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10.08.2012 | 10:52 | Personalien 

Neuer Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung steht fest

Berlin - Der EZB-Ökonom Marcel Fratzscher wird neuer Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Wirtschaft
(c) proplanta
Das Kuratorium beschloss am Donnerstag erwartungsgemäß, den 41-Jährigen zum 1. Februar an die Institutsspitze zu berufen. Es folgte einstimmig dem Vorschlag einer Findungskommission.

Fratzscher, der derzeit Abteilungsleiter für internationale wirtschaftspolitische Analysen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, will das DIW umstrukturieren. «Mein Verständnis eines Wirtschaftsforschungsinstituts wie des DIW Berlin ist, dass es politisch neutral sein sollte», sagte Fratzscher dem «Handelsblatt» (Freitag). Das DIW wird traditionell politisch eher links eingeordnet.

Wirtschaftspolitische Empfehlungen sollten auf soliden wissenschaftlichen Analysen beruhen, sagte Fratzscher. «Was politisch gewollt ist, muss für Forscher Nebensache sein. Das DIW wird für Themen stehen, nicht für politische Aussagen.»

Ziel der Berliner Forscher ist es, im kommenden Jahr wieder an der prestigeträchtigen Gemeinschaftsprognose der Bundesregierung teilzunehmen, die bereits in den kommenden Wochen wieder neu ausgeschrieben wird. «Das Ziel für das DIW Berlin muss es sein, mittelfristig wieder in der Gemeinschaftsdiagnose zu sein - allein aufgrund der großen Tradition als Konjunkturforschungsinstitut», sagte Fratzscher der «Financial Times Deutschland» (Freitag).

Dabei ist der 41-Jährige offen für neue Ansätze. «Die Krise hat gezeigt, dass Teile des Instrumentenkastens der Wirtschaftswissenschaft nicht dienlich waren - zum Beispiel haben wir die Verbindungen zwischen Realwirtschaft und Finanzmärkten noch nicht ausreichend verstanden», sagte Fratzscher. Wichtig seien auch Ansätze aus anderen Bereichen, wie der Psychologie und der Verhaltensökonomie.

Eine Rezession in Deutschland erwartet der Ökonom nicht. Die augenblickliche Schwächephase dürfte bereits der Tiefpunkt sein, wenn sich die europäische Krise nicht verschärfe. «Das kommende Jahr dürfte stärker werden als dieses», sagte er dem «Handelsblatt».

Fratzscher hält eine engere europäische Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik im Euroraum für notwendig. So könne man mittelfristig den «Geburtsfehler des Euro» beheben, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag). Zugleich räumte er ein, dass niemand genau wisse, wie die Euro-Krise zu lösen sei.

Langfristig halte er nicht nur den Verbleib Griechenlands, sondern sogar eine Erweiterung der Währungszone für wünschenswert. «Auf europäischer Ebene zeigen die Ergebnisse des EU-Gipfels von Ende Juni in die richtige Richtung: Eine europaweite Bankenunion trägt dazu bei, die Verwerfungen zu beenden», sagte der Notenbanker der «Financial Times Deutschland». Der künftige Institutschef hat allerdings noch weitreichendere Visionen. «Als überzeugter Europäer wünsche ich mir ganz langfristig einen europäischen Währungsraum mit allen 27 Mitgliedsländern.»

Der Finanzfachmann folgt auf dem Führungsposten dem Übergangschef Gert Wagner. Dieser war 2011 nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Klaus Zimmermann an die Spitze des DIW gerückt. Zimmermann war Untreue vorgeworfen worden. Im April stellte Berliner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen jedoch ein, weil sie keinen hinreichenden Tatverdacht sah.
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