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26.05.2016 | 09:30 | Ölpreis über 50 US-Dollar 

Ist das Ende des Billigöls besiegelt?

Frankfurt/Main - Billiges Öl bedeutet für die deutschen Verbraucher vor allem eines: Sie sparen beim Tanken und müssen weniger fürs Heizen zahlen. Seit fast zwei Jahren haben sich die Verbraucher an diesen Komfort gewöhnt.

Ölpreis Entwicklung
Der Ölpreis steigt und steigt derzeit - und viele Gründe sprechen dafür, dass dieser Trend andauert. Oder folgt dem Hoch doch schon bald wieder ein Tief? (c) Sascha Burkard - fotolia.com
Von Mitte 2014 bis Anfang 2016 waren die Ölpreise von über 100 auf etwa 30 Dollar je Barrel (159 Liter) eingebrochen. Doch seither hat sich der Wind gedreht. Am Donnerstag übersprang der Preis für die Nordseesorte Brent sogar erstmals seit einem halben Jahr wieder die Marke von 50 US-Dollar. Ist die Kehrtwende am Ölmarkt endgültig erreicht? Einiges spricht dafür - auch wenn es am Freitag zunächst in Richtung 49 Dollar nach unten ging.

Der Hauptgrund für den Preisanstieg der jüngsten Zeit ist in den USA zu suchen, denn hier sinkt die Fördermenge. Ende April erreichte sie sogar den tiefsten Stand seit Herbst 2014. Der Grund für den Rückgang: Ein großer Teil der US-Produktion wird mit Fracking gewonnen. Diese Fördertechnik, bei der chemische Flüssigkeiten in tief liegende Gesteinsschichten gepresst werden, ist nicht nur wegen möglicher Folgen für Mensch und Umwelt umstritten, sie ist auch relativ teuer. Die Fracker leiden daher besonders stark unter den niedrigen Preisen und müssen ihre Produktion teilweise auf Eis legen.

Die USA sind an den Finanzmärkten im Fokus, wenn es darum geht, das Überangebot am Ölmarkt abzuschätzen. Mittwochs schauen die Anleger wie gebannt auf die vom Energieministerium veröffentlichten Daten zum Rohöllagerbestand in den USA. Kaum ein Indikator sorgt für stärkere Reaktionen am Ölmarkt als diese Zahl. Das Credo der Anleger: Je höher die Reserven, umso höher offenbar das weltweite Angebot. Bis Anfang Mai erklommen die Reserven immer neue historische Rekordstände. Doch damit ist es jetzt vorbei. Die Märkte wurden Mitte des Monats mit einem Rückgang der Reserven auf dem falschen Fuß erwischt.

Doch der Anstieg der Ölpreise ist nicht allein auf die USA zurückzuführen. Das schwarze Gold ist auf dem Weltmarkt derzeit gefragt. Aufgrund einer robusten Nachfrage aus China, Indien und anderen Schwellenländern sei von einem schnelleren Abbau des weltweiten Überangebots an Rohöl auszugehen als bislang angenommen, meinen Experten der Internationalen Energieagentur (IEA), einer Organisation, in der sich 29 Staaten als Gegengewicht zu den Ölfördernationen zusammengeschlossen haben. Im Laufe dieses Jahres sei daher sogar mit einer «dramatischen» Schrumpfung des Überangebots zu rechnen.

Dennoch ist unter Experten umstritten, ob die Kehrtwende am Ölmarkt tatsächlich bereits erreicht ist, ob also neue deutliche Preisrückgänge auf absehbare Zeit auszuschließen sind. Einige argumentieren, der jüngste Preisanstieg sei vor allem auf kurzfristige Effekte zurückzuführen. Die rückläufigen US-Ölreserven seien nicht zuletzt auf die verheerenden Waldbrände im Nachbarland Kanada zurückzuführen, wo die Produktion teilweise gestoppt werden musste. Hinzu kommen Terroranschläge und Unruhen beispielsweise im Förderland Nigeria.

Dagegen sehen einige Experten auf lange Sicht vor allem die Förderpolitik der Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) als Hindernis für eine deutliche Erholung am Ölmarkt. Denn die Opec-Staaten fahren ihre Produktion immer weiter hoch. Zuletzt erreichte die Förderung sogar das höchste Niveau seit 2008. Die Wüstenstaaten hängen besonders stark von den Einnahmen aus Ölexporten ab und kompensieren mangels Alternativen die niedrigeren Preise durch Masse. Das wiederum drückt weiter auf den Preis. Letzte ernsthafte Versuche, sich zusammen mit Russland auf eine Förderbegrenzung zu einigen, sind im April gescheitert.

Die Lage am Ölmarkt bleibt also durchwachsen. Der Ölsektor sei «noch nicht wirklich aus dem Schneider», sagt Heinrich Peters, Experte bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Aus den Fundamentaldaten - den langfristigen Informationen über reale Produktionsbeziehungen - seien derzeit keine Argumente für deutlich höhere Preise abzulesen.
dpa
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