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06.09.2008 | 07:14 | Verarbeitungsrichtlinien  

Bioverarbeiter zwischen Richtlinien, Labels und Praxis

Frick - Das Angebot an verarbeiteten biologischen Lebensmitteln wächst stetig und nimmt einen immer wichtigeren Anteil am gesamten Biomarkt ein.

Bioverarbeiter zwischen Richtlinien, Labels und Praxis
Doch die einzelnen Verarbeitungsrichtlinien driften immer weiter auseinander. Wie bewegt sich die Branche in diesem Spannungsfeld? Diese Frage diskutierten Verarbeitungsbetriebe und Labelvertreterinnen, die am Biomarkt tätig sind, am 2. September in Frick an einer Tagung, organisiert durch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und die Zertifizierungsfirma bio.inspecta. Offen blieb indessen, wer die Verantwortung für die Sortimentspolitik trägt, die vor neuen Hürden steht.

Rund 70 Fachleute aus der Verarbeitung von Biolebensmitteln befassten sich mit dem «Labelsalat», der an der Verkaufsfront des Biomarktes zu Verwirrung führen kann. Angesichts der verschiedenen Ansätze und Ansprüche der beteiligten Zertifizierer, Labelorganisationen, Vermarkter und Amtsstellen ist er aber gar nicht so leicht aus der Welt zu schaffen. Aus dem Plenum kam denn auch die Forderung nach einem gemeinsamen Kennzeichnungskonzept, zu dem alle Beteiligten gefälligst erste Schritte unternehmen sollten.

Nach dem Vorbild des EU-Biolabels und des staatlichen deutschen Biosiegels wünscht sich ein Teil der Marktteilnehmer vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Schaffung eines Bundesbiolabels, das die Erfüllung der Minimalanforderungen gemäss Bioverordnung dokumentieren würde und auf welches bei Bedarf die strengeren Labels Bio Suisse Knospe oder Demeter aufgebaut werden könnten.

Bio Suisse und Demeter und ein Teil der Verarbeiter begegneten solchen Ideen mit Skepsis. Demeter-Geschäftsführerin Susanna Küffer stellt klar, dass Demeter keine staatlich verbürgte Glaubwürdigkeit brauche und dass die Labelorganisationen dem BLW nicht freie Bahn geben dürften, sondern in einen solchen Prozess zwingend miteinbezogen werden müssten. Eine Bedingung für eine solche Zusammenarbeit wäre ihrer Ansicht nach zudem eine dezidierte Förderung des Biolandbaus durch den Bund. In die gleiche Richtung argumentierte Bio Suisse Marketingchef Jürg Schenkel. Bio Suisse verfolge das Ziel eines Biolandes Schweiz, eine Diversifizierungsstrategie über die verschiedenen Labels könne vor diesem Hintergrund diskutiert werden.

Christine Müller vom BLW bestätigte, dass die Idee eines staatlichen Biolabels im BLW wiederum diskutiert werde. Eine Neuauflage könnte allenfalls im Zuge von Swissness stehen. Müller legte aber Wert auf die Feststellung, dass noch nichts entschieden sei.

Die neue EU-Bioverordnung, welche am 1.1.2009 in Kraft tritt und die Grundlage für die Vergabe des EU-Labels darstellt, setzt im Bereich Verarbeitung mit den neuen Prinzipien «Wahrhaftigkeit» und «schonende Verarbeitung» sowie mit der Regelung der Zusatzstoffe für tierische Produkte neue Impulse. Die Schweizer Bioverordnung hat diese neuen Regelungen bereits nachvollzogen, mit der einzigen Ausnahme, dass es in der Schweiz im Gegensatz zur EU keine Ausnahmeregelung für Zusatzstoffe gibt, die mit GVO erzeugt wurden.

Zugeknöpfter als bei den Labelfragen gaben sich die Verarbeiter, sobald sich die Diskussion um die Sortimentspolitik drehte. Bei den meisten Anbietern wächst das Biosortiment stetig, neue Käuferschichten wie etwa die LOHAS versprechen zwar gewaltiges Umsatzwachstum, stellen aber auch neue Anforderungen ans Biosortiment. Coop als der grösste Anbieter hat unterdessen 1600 Bioprodukte gelistet. Offen bleibt in diesem dynamischen Umfeld die Frage, wer die Verantwortung trägt für die Sortimentspolitik. Sind es die Verarbeiter, die Labelorganisationen, der Bund, der Handel - oder die Konsumentinnen? (FiBL)
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