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22.03.2015 | 02:00 | Güllesee 
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Niedersachsen hat ernstes Gülle- und Gärresteproblem

Hannover - Niedersachsen hat nach Ansicht seines Landwirtschaftsministers Christian Meyer ein ernstes Gülle- und Gärresteproblem. Bestätigt sieht sich der Ressortchef durch die Ergebnisse des zweiten Nährstoffberichtes, der am Dienstag in Hannover vorgestellt wurde.

Güllemenge Niedersachen
Landwirtschaftsministers Christian Meyer will Güllesee in Niedersachsen trocken legen. (c) proplanta
Laut der von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchgeführten Erhebung ist der Nährstoffanfall aus Dung und Gärresten im Wirtschaftsjahr 2013/14 gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Mio. t auf 59,2 Mio. t gestiegen. In fünf Landkreisen der Weser-Ems-Region sind laut Ministerium die Überschüsse so hoch, dass 65.000 ha Ausbringungsflächen fehlen. Obwohl sich dort die an andere Regionen abgegebene Menge an Wirtschaftsdünger um 500.000 t auf 2,28 Mio. t erhöht hat, blieb das Flächendefizit fast unverändert.

„Das ist alarmierend und macht mir große Sorgen“, sagteMeyer und beklagte, dass Niedersachsen in einigen Landesteilen zu viele Tiere und Biogasanlagen auf zu geringer Fläche habe und zu wenige Nährstoffe in andere Landesteile verbracht würden. Der Grünen-Politiker forderte deshalb den Bund auf, die Düngeverordnung endlich an das Mengenproblem anzupassen und für Datentransparenz bei der Überwachung zu sorgen.

Der Präsident des Niedersächsischen Landvolks, Werner Hilse, betonte, dass auch die Landwirte die Nährstoffverteilung im Land verbessern wollten. „Unsere Tierhalter nehmen die umwelt- und pflanzengerechte Nutzung der anfallenden Wirtschaftsdünger als eine besondere Herausforderung an. Es werden bereits viele Stellschrauben genutzt, um die Regionen mit intensiver Tierhaltung zu entlasten“, erklärte der Landvolkpräsident.

Der Agrarsprecher der CDU-Landtagsfraktion, Helmut Dammann-Tamke, kritisierte die späte Veröffentlichung des Berichtes und das Fehlen eines bereits im Mai 2014 angekündigten Runderlasses zur Verbesserung der düngerrechtlichen Überwachung. „Ein effektives Nährstoffmanagement ist unter diesen Bedingen schlicht nicht möglich“, so Dammann-Tamke.

Mehr Rinder und Geflügel

Dem Nährstoffbericht zufolge liegt die Ursache für den höheren Dung- und Gärresteanfall maßgeblich darin, dass die Zahl der Rinder im Vergleich zu 2012/13 um 3,1 % auf 2,6 Millionen Stück und die von Geflügel um 2,3 % auf rund 105 Millionen Tiere zugenommen hat. Hinzu kommt, dass sich der Substrat-Input bei Biogasanlagen und damit auch der Gärreste-Output erheblich erhöht haben. Gestiegen ist seit dem ersten Nährstoffbericht auch die gemeldete Bruttoabgabemenge an Wirtschaftsdüngern einschließlich Gärresten, und zwar um 15 % auf 31,5 Mio. t. Dies zeige, so die Autoren des Berichts, dass der Großteil der Betriebe mit Nährstoffüberschüssen die Wirtschaftsdünger überbetrieblich verbringen würden.

Insgesamt wurde von den 8.400 abgebenden Betrieben eine Nettomenge von 17,7 Mio. t gemeldet, die von 17.300 Betrieben aufgenommen wurde. Die dabei überregional verbrachte Menge an Wirtschaftsdüngern ist laut Bericht gegenüber dem Wirtschaftsjahr 2012/13 um 24 % auf 2,67 Mio. t gestiegen. Mit einem Anteil von mehr als 80 % lag dabei die Region Weser-Ems klar an der Spitze der Abgaberegionen, während die Region Hannover mit 34 % die meiste Gülle und Gärreste aufnahm.

