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03.08.2010 | 18:30 | Strompreis  

Klimaschutz kostet: Strom wird teurer

Berlin - Vorbei die Zeiten, als Verbrauchern in Sachen Energie nur der sorglose Spruch «Bei mir kommt der Strom aus der Steckdose» einfiel.

Klimaschutz kostet: Strom wird teurer
Viele Haushalte stöhnen nun über hohe Abrechnungen. Experten glauben, dass Strom sogar noch teurer wird. Das liegt auch am Solarboom.


Wie setzt sich der Strompreis eigentlich zusammen?

Der Staat hält mit Steuern und Abgaben die Hand auf und kassiert unterm Strich etwa 40 Prozent des Endpreises von rund 20 Cent je Kilowattstunde Strom, den ein Durchschnittshaushalt bezahlt. Neben kurzfristigen Preisen an der Leipziger Strombörse (Spotmarkt) wirken in der Branche zudem langfristige Termingeschäfte, weil Anbieter Strom im Voraus für bis zu drei Jahre einkaufen.


Was beeinflusst den Preis noch?

Eine wichtige Rolle spielt, welche Kraftwerke zu welchen Kosten wann Strom ins Netz einspeisen. Dazu kommen die Ausgaben für den Transport durch die Leitungen (Netzentgelt). Zertifikate, die an der Börse gehandelt und von der Industrie je nach Ausstoß des Klimakillers CO2 zugekauft werden müssen, können ebenfalls den Preis treiben.


Was haben Solaranlagen damit zutun?

In diesem Jahr haben sich besonders viele Hauseigentümer oder Landwirte noch eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach oder die Scheune bauen lassen - rechtzeitig vor den seit Juli geltenden Kürzungen bei der Ökostrom-Förderung. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und die Verbraucherzentralen rechnen in den nächsten Jahren mit höheren Preisen, weil eben die Zuschüsse für den Sonnenstrom (EEG-Umlage) alle Kunden über ihre Stromrechnung bezahlen müssen.


Wie sieht es generell mit dem Wettbewerb aus?

Die Stromindustrie verweist darauf, dass es in Deutschland mit rund 1.100 Anbietern eine Vielfalt wie nirgendwo sonst in Europa gebe. Auch seien die Unternehmen verbraucherfreundlicher geworden und böten verschiedene Tarife an. Der Anbieterwechsel sei in Schwung gekommen, der Wettbewerb funktioniere.


Was sagen Kritiker?

Die Bürger hätten von der Ende der 90er Jahre begonnenen Liberalisierung des Strommarktes bisher eher wenig gespürt, schimpfen Politiker und Experten seit langem. Die großen Vier Eon, RWE, EnBW und Vattenfall, die für über 80 Prozent der Stromerzeugung stehen, lähmten unverändert den Markt.


Welche Argumente gibt es?

Immer wieder steht das Quartett im Verdacht, seine Marktmacht zu missbrauchen, Kraftwerkskapazitäten künstlich zurückzuhalten und Preise gezielt in die Höhe zu treiben. Umweltschützer und die Ökostrombranche fürchten, dass die von der schwarz-gelben Regierung jetzt vorangetriebene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke die Vormachtstellung der etablierten Konzerne festigt und den Boom von Sonne, Wind und Wasser abwürgt.


Kann die Politik nichts machen?

Das Kartellrecht ist verschärft worden, um den Konzernen bei den Preisen auf die Finger zu klopfen. Druck macht auch die EU-Kommission. Die Brüsseler Wettbewerbshüter haben den Unternehmen schon einige Zugeständnisse abgerungen. Eon und Vattenfall habe ihre Hochspannungsnetze verkauft. Pläne für eine Zerschlagung der Konzerne - also Trennung von Erzeugung und Transport - scheiterten aber am Widerstand großer EU-Länder, darunter auch Deutschland.


Was kann ich als Verbraucher tun?

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen rät zum unkomplizierten Anbieterwechsel im Internet. «Wenn den Konzernen die Kunden weglaufen, werden sie sich unverschämte Preisaufschläge in Zukunft sparen», sagt Verbandschef Gerd Billen. Auch Klagen seien möglich. Für diesen Fall sollten Kunden Verträge, Firmenschreiben und Zahlungsbelege aufheben. Auch in den eigenen vier Wänden kann man Strom sparen: kein Stand-by bei Fernseher und Stereo-Anlage, effiziente Wasch- und Spülmaschinen kaufen und alte Glühbirnen gegen Energiesparlampen austauschen. (dpa)
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