Das hat der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Carl-Albrecht Bartmer, heute vor der Presse in Berlin erklärt. Angesichts der steigenden Ansprüche einer wachsenden und energiehungrigen Bevölkerung forderte Bartmer einen "Masterplan" der Politik für eine nachhaltige Produktivitätssteigerung in den kommenden zehn Jahren.
Die Jahre 2007 und 2008 hätten deutlich gemacht, wie scharf die Märkte mit Preisexplosionen auf ein zu knappes Lebensmittelangebot reagierten, mahnte der DLG-Präsident. Mit Ad-hoc-Maßnahmen könnten versäumte Anpassungen nicht nachgeholt werden. Die Voraussetzungen für die nächste globale Ernte schätzt Bartmer als deutlich schlechter ein als für die "Jahrhunderternte 2008".
Stillstand nicht idealisieren
Bartmer sieht Politik, Gesellschaft und
Agrarwirtschaft in Deutschland und Europa in einer besonderen Verantwortung, einen Beitrag zur Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrung und Energie zu leisten. Nur moderne Technologien und Vorleistungen würden die notwendige nachhaltige, tiergerechte und ökologisch verantwortungsvolle Intensivierung der Produktion gewährleisten. Eine "Idealisierung des Stillstands" bezeichnete er als gefährliche Illusion.
In diesem Zusammenhang kritisierte er das Gentechnikrecht, das Anbau und zunehmend auch Forschung in Europa unmöglich mache, sowie einen unzureichenden Schutz des geistigen Eigentums bei züchterisch verbessertem Saatgut. Bartmer sprach sich gegen eine bewusst extensive Nutzung europäischer Agrarstandorte aus. Zugleich forderte er einen besseren Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor der Versiegelung.
Stiefkind Agrarforschung
Kritisch äußerte sich Bartmer zum Stand von Forschung und Lehre in Deutschland. Das "Stiefkind" Agrarforschung brauche mehr Zuwendung. Der DLG-Präsident forderte die Bundesländer zur länderübergreifenden Kooperation auf. "Weniger und dafür gut ausgestattet, personell wie materiell" muss die deutsche Agrarforschung nach seiner Auffassung aufgestellt werden. Als Vorbild nannte er das niederländische Forschungszentrum in Wageningen.
Leitbild für Politik und Agrarwirtschaft muss Bartmer zufolge der moderne landwirtschaftliche Unternehmer sein. Das Anforderungsprofil sei durch Neugierde, unkonventionelles Denken und ein stetes Streben nach Erneuerung und Optimierung gekennzeichnet. Wirtschaftliche Aktivitäten auf die Prämienoptimierung zu beschränken, entspreche nicht diesem Leitbild. Bartmer betonte, strukturkonservierende
Agrarpolitik werde es auf Dauer genauso wenig geben wie eine irgendwie geartete Abschottung vom Weltmarkt. (aiz)