Düngernovelle verschärft Überschussproblem

Beim Stickstoffanfall aus Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft kam es nach den Verbringungen der Studie zufolge nur in den beiden Landkreisen Cloppenburg mit durchschnittlich 172 kg N/ha und Vechta mit 178 kg N/ha zu einer Überschreitung der in der Düngerverordnung festgelegten Grenze von 170 kg N je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF).

Im Landesdurchschnitt lag die aus der tierischen Erzeugung stammende Stickstoffmenge nur bei 99 kg/ha und damit unter dem Düngebedarf der Pflanzen. In der vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgelegten Novelle zur Düngeverordnung ist jedoch vorgesehen, auch Gärreste oder Klärschlamm in die Stickstoffobergrenze einzubeziehen. Sollte dies gesetzliche Realität werden, würde sich die Überschusssituation verschärfen, und es würden weitere fünf niedersächsische Landkreise die Obergrenze von 170 kg N/ha überschreiten.

Mehr Transparenz durch Ordnungsrecht

Angesichts der aus seiner Sicht besorgniserregenden Zahlen des Nährstoffberichtes stellte Meyer fest, „dass freiwillige Appelle nicht mehr fruchten und dass die Datentransparenz zur Überwachung sowie das Ordnungsrecht verschärft werden muss“. Der Minister kündigte an, gemeinsam mit den Landkreisen, den Gülletransportunternehmen und der Landwirtschaftskammer in einigen Modellkreisen vorangehen zu wollen, um „den Güllesee trocken zu legen“.

Zudem werde es einen gemeinsamen Runderlass von Agrar-, Umwelt- und Sozialministerium zur Zusammenarbeit von Dünge- und Baubehörden geben, der die Grundlage für eine bessere Überwachung von Neu- und Bestandsanlagen ermögliche. Ziel sei, den Austausch der Daten über Flächen, Tiere undWirtschaftsdünger zu optimieren. Diese lägen ohnehin vor, würden bisher aber nicht verglichen, erläuterte der Minister. Der gemeinsame Runderlass schaffe die nötige Transparenz, „um potentielle Übeltäter zur ordnungsgemäßen Verbringung anzuhalten“. Dazu gehört laut Meyer auch, „dass unseriösen Güllehändlern das Handwerk gelegt wird.Wir werden eine Zertifizierung von Transportunternehmen und Güllebörsen anstreben“. (AgE)
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Kommentare 
M.T schrieb am 23.03.2015 21:29 Uhrzustimmen(157) widersprechen(131)
Sehr geehrter Herr Minister, aus meiner Sicht haben Sie viel Respekt für Ihre Vorgehensweise und Durchsetzungsvermögen verdient. Eigentlich bin ich ein Verfechter der Grünen, Sie geben mit Ihrem Mut tatsächlich Anlass zur Wiederwahl, weiter so im Interesse unserer Kinder und deren Zukunft und das Anrecht auf sauberes Trinkwasser! Im Landkreis Verden, dort speziell in der Gemeinde Dörverden finden aus meiner Überzeugung heraus bereits kriminelle Entsorgungsmethoden statt, inkludiert Gülletourismus. Ich hoffe das Ihre Initiative dazu beiträgt, dass auch diese Umgebung lebenswert bleiben kann, wobei es bereits 1 Minute vor 12 ist! Botulismus ist ebenfalls eine steigende Gefahr, die voraussichtlich auch aus älteren Biogasanlagen hervorgerufen werden können. Vielleicht können Sie es erreichen, dass Gärsubstrate aus diesen Anlagen vor der Ausbringung entsprechend erhitzt werden, damit die Gefahr reduziert wird. In Schleswig-Holstein ist die Dramatik in den Rinderställen ja bereits sichtbar, sprich die Tiere sind verendet. LG und weiter so Herr Minister, haben Sie den Willen und Mut diesen Umweltverbrechern die notwendigen Einschränkungen aufzuerlegen.
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