Angela Merkel (c) proplanta Dabei hatten kurz zuvor starke Worte der Bosse der großen Stromkonzerne noch einen Bruch in der Zusammenarbeit mit der obersten Klimaschützerin der Nation nahe gelegt. Die Kanzlerin ließ sich denn auch nicht beirren, erneuerte die in der EU und für Deutschland vereinbarten Klimaziele und bekräftigte beim Atomausstieg gemäß Koalitions-Vertrag das Stillhalteabkommen mit der SPD.
«Wir werden bis Ende der Koalition mit der SPD den Atomausstieg nicht wirklich in Frage stellen», sagte sie nach rund dreistündigen Beratungen mit den Vertretern der Energiewirtschaft und sonstigen Industrie sowie Verbraucher- und Umweltschützern. Sie ließ aber keinen Zweifel: Nach 2009 - käme es zu einer Unions-FDP-Koalition - sollen entsprechend den Forderungen der Atomlobby die Laufzeiten von Kernkraftwerken (KKW) verlängert werden können. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) habe sich in der Diskussion nicht provozieren lassen - «wenn ich in der Nähe bin», sagte Merkel charmant. Gabriel konterte: Er habe auch nicht neben Atomenergiebefürworter Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gesessen. Beide gelten im Kabinett als Kampfhähne.
Bei solch pragmatischer Politik konnte die Kanzlerin über die verschiedenen Hürden sicher Regie führen: Weder dem Atomausstieg noch der Industrie-Kritik wegen «überzogener» Pläne zur Verbesserung der Energieeffizienz wurde viel Diskussionsraum gegeben. Das bestätigten auch die Kontrahenten der Energiewirtschaft: die Bosse der großen Stromversorger und die führenden Köpfe der Alternativenergie-Branche.
Diese wiederum kamen bei der Regierung nicht mit ihrer Botschaft zum Zuge, die erneuerbaren Energien bis 2020 so auszubauen, dass ihr Stromanteil von jetzt 12 auf mehr als 35 Prozent wächst - und so der dann wegfallende Atomstrom voll ersetzt werden könnte.
Dies hatten auch Aktivisten die Umweltschutzgruppe Greenpeace vor dem Kanzleramt mit Atomfässern deutlich gemacht. Ein aufgeschütteter Brikettberg war gegen Neubauten von Kohlekraftwerken gerichtet - auch wenn die CO2-Emissionen durch Modernisierung verringert werden. Die Demonstranten aber hatten die Rechnung ohne den Umweltminister gemacht, der vehement für modernisierte Kohlekraftwerke eintrat. Da gehe es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um Arbeitsplätze, sagte er im kurzen Streitgespräch mit den Aktivisten. «Da muss ich als Sozialdemokrat auch ein bisschen hingucken.»
Gabriel war es auch, der den kritischen Industriebossen den Wind aus den Segeln nahm, indem er vorrechnete, dass das Ziel einer Verbesserung der Energieeffizienz um jährlich 3 Prozent weit davon entfernt sei, die Unternehmer zu überfordern. Dafür sorge unter anderem ein hohes Wirtschaftswachstum, das nahezu automatisch zur Verbesserung der Energiebilanz führe.
Nach dem Treffen ließen einige der Konzernchefs aber durchblicken, dass sie immer noch nicht ganz überzeugt sind. Im engen Schulterschluss mit der Regierung wollen sie jedoch die weiteren Maßnahmen abstimmen. Dabei rangieren der Ausbau der effizienten Kombination von Strom-Wärme-Kraftwerken (Kraft-Wärme-Koppelung) und eine Aufstockung des Programmes zur Gebäudesanierung neben Energieeinsparungen bei Fahrzeugen ganz vorne. Auch Merkel hält dies für wichtig. Über die Mittel muss aber zunächst noch mit dem Finanzminister verhandelt werden. Damit ist auch in Sachen Klimaschutz ein munterer Polit-Herbst zu erwarten. (dpa) Weitere Infos: > Video - Merkel will an Klimaschutzzielen festhalten
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