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14.02.2012 | 13:25 | Agrarpolitik Österreich 

Wintertagung 2012: Fachtag Agrarpolitik im Zeichen des Sparpakets

Wien - Das Sparpaket dominierte auch die gestern eröffnete Wintertagung 2012, die unter dem Motto Landwirtschaft zwischen Wertschöpfung und Wertschätzung steht.

Sparpaket
(c) proplanta
Ein Effizienzpaket der Wertschätzung sei das vergangenen Freitag präsentierte Sparpaket, betonte Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. "Jeder Sektor leistet seinen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen, um den Menschen und kommenden Generationen eine Zukunft zu bieten. Frei nach der These: 'Chancen und nicht Schulden vererben'. Wir brauchen einen funktionierenden und leistbaren Agrarsektor. Auch auf europäischer Ebene geht es darum Europa nicht um den Willen der Ratingagenturen zu stabilisieren, sondern ebenso um die künftige Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Dabei darf Österreich seine Rolle als Umweltmusterland nicht verlieren. Das sind wir durch die ökologische Verantwortung späteren Generationen schuldig. Außerdem lösen gesicherte Agrar-Einkommen mehr Investitionen aus, die wirtschaftlich schwierige Zeiten beleben. Zusammenfassend gilt die bäuerlichen Betriebe so für die Zukunft zu rüsten, damit diese weiterhin wertvolle und nachhaltige Lebensmittel zu fairen Preisen produzieren können", betonte der Minister.

"Das Sparpaket ist für uns Bauern schmerzhaft aber tragbar", so Gerhard Wlodkowski, Präsident der LK Österreich. Dennoch könne nicht behauptet werden, dass die Bauern glimpflich davongekommen sind. Das spätere Pensionsantrittsalter und Beitragserhöhungen bei der Sozialversicherung bekommen die heimischen Landwirte massiv zu spüren. Deshalb müsse die Besteuerung der Umwidmungs-Gewinne noch sehr präzise ausgestaltet werden. Fakt ist, dass die Bauern eine große Leistung für das Gemeinwohl leisten, sei es durch Lebensmittelproduktion oder Landschaftspflege, weshalb der Vorwurf Subventionsempfänger absolut haltlos sei. "Keinem anderen Berufsstand sind in der Vergangenheit soviel Anpassungen zugemutet worden als den Bauern. Jede zusätzliche Verschärfung bedeute ein Sterben vor allem der kleineren Betriebe", so Bauerbundpräsident Jakob Auer während einer Podiumsdiskussion.


Neo-Präsident Pernkopf möchte Ökosoziales Forum neu ausrichten

Die Wintertagung 2012 stand heuer erstmals unter der Leitung des neuen Präsidenten des Ökosozialen Forums Stephan Pernkopf. Als Nachfolger von Franz Fischler in dieser Funktion möchte er diese traditionelle Veranstaltung breiter und umfangreicher gestalten. Zwei neue Projekte sollen Reflexionen für die Zukunft bringen. Dabei soll ein junges Team erarbeiten, wie sich die Jugend in Zukunft besser positionieren kann. Außerdem soll das ökosoziale Europa-Radar Österreichs Position im Sinne der ökologischen Ausrichtung abbilden. "Als erster aktiver Politiker in dieser Funktion möchte ich das Ökosoziale Forum von einem Think-Tank zu einem Do-Tank führen. Wir verstehen uns als Wegweiser in einer eher orientierungslosen Zeit. Das Ökosoziale Forum als Umsetzungswerkstatt soll nicht nur arbeiten, sondern auch begeistern", betonte Neo-Präsident Pernkopf.


