Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.12.2011 | 14:31 | Jahres-Wetterrückblick 2011 

Wetter in der Schweiz im Jahr 2011

Zürich - Mit einem Temperaturüberschuss von 2.0 Grad zeichnet sich für das Jahr 2011 die höchste Jahresdurchschnitts-Temperatur seit Messbeginn 1864 ab.

Wetterrückblick 2011
Landesweit war es deutlich zu trocken und es herrschten extrem sonnige Verhältnisse, wie aus den Messungen der MeteoSchweiz hervorgeht. Die ersten vier Monate zeigten sich ungewöhnlich mild und extrem niederschlagsarm. Der Frühling 2011 war der wärmste in der rund 150jährigen Messreihe. Das Tessin verzeichnete erstmals Hitzetage bereits im April. Nach einem wechselhaften Sommer mit deutlich zu kühlen Julitemperaturen folgte der zweitwärmste Herbst seit Messbeginn. Rekord-Trockenheit im Norden und Rekordwärme in den Bergen brachte der November. Große Schneemengen fielen in Berglagen im September und im Oktober, dann aber erst wieder Mitte Dezember, als es auch erstmals Schnee bis ins Flachland gab.


Ungewöhnlich milder Jahresbeginn

Nach einem winterlich kalten und vor allem im Mittelland schneereichen Dezember beherrschten ab Jahresbeginn 2011 milde Luftmassen das Witterungsgeschehen. In der ersten Januarhälfte stiegen die Temperaturen im Mittelland auf frühlingshafte 17 Grad, in den Föhngebieten sogar bis auf 18 Grad. Unter Hochdruckeinfluss bewegte sich Mitte Januar die Nullgradgrenze in einer Höhe von über 3500 m. Auf dem Jungfraujoch wurde dabei ein Temperatur-Höchstwert von +0.7 Grad erreicht. Höhere Januartemperaturen gab es hier nur am 6. Januar 1999 mit 3.3 Grad und am 28. Januar 2008 mit 1.3 Grad. Die Messreihe der Maximum Temperaturen vom Jungfraujoch ist seit 1959 homogen verfügbar.

Auf den milden Januar folgte ein noch milderer Februar. War der Dezember noch 1.5 Grad kälter als im Mittel 1961-1990, zeigten sich der Januar 1 Grad und der Februar knapp 2 Grad zu warm. Über den ganzen Winter gemittelt ergab sich schließlich ein geringer Überschuss von 0.4 Grad. In den Niederungen zeigte sich der Winter verbreitet 0.5 bis 1.0 Grad zu warm. In Gipfellagen wurden dank des kalten Dezembers normale oder zum Teil auch leicht unternormale Wintertemperaturen verzeichnet.


Ausgeprägter Schneemangel in den Bergen

Am Alpennordhang und besonders in den inneren Alpen waren bereits die Dezemberniederschläge unterdurchschnittlich. Die fortgesetzt warme Witterung und die nur spärlichen Niederschläge in den Monaten Januar und Februar verschärften die Schneearmut. In geringeren Höhenlagen lag von Mitte Januar bis in die zweite Hälfte des Februars vielerorts wenig oder kein Schnee. In Adelboden auf 1.300 m ü.M. waren es nur gerade zwischen 10 und 15 cm, und selbst in Arosa auf 1.840 m nur um 50 cm. Im langjährigen Durchschnitt liegt hier zu dieser Zeit eine doppelt so mächtige Schneedecke. Eine leichte Entspannung dank Neuschneefällen gab es regional erst an der Wende vom Februar zum März. Im Wallis hingegen aperten exponierte Lagen bis auf rund 1.500 m ü.M. bereits Ende Februar aus.


Rekordwärme im Frühling

Die ungewöhnliche Wärme erreichte im Frühling ihren Höhepunkt. Im März lagen die Tageshöchstwerte im Norden in den Niederungen wieder zwischen 15 und 19 Grad, in den Föhngebieten und im Süden sogar bei 20 Grad. Im Norden wurde die Wärme von weit überdurchschnittlich viel Sonnenschein begleitet. In der ersten Aprilhälfte brachte dann eine subtropische Luftmasse den Sommer in die Schweiz. Am 7. April 2011 stiegen die Temperaturen recht verbreitet auf oder über die Sommermarke von 25 Grad. Dabei war es nicht nur im Flachland, sondern auch in höheren Lagen seit Messbeginn noch nie so früh im Jahr so warm.

Auf der Alpennordseite war Basel mit dem Tagesmaximum von 26.0 Grad der Spitzenreiter. Der bisherige Maximalwert vom 4. April 1985 erreichte hier 25.2 Grad. Die Messstation Davos auf 1.590 m ü.M. lieferte am 7. April 2011 einen Höchstwert von 19.0 Grad, was hier seit Messbeginn 1876 noch nie so früh im Jahr vorkam. Der nächst tiefere Wert von 18.0 Grad stammt vom 29. März 1890. Und als weitere Steigerung brachte der April die frühesten Hitzetage in der Schweiz seit Messbeginn. Bereits am 8. April wurde im Tessin die Hitzemarke von 30 Grad überschritten. Am 9. April erreichte die Hitze in Lugano 31.6 Grad und in Locarno-Monti 31.8 Grad. Hitzetage im April, und dazu noch in der ersten Monatshälfte, sind selbst im milden Tessin eine neue Erscheinung. Auch an den Tessiner Bergstationen wurden neue Rekorde verzeichnet. Die am 9. April 2011 auf der Cimetta (1672 m ü.M.) registrierten 20.8 Grad sind 5 Grad mehr als am 24. April 2007, dem bislang höchsten im April gemessenen Maximum.

