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30.07.2014 | 19:17 | Ukraine-Konflikt 

Neue Sanktionen: Russland zeigt sich gelassen

Moskau/Berlin - Russland zeigt sich unbeeindruckt von den verschärften Wirtschaftssanktionen der EU und der USA.

Wirtschaftssanktionen Russland
(c) proplanta
Die Strafmaßnahmen brächten keine Lösung des Konflikts in der Ukraine, der Weg führe in die Sackgasse, sagte Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow am Mittwoch in Brüssel. Auch die Finanzmärkte reagierten gelassen. Der Rubel geriet lediglich zeitweise unter Druck. Die russische Notenbank sicherte von den Sanktionen betroffenen Kreditinstituten Hilfe zu.

Präsident Wladimir Putin reagierte am Mittwoch mit keinem Wort auf die Strafmaßnahmen. Nach der EU hatten am Dienstagabend auch die USA die Sanktionen verschärft. US-Präsident Barack Obama sprach von einer eng koordinierten Aktion. Die Maßnahmen gegen den russischen Finanzsektor sowie gegen die Energie- und Rüstungsbranche hätten jetzt «noch mehr Biss». Zugleich versicherte Obama aber auch: «Dies ist kein Kalter Krieg.»  

Die 28 EU-Regierungen billigten am Mittwoch die zusätzlichen Einreiseverbote und Kontensperrungen, auf die sich die EU-Botschafter am Vortag verständigt hatten. Zu den acht Personen, die mit Einreiseverboten belegt wurden, sollen auch vier enge Vertraute Putins gehören. Die Namen werden erst durch die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU bekanntgegeben.

Mit den Wirtschaftssanktionen wird Russland an empfindlichen Stellen getroffen, etwa durch einen erschwerter Zugang zu EU-Finanzmärkten, ein Verbot künftiger Rüstungslieferungen sowie ein Exportverbot für bestimmte Hochtechnologiegüter an das russische Militär.

Russland verfügte am Mittwoch seinerseits einen Importstopp für Obst und Gemüse aus Polen. Die Einfuhr fast aller Sorten an Früchten sei vom 1. August an wegen Verstößen gegen die Lebensmittelsicherheit verboten, teilte die Agraraufsicht mit. Polens Agrarminister Marek Sawicki erklärte, die Bauern seien das «erste Opfer der EU-Wirtschaftsbeschränkungen gegen Russland». Warschau gilt als wichtiger Partner der Regierung in Kiew.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erwartet rasche Effekte der EU-Sanktionen. «Ich denke, sie werden sehr schnell Wirkung zeigen», sagte Gabriel in Berlin. «Denn die russische Ökonomie ist in keiner guten Verfassung.» Zudem wollten die Oligarchen keine Einschränkungen. «Wir wissen, dass wir auch selber wirtschaftlich darunter leiden können», sagte Gabriel. Bei Fragen von Krieg und Frieden dürfe es aber nicht um Wirtschaftspolitik gehen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dringt darauf, den Gesprächsfaden mit Moskau trotzdem nicht abreißen zu lassen. «Sanktionen alleine sind noch keine Politik», erklärte er in Berlin. Ein für diese Woche geplantes Treffen zwischen der internationalen Kontaktgruppe und Vertretern der Ostukraine in der weißrussischen Hauptstadt Minsk müsse Schritte zu einer Waffenruhe vereinbaren.

Der Sprecher der deutsch-russischen Außenhandelskammer in Moskau hält die finanzpolitischen Sanktionen für besonders schmerzhaft. Russlands große Staatsbanken finanzierten sich bisher vor allem über den US-amerikanischen oder den europäischen Kapitalmarkt, sagte Jens Böhlmann im «Deutschlandradio Kultur». Auf deutscher Seite rechnet er mit Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau.

In der krisengeschüttelten Ostukraine ist kein Ende der erbitterten Kämpfe zwischen Regierungseinheiten und Separatisten in Sicht. Innerhalb von 24 Stunden seien mindestens 19 Zivilisten im Raum Donezk getötet worden, teilten die örtlichen Behörden mit. Zudem seien bei der Explosion einer Mine zwei Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Kinder mussten mit Verwundungen in eine Klinik gebracht werden. Die Armee und die prorussischen Aufständische gaben sich gegenseitig die Schuld an den Opfern.

Der vom Westen mit Sanktionen belegte tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow wies demonstrativ humanitäre Hilfe von 7,5 Millionen US-Dollar (5,59 Mio. Euro) für das Kriegsgebiet Ostukraine an. Das Geld sei für die medizinische Versorgung der Bevölkerung, teilte Kadyrow mit. Unterstützt würden die von Separatisten beherrschten, selbsternannten «Volksrepubliken Donezk und Lugansk».

Die Absturzstelle des Fluges MH17 in der Ostukraine ist weiterhin für niederländische Experten und internationale Beobachter unerreichbar. Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) mussten am Mittwoch nach Donezk zurückkehren, wie Korrespondenten des niederländischen Fernsehens mitteilten. Die Gruppe sei rund 20 Kilometer hinter Donezk von prorussischen Rebellen wegen der Kämpfe in dem Gebiet am Weiterfahren gehindert worden.

Russland warf der Ukraine wegen der andauernden Gefechte nahe der Absturzstelle eine grobe Verletzung einer UN-Resolution vor. Die Regierung in Kiew stoppe die Offensive der Armee in der Region nicht und verhindere damit den von den Vereinten Nationen geforderten Zugang von Ermittlern zum Wrack, sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Die Führung in Kiew erklärte dagegen, die Separatisten hätten die Region um die Absturzstelle vermint, zudem würden die Aufständischen mit schwerer Artillerie schießen.
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