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07.05.2007 | 11:33 | Maiskleberfutter 

Import von US-Corngluten ab Ernte 2007 unwahrscheinlich

WARBERG (Dow Jones)--Die Einfuhr von Maiskleberfutter und DDG (Distillers Dried Grain) aus den USA wird weiter zurückgehen und ab der kommenden Ernte in der EU wohl keine Rolle mehr spielen.

Mais
(c) proplanta
Davon geht Dr. Klaus Minol, Genius GmbH, Darmstadt, aus und begründete dies mit dem langatmigen Genehmigungsverfahren über die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen in der EU. 2006 standen auf gut 60% der US-Maisflächen oder rund 18 Mio ha gentechnisch veränderte Pflanzen, Tendenz weiter steigend. Und auch in anderen bedeutenden Erzeugerländern wie Kanada und Argentinien wird auf mehr als 60% GV-Mais angebaut. Bisher waren alle kommerziell angebauten GV-Mais-Sorten aus den bedeutenden Exportländern in der EU zugelassen oder als existierende Produkte registriert, so Minol anlässlich des Futtermittelhandelstages an der Bundeslehranstalt Burg Warberg.

,,Diese Situation hat sich im Frühling 2006 geändert, seit dem in den USA eine neue Variante von GV-Mais angebaut werden darf, die für den Import in die EU noch nicht zugelassen ist." Im Übrigen stehen dort in diesem Jahr weitere zwei neue GV-Maissorten vor dem Anbau, stellte der Experte heraus, wodurch die in der EU zugelassenen Sorten weiter an Bedeutung verlieren werden.

Die Zulassung dauert in der Regel mehrere Jahre, erklärte Minol. Der Antrag des GV-Mais MON863 beispielsweise wurde 2002 gestellt und erst 2006 durch die EU-Kommission positiv beschieden. Für eine Übergangszeit von drei Jahren bis April 2007 gab es für nicht zugelassene aber beantragte GVO einen Schwellenwert von 0,5%, wenn die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Zulassungsverfahren eine positive wissenschaftliche Sicherheitsbewertung für die Sorte abgegeben hatte.

"Diese Ausnahmeregelung gibt es nicht mehr, es gilt eine Nulltoleranz", so Minol, wodurch nun auch zufällige und technisch unvermeidbare Verunreinigungen bei Importfuttermitteln damit tabu sind. "Trotz separater Verarbeitung und Lagerung neuer GV-Maissorten kann es ungewollt zu Vermischungen von in der EU zugelassenem und nicht zugelassenem GV-Mais kommen". Damit sieht der Experte in absehbarer Zeit keine Chance mehr für die Einfuhr von GV-Mais-Nachprodukten aus den USA, wenn sich die Zulassung weiter verzögert.

Neben Maiskleberfutter fällt in den USA künftig zusehends getrocknete Getreideschlempe (DDG) aus der Bioethanolproduktion an. Siegfried Falk, ISTA Mielke GmbH, Hamburg, prognostiziert für 2007/08 einen Maisverbrauch allein zu Bioethanolzwecken in den USA von gut 75 Mio t (2006/07 rund 55 Mio t). Rund ein Drittel davon dürfte überwiegend als DDG zur Verfütterung an den Markt zurückkommen, der größte Anteil aus GV-Mais.

Ähnlich wie bei GV-Maisprodukten könnte sich in Kürze die Situation am Sojamarkt entwickeln. ,,Die nächste Generation von GVO-Sojabohnen wird in zwei Jahren auf den Markt gelangen, die herbizidtoleranten GV-Sojasorten MON 89788 und 356043 von Pioneer", so Minol, mit fatalen Folgen für die Agrarbranche in der EU, denn sollte das Zulassungsprocedere bis dahin nicht verkürzt worden sein, ist mit eklatanten Einschnitten in der europäischen Tierproduktion zu rechnen.

,,Die EU verfügt über keine ausreichenden Substitutionsmöglichkeiten für Sojabohnen und Sojaschrot", führte Minol weiter aus. Alternativen wie Rapsextraktionsschrot und DDG werden die Sojakomponente nicht vollständig ersetzen können. Dazu fehlen die Mengen. Auch andere Eiweißkomponenten wie Erbsen, Bohnen und Lupinen sind und bleiben in nur kleinen Mengen verfügbar. Selbst der Bezug von Nicht-GV-Soja aus Brasilien dürfte zusehends schwieriger werden, weil sich auch dort der Anbau von GV-Soja weiter auf dem Vormarsch befindet. Insgesamt dürfte das Angebot an Eiweißfuttermitteln nach Minols Einschätzung um mehr als 50% sinken, sollte der Sojaimport in die EU durch neue GV-Sorten einbrechen.

Wie angesichts der Nutzungsalternativen von Stärke- und Fettkomponenten Richtung Bioethanol/Biodiesel sowie die Konkurrenz um landwirtschaftliche Nutzflächen mit dem Einzug der Biogasproduktion die Futtermittelration künftig aussieht, wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion erörtert. ,,Wird der Importfuttermittelmarkt regionaler?", fragte Bernhard Dahmen, CropEnergies AG, Mannheim. Die Verfügbarkeit an Eiweißfuttermitteln zumindest in Deutschland wurde dabei als weniger kritisch betrachtet.

Sicherlich sei mittelfristig mit einem engeren Sojaschrotmarkt zu rechnen. So prognostizierte Siegfried Falk einen Rückgang der US-Sojaerzeugung für 2007/08 um bis zu zehn Mio t auf rund 76,50 Mio t aufgrund des wachsenden Maisanbaus. Und auch in der VR China zeichne sich ein ähnlicher Trend ab. Daneben sei in den letzten Jahren auch die Fischmehlproduktion in den fünf wichtigsten Erzeugerländern vor allem wegen Überfischung der Meere um 1,8 Mio t gedrosselt worden. ,,Als Ersatz dafür sind 2,2 Mio t Sojaschrot erforderlich", so Falk weiter, ,,das ist die komplette Ernte Kanadas." Falk sieht trotz derzeit komfortabler Vorräte somit keineswegs Entwarnung am Sojamarkt, weil nicht abzusehen ist, ob die südamerikanischen Sojaerzeuger in der Lage sein werden, diese Lücke zu füllen.

Für Deutschland sehen die Marktkenner die Nachprodukte aus der Biokraftstoffproduktion wie Rapsschrot und DDG in Kombination mit Aminosäuren durchaus als Alternativen für Sojaschrot an. Vielmehr stelle sich die Frage der Energieversorgung. Glyzerin als Beiprodukt der Biodieselproduktion beispielsweise sei lediglich eine Ergänzung, denn zum einen lasse sich der Energiewert in der Futtermittelration gegenwärtig nicht errechnen. Zum anderen werde das Angebot an Glyzerin nicht ausreichen, um einen bedeutenden Anteil des Getreides zu ersetzen. Andere Alternativen aus den 80er Jahren wie z.B. Tapioka werden keine Renaissance erleben, hieß es weiter. Das Angebot ist begrenzt und zudem preislich uninteressant, so die Experten. Insofern bleibe keine andere Wahl, als Getreide mit einem Anteil von gut 40% in der Ration zu belassen. DJG/rr/kko/7.5.2007

Dow Jones Newswires
May 07, 2007 05:19 ET (09:19 GMT)
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