Insgesamt erlebte die Schweiz den zweitwärmsten April seit Messbeginn 1864. Der Wärmeüberschuss erreichte im gesamtschweizerischen Mittel 4.6 Grad. Nochmals deutlich wärmer war der Rekord-April 2007 mit einem Überschuss von 5.7 Grad. Auf den zweitwärmsten April folgte der drittwärmste Mai. Die anhaltende ungewöhnliche Wärme führte schließlich zum wärmsten Frühling in der Schweiz seit Messbeginn 1864. Selbst die bisher alles überragende Wärme des Frühlings 2007 wurde nochmals überboten. Die beiden Rekordhalter 2007 und 2011 liegen rund 1 Grad über den bisher höchsten Frühlingswerten, womit sie sich deutlich vom bisherigen Frühlings-Temperaturgeschehen abheben.


Die große Trockenheit

Die oft hochdruckbestimmte und damit niederschlagsarme Witterung seit Jahresbeginn mündete in eine ausgeprägte Trockenheit. Im Oberengadin war es bis Mitte April der trockenste, in der Region Engelberg der dritttrockenste Jahresbeginn seit Messbeginn 1864. Bereitete der fehlende Niederschlag in den ersten beiden Monaten vor allem den Skiorten Sorgen, wurde er im Frühling zum Problem für die Landwirtschaft. Gemittelt über die Niederungen der Nordschweiz brachte der Frühling 2011 nicht einmal die Hälfte der normalen Niederschlagsmengen. Damit belegt er bezüglich Trockenheit Rang drei in der rund 150jährigen Messreihe. Ähnlich trocken war hier letztmals der Frühling 1976. Der trockenste Frühling der Nordschweiz datiert aus dem Jahr 1893 mit weniger als 40 Prozent der normalen Niederschlagsmengen. Im Tessin und im Wallis fiel 2011 zwar auch nur rund die Hälfte der normalen Frühlingsniederschläge, was jedoch in diesen beiden Regionen nicht speziell außergewöhnlich ist. Als Folge der über Monate andauernden trockenen Witterung herrschte ab Anfang Mai über längere Zeit in der ganzen Schweiz akute Waldbrandgefahr.


Bergwinter zum Sommerbeginn

Genau auf den klimatologischen Sommerbeginn am 1. Juni meldete sich in den höheren Alpenregionen der Winter zurück. In Verbindung mit den ergiebigen Niederschlägen in den westlichen Alpen und in der Innerschweiz sank die Schneefallgrenze lokal bis auf mittlere Lagen hinunter. In Adelboden (1320 m ü.M.) wurden am Morgen des 1. Juni 11 cm Neuschnee gemessen, in Mürren (1650 m) sogar 18 cm. In höheren Lagen waren es örtlich über 30 cm. Der erste Sommermonat brachte im weiteren Verlauf wechselhafte Witterung. Zwei aktive Gewitterfronten, welche am 22. und am 27./28. Juni über die Alpennordseite hinweg zogen, brachten regional intensive Niederschläge. Dabei wurden am 22. Juni im Flachland erstmals seit Jahresbeginn Windgeschwindigkeiten um 100 km/h registriert. In den anderen Monaten lagen die maximalen Windspitzen zwischen 50 und 70 km/h. Die ruhige Windsituation in der ersten Jahreshälfte 2011 zeigt sich auch in Hochgebirgslagen. Auf dem Jungfraujoch in 3580 m Höhe überschritt die Windgeschwindigkeit nur gerade an drei Tagen die Marke von 100 km/h, und das Maximum erreichte einen für diese Höhenlage verhältnismäßig tiefen Wert von 116 km/h.


Sommerunwetter

Der Kaltfrontdurchzug vom 27./28. Juni löste sehr intensive und von Gewittern durchsetzte Niederschläge aus, welche vor allem in der Zentralschweiz Probleme mit Überschwemmungen verursachten. Innert 24 Stunden sind am Alpennordhang vom Berner Oberland über die Zentralschweiz bis zum Alpstein verbreitet 30 bis 60 mm Regen gefallen. Aufgrund des gewittrigen Niederschlagscharakters wurden aber lokale Maxima im Bereich von 80 bis 120 mm aufgezeichnet. Bemerkenswert sind vor allem die Niederschlagsintensitäten. Lokal sind die Regensummen in einem Zeitraum von wenigen Stunden gefallen. An der Station Siebnen/SZ wurde eine Tagessumme von 127 mm und damit die größte Tagessumme seit Messbeginn vor 50 Jahren verzeichnet.

Nur 10 Tage später wurde praktisch dieselbe Region von einem schweren Hagelschlