Das bringt der wichtigsten Anlegergruppe - Städten und Landkreisen vor allem aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz - Millioneneinbußen in ihren ohnehin knapp kalkulierten Haushalten.
Ein Aufstand bei der Hauptversammlung am Donnerstag in Essen blieb aber aus. Die Anteilseigner zeigten Verständnis angesichts der massiven RWE-Einbußen durch den abgestürzten Börsenstrompreis und verlangen keine Dividende aus der Substanz des Unternehmens.
Lauter wurde dagegen die Kritik an der Kohleverstromung - nicht nur von Umweltschützern, die etwa um den Hambacher Forst im Rheinischen Braunkohle-Revier kämpfen und dazu bei der Hauptversammlung eine Petition mit mehr als 32.000 Unterschriften übergaben.
Sie kam auch von Aktionärsvertretern, die höhere Kosten des CO2-Ausstoßes befürchten, wenn die bisher sehr günstigen Verschmutzungsrechte auf EU-Ebene teurer werden. «Welche neuen Technologien zur CO2-Beseitigung sehen Sie am Horizont?», fragte etwa Fonds-Manager Thomas Deser von Union Investment.
«Für uns zählen nicht nur Kurs und Dividende», betonte der Geschäftsführer der kommunalen Anleger aus Westfalen, Wolfgang Schäfer, zum Thema Dividenden-Wegfall. Wichtiger seien Arbeitsplätze und Standorte von RWE. Ähnlich äußerte sich der Chef des kommunalen Anlegerverbandes VKA aus dem Rheinland, Ernst Gerlach: Zwar sei die kurzfristige Dividendenstreichung für 2015 und 2016 «ärgerlich», für die Zukunft zeige
RWE jetzt aber Verlässlichkeit.
Die Essener haben für 2017 eine Ausschüttung von 50 Cent pro Aktie versprochen - immerhin die Hälfte des Wertes von 2014 - und wollen dieses Niveau in den kommenden Jahren mindestens halten. «Das hat die Gemüter beruhigt», sagte Gerlach.
Dass die Kritik einiger Kommunalvertreter an RWE deutlich leiser geworden ist, liegt vor allem an der gelungenen Aufteilung in einen Mutterkonzern mit konventioneller Stromerzeugung und die neue Großtochter Innogy für
Ökostrom, Netze und Vertrieb im Jahr 2016. Der erfolgreiche Börsengang von Innogy im vergangenen Herbst hatte RWE 2,6 Milliarden Euro eingebracht - und eine lukrative Tochter mit sicheren Einnahmen aus staatlich garantiertem Netzgeschäft sowie Wind- und Sonnenstrom.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz lobte in seiner Rede die «schöne Tochter» Innogy. Die Dividende von 1,60 Euro, die Innogy Anfang der Woche beschlossen hatte, fließt zu 77 Prozent der Mutter zu. RWE kann so gut 680 Millionen Euro an Ausschüttung verbuchen. Dass Schmitz leicht steigende Gewinne für 2017 versprechen konnte, liegt ebenfalls maßgeblich an der ausgelagerten Ökostrom-Sparte.
Allerdings hat RWE seine starke Tochter nach Meinung von Börsenfachleuten auch dringend nötig. Denn vor dem einst mächtigen Stromkonzern liegt kurzfristig eine Zahlung von 6,8 Milliarden Euro an den Atomfonds der Bundesregierung für die Zwischen- und Endlagerung. RWE will das Geld am 1. Juli 2017 auf einen Schlag überwiesen, um hohe Zinsen für eine Ratenzahlung zu vermeiden. Das fordere den Konzern bis an seine Grenzen, sagte Fondsmanager Deser.
Am Donnerstag gab es - wie schon in früheren Jahren - Aktionen vor der Tagungshalle wie eine Menschenkette. Einige Aktivisten stürmten sogar für kurze Zeit auf die Bühne und skandierten «Kohle zerstört das Klima». Der Stromriese stößt mit seinen Tagebauen und Kohlekraftwerken angesichts scharfer
Klimaziele und höherer Sensibilität etwa für das Thema Feinstaub auf spürbaren Widerstand.
Investitionen in konventionelle Energie rechneten sich derzeit nicht, sagte Aktionärsvertreter Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). RWE müsse vor diesem Hintergrund dringend nach Zukunftsmodellen suchen. Sonst werde das Unternehmen zu einem Konzern für die eigene kontrollierte Abwicklung.