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29.05.2011 | 08:25 | Lebensmittelsicherheit 

Kaltes Plasma soll die mikrobiologische Sicherheit von Obst und Gemüse erhöhen

Potsdam - Gemüse, Kartoffeln oder auch Obst können bedenkliche Konzentrationen an Krankheitserregern aufweisen.

Gemüse
Auch gezielte Reinigungsschritte während der Aufarbeitung bieten keinen ausreichenden Schutz gegen mikrobiologische Verunreinigungen. Kaltes Plasma soll künftig die Lücke bisheriger Dekontaminationsverfahren für frische Obst- und Gemüseprodukte schließen.

Die aktuellen EHEC-Erkrankungsfälle zeigen, dass die Sicherheit von frischem Obst und Gemüse noch immer eine Herausforderung darstellt. Die meist im Freiland produzierten Salatköpfe, Wurzeln oder Früchte weisen eine natürliche Besiedlung mit Bakterien, Schimmelpilzen, Hefen und anderen Mikroorganismen auf. Humanpathogene Mikroorganismen wie Listerien, Salmonellen oder EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli) treten zwar selten auf, können jedoch beim Menschen schwere Erkrankungen hervorrufen. Eine Wärmebehandlung kann die Keime inaktivieren, wird aber dem Verbraucheranspruch an möglichst unbelassene frische Produkte ebenso wenig gerecht wie viele chemische Behandlungsmethoden.

Der Einsatz von Kaltplasma bei Temperaturen unterhalb von 35°C ist ein neuer technologischer Ansatz, der in Zukunft  eine schonende und sichere Hygienisierung von frischem und minimal verarbeitetem Obst und Gemüse möglich machen soll. Plasma ist ein ionisiertes Gas, dessen antimikrobielle Wirkung in der Medizintechnik, z.B. zur Unterstützung der Wundheilung bereits intensiv erforscht wird.

Wissenschaftler im Verbundprojekt FriPlas© arbeiten zurzeit mit Nachdruck daran, Plasma auch für die Hygienisierung von Obst- und Gemüse nutzbar zu machen. Die Behandlung ist neu und vielversprechend, stellt jedoch hohe Anforderungen an den Prozess und an die verwendeten Plasmaquellen, denn die Obst- und Gemüsearten unterscheiden sich deutlich in Größe, Form, Oberfläche und Empfindlichkeit.

„Die Anwendung plasmabasierter Verfahren zur Behandlung pflanzlicher Produkte ist grundsätzlich neu. Dies bedeutet, dass wir nicht nur die Behandlungsbedingungen und -parameter festlegen müssen, sondern die Verfahren auch im Hinblick auf den Nachweis der antimikrobiellen Wirksamkeit neu konzipieren müssen“, so Dr. Oliver Schlüter, Koordinator des Forschungsprojekts am Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam. „Unser Ziel ist es, eine automatisierte Hygienisierungslösung auf Basis der Plasmaanwendung zu entwickeln, die pathogene Keime sicher eliminiert und in bestehende Verarbeitungslinien für frische Obst- und Gemüseprodukte integrierbar ist.“

Erste Ergebnisse belegen auch die Wirksamkeit gegen E. coli-Bakterien. Die Temperatur des pflanzlichen Gewebes kann dabei unter 25°C gehalten werden.

Der Erfolg gezielter Hygienisierungsmaßnahmen hängt jedoch u. a. von der jeweiligen Ausgangskeimzahl am Produkt ab. Mit Hilfe von Sensorsystemen wollen die Wissenschaftler daher während des Waschvorgangs den Grad mikrobieller Belastung am Produkt erfassen und diese Daten nutzen, um die Intensität der anschließenden Plasmabehandlung zu steuern - nach dem Prinzip „soviel wie nötig, so wenig wie möglich“.

Eine zentrale Frage der weiteren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wird zudem sein, in welcher Form die pflanzliche Physiologie durch die Plasmakomponenten an der Oberfläche beeinflusst wird.

Im Projekt FriPlas©, das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gefördert und vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) koordiniert wird, arbeiten sechs Partner aus Forschung (ATB, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie INP Greifswald e.V., Technische Universität Berlin Fachgebiet für Lebensmittelbiotechnologie und -prozesstechnik) und Wirtschaft (CZIOTEC GmbH, ELBAU Elektronik Bauelemente GmbH und Rudolf Wild GmbH & Co. KG) zusammen. (atb)
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