Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
01.12.2008 | 06:08 | ZMP-Jahresbericht 

Weltmärkte suchen Gleichgewicht

Bonn - Die Auswirkungen der Globalisierung sind auch an den Agrarmärkten mit voller Wucht zu spüren. Veränderungen in Angebot und Nachfrage wirken nicht mehr nur regional, sondern entfalten ihre Wirkung weltweit.

ZMP-Jahresbericht: Weltmärkte suchen Gleichgewicht
Ausdruck dieser Marktverflechtung ist sowohl der jüngste Einbruch als auch der zuvor erfolgte Anstieg der Agrarpreise rund um den Globus. Diese Bewertung traf Dr. Olaf Zinke im ZMP-Jahresbericht 2008/2009.

Die hohen Agrarpreise 2007 und im ersten Halbjahr 2008 haben eine kräftige globale Anbau- und Produktionsexpansion bei den meisten Ackerfrüchten ausgelöst. Auch die weltweiten Investitionen in Züchtung, Düngung, Pflanzenschutz und Technik sind in diesem Zeitraum kräftig gewachsen. Aber nicht nur das derzeitige und künftige Angebot bestimmt die Entwicklung an den Rohstoffmärkten.

Ein mindestens ebenso großer Einfluss geht von der Entwicklung der Nachfrage aus. Zu den wichtigsten Einflussgrößen gehört hier neben dem globalen Bevölkerungswachstum vor allem die Entwicklung der Weltkonjunktur und der Kaufkraft. Die sich abzeichnende deutliche Abkühlung des globalen Wachstums in Verbindung mit den relativ hohen Nahrungsmittelpreisen dürfte jedoch auch die globale Nachfrage nach Agrarrohstoffen spürbar dämpfen. In zahlreichen Ländern hat der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln bereits zu merklichen Verbrauchsrückgängen geführt.

Die hohen Rohstoffpreise im Jahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008 haben weltweit an den Agrarmärkten sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite nachhaltig verändert. Hinzu kommen die Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die veränderten Marktverhältnisse spiegeln sich mittlerweile deutlich in den gefallenen Agrarpreisen wider.

So kostete Weizen am Weltmarkt Ende Oktober 2008 rund 50 % weniger als im Februar 2008; Mais und Soja wurden 2008 im Oktober etwa 45 % billiger gehandelt als noch im Juni. Erheblich preiswerter waren zuletzt auch Reis, das wichtigste Grundnahrungsmittel in Asien, sowie Milchprodukte und pflanzliche Öle.

Inzwischen hat sich der starke Preisrückgang bei den meisten Agrarrohstoffen auch dämpfend auf die globale Inflation der Nahrungsmittelpreise ausgewirkt. Vor dem Hintergrund der globalen Wirtschaftskrise dürfte es jedoch noch einige Zeit dauern, bis die Märkte sich konsolidieren und wieder ein gewisses Gleichgewicht finden.

Ebenso deutlich wie bei den Agrarrohstoffen haben sich die verschlechterten Konjunkturaussichten auf die Preise für fossile Rohstoffe ausgewirkt. Mittelfristig dürften die gefallenen Rohöl- und Energiepreise auch die zuvor stark gestiegenen Kosten für die Produktion und Verarbeitung in allen Branchen dämpfen.

Dies trifft insbesondere auch für die landwirtschaftlichen Betriebsmittel zu. Kostendämpfend wirkt sich schon jetzt neben dem Rückgang der Futtermittelpreise auch der Einbruch bei den internationalen Frachtkosten aus. Der schwächere Euro verbesserte zudem die Wettbewerbsfähigkeit beim Export.

Die Schwankungen der Agrarpreise – wenn auch nicht mit einer solch hohen Volatilität wie in der letzten Zeit – lassen sich schon längere Zeit verfolgen. So hat es seit den 1970er Jahren an den globalen Märkten mehrfach Phasen mit starken Preisausschlägen bei Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln gegeben. Den letzten kräftigen Sprung der Agrarpreise konnte man 1996/97 beobachten. Dabei besteht zur jüngsten Entwicklung eine ganze Reihe von Parallelen.

Auch von 1992 bis 1995 haben die Weltgetreidebestände in vier aufeinander folgenden Jahren spürbar abgenommen, gleichzeitig ging die Produktion zurück. In der Folge rutschten die globalen Getreidebestände auf das niedrigste Niveau seit Mitte der 70er Jahre und in den USA sogar auf den niedrigsten Stand seit 1960. Im selben Zeitraum war jedoch die Nachfrage nach fossilen und Agrarrohstoffen an den globalen Märkten kräftig gestiegen.

Auslöser dieses Booms waren die prosperierenden Volkswirtschaften Südostasiens, die Tigerstaaten. Es entstand ein Nachfragesog an den Rohstoffmärkten, der auf die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Knappheiten traf. Infolgedessen kam es zu einem überaus kräftigen Preisanstieg bei fossilen und auch bei agrarischen Rohstoffen. Dieser Boom wurde durch die so genannte Asienkrise beendet. Einige Ursachen und Wirkungen zurückliegender Haussephasen lassen sich also durchaus auf die aktuelle Marktentwicklung übertragen.

Ganz offensichtlich ist dabei die Bedeutung der jeweils vorhandenen globalen Bestände. In Verbindung mit dem wachsenden Verbrauch dürften die niedrigen Bestände entscheidend für den jüngsten Preisanstieg, aber auch für die große Volatilität der Preise gewesen sein. (ZMP)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker