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12.02.2008 | 11:04 | Gentechnik 

Wirtschaft sieht wenig Marktchancen für gentechnikfreie Produkte

Berlin - Der Markt für gentechnikfreie Lebensmittel hat nach Ansicht der Wirtschaft trotz der geplanten Kennzeichnung vorerst nur geringe Chancen.

Gentechnik
(c) Remar - fotolia.com
«Im Augenblick ist das eher schwierig, weil im Futtermittelmarkt gentechnisch veränderte Ware die Regel ist», sagte Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht am Montag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Wegen der vielen Importe ist Gentechnik in Futtermitteln nach Angaben der Futtermittelwirtschaft längst Realität. Der Bundesrat entscheidet an diesem Freitag über die Lebensmittelkennzeichnung «ohne Gentechnik».

Nur knapp zehn Prozent des Sojaschrots für den europäischen Markt stünden zur Herstellung von Milch, Fleisch und Eiern «ohne Gentechnik» zur Verfügung, teilten sechs Verbände der Futter- und Lebensmittelwirtschaft in Berlin mit, darunter der Deutsche Raiffeisenverband. Das Bereitstellen von praktisch nicht genverändertem Sojaschrot verursache wegen der getrennten Vermarktung höhere Kosten. Die Verbände kritisierten, dass die EU-Kommission zu viel Zeit für die Zulassung gentechnisch veränderter Sorten brauche. Die Herstellung von Geflügel- und Schweinefleisch drohe deshalb nach Südamerika abzuwandern.

Milch, Fleisch und Eier sollen nach dem Willen von Agrarminister Horst Seehofer (CSU) künftig mit der Aufschrift «ohne Gentechnik» gekennzeichnet werden - auch bei Futtermitteln mit Zusätzen, die durch gentechnische Verfahren hergestellt wurden, sofern es keine Alternativen gibt. Damit wird die bestehende strenge Kennzeichnung gelockert. Sojaschrot, das zur Schweine- und Geflügelfütterung verwendet wird, gilt in der EU als gentechnikfrei, wenn der genveränderte Gehalt unter 0,9 Prozent liegt. Soja stammt hauptsächlich aus genveränderten Sorten, die vor allem in USA, Brasilien und Argentinien hergestellt werden.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch sieht in der geplanten Kennzeichnung den «entscheidenden Marktanreiz» für Futtermittel ohne Gensoja. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Futtermittelmarkt darauf einstellen wird», sagte Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt der dpa. Die Lebensmittelwirtschaft spricht dagegen von Verbrauchertäuschung. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan kritisierte, Seehofer nehme billigend in Kauf, dass die Verbraucher über die Bedeutung der Gentechnik bei der Erstellung von Futtermitteln getäuscht würden.

Das Umweltinstitut München warnte vor Risiken des geplanten Anbaus von gentechnisch verändertem Weizen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Der Weizen, der resistent gegen Weizenflugbrand ist, enthalte auch ein Resistenzgen gegen das Antibiotikum Ampicillin. Der Anbau von Pflanzen mit solchen Resistenz-Genen sei in der Schweiz von 2009 an verboten, weil die entsprechenden Antibiotika durch den Verzehr der genmanipulierten Pflanzen unwirksam werden könnten. (dpa)
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