Am Anfang platzierte sie kleine Bauteile von Hand auf Platten und verdiente etwas mehr als eine Kassiererin im Supermarkt, wenige Hundert Euro.

Knapp zwei Jahre später konnte sie mit Mitteln aus einem firmeneigenen Bildungsfonds doch noch studieren. Sie entschied sich für ein Fernstudium der Wirtschaft mit Schwerpunkt Finanzen.

Heute arbeitet Florinah als Buchhalterin. An ihrer Wohnsituation hat sich nichts geändert. Sechs Jahre nach der Einstellung hat Florinah ihr Gehalt vervierfacht und sorgt für ihre Familie. Mittlerweile könne sie sogar ein bisschen sparen. Irgendwann hätte sie gern das komplette Finanzmanagement in ihrer Hand.

Was sie von einem höheren Gehalt kaufen würde, weiß sie schon genau: «Ich möchte irgendwann ein Auto haben, ein wirklich cooles», lacht Florinah. «Am liebsten einen Mercedes-Benz E-Klasse in weiß.»
dpa
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