Wirtschaftsprofessor hinterfragt EU-Agrarsektor

Mit der kritischen Frage "Brauchen wir die EU-Landwirtschaft" eröffnete Johan F. M. Swinnen, Wirtschaftsprofessor der Universität Löwen, Belgien, seinen Vortrag über die Zukunft des europäischen Agrarsektors. Für Swinnen bringt der GAP-Reformvorschlag 2014-2020 zu wenig Veränderung. "Wir brauchen einen deutlichen Richtungswechsel, hin zu mehr Innovationen, sei es nun im institutionellen, ökologischen oder soziologischen Bereich. Außerdem werde die Produktivität der EU bei Agrarprodukten sinken, es sei denn Europa öffne sich für neue Technologien, wie die Gentechnik. Allerdings werden in Zeiten, in denen Konsumenten vermehrt auf die Produktionsweise achten, der Bio-Markt und Ab-Hof-Verkauf an Bedeutung gewinnen. "Die europäische Landwirtschaft hat eine Zukunft, die sich aber in zwei Systeme teilen wird. Neben den großen, kapitalintensiven Betrieben wird eine auf Regionalität konzentrierte kleinstrukturierte Landwirtschaft existieren", erläuterte Swinnen in seinen Schlussfolgerungen.


Sonnleitner: GAP darf bestehende Umweltmaßnahmen nicht aushebeln

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, zeigte sich in seinem Vortrag über die finanzielle Situation Europas besorgt. Schließlich sei damit auch die Finanzausstattung der künftigen GAP betroffen. "Wenn Europa wieder seine finanzielle Stabilität erreicht, sind die Aussichten für das EU-Agrarbudget nicht schlecht", so Sonnleitner. Dennoch kritisierte er - wie auch die heimische Agrarspitze - die Ökologisierungsvorschläge der EU-Kommission. Österreichs und Deutschlands Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz seien EU-weit anerkannt. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos hätte verabsäumt, dies entsprechend zu kommunizieren. Die Folgen seien ein drohendes Bürokratisierungsmonster und die Aushebelung vieler bisher freiwilliger Umweltmaßnahmen. "Die Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche. Allerdings kann der Sektor nur Ökologie und soziale Verantwortung leisten, wenn die Voraussetzungen für künftiges ökonomisches Handeln geschaffen werden, betonte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes.


EU-Parlament gegen Greening

In die gleiche Kerbe stieß auch Paolo de Castro, Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments, der dem Anteil von 7 % ökologischer Vorrangflächen bei den aktuellen Herausforderungen nichts abgewinnen kann. "Die wachsende Bevölkerung fragt in Zukunft mehr und sichere Lebensmittel nach. Um diese produzieren zu können, bedarf es ökonomischer Stabilität, die nur durch eine Kombination aus Wettbewerb und Nachhaltigkeit gesichert werden kann", unterstrich Castro in seinem Vortrag.


Arbeiterkammer ignoriert weiterhin stichhaltige Argumente für die Landwirtschaft

Der Direktor der Arbeiterkammer, Werner Muhm, beharrte auch auf der Wintertagung auf seinen Positionen und schlug ein Besteuerungssystem in der Landwirtschaft nach deutschem Modell vor, wo eine Vollpauschalierung nur bis 20 ha vorgesehen ist. Die Ausweitung der Buchführung rechtfertigte er damit, dass tüchtige Unternehmer im Detail über ihre Kosten Bescheid wissen müssen, um wirtschaftlich produzieren zu können. Diese Ausführungen konnte keiner der heimischen Bauernvertreter nachvollziehen.

"Die Bauern sind Unternehmer, das ist keine Frage. Sie stellen sich einem Wettbewerb mit ständig ändernden Anforderungen", konterte Wlodkowski. "In der Diskussion um das pauschalierte Steuererfassungssystem fehlt es an sachlicher Differenzierung. Hier wird häufig außer Acht gelassen, dass größere Betriebe Buchführung machen und für kleinere Betriebe die Aufhebung der Vollpauschalierung unbürokratisch ist. Ich wehre mich gegen ein desavouieren des Steuersystems. Es geht darum, Bauerneinkommen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu sichern, verteidigt Berlakovich das bäuerliche Besteuerungs-System abschließend. (OTS/aiz.info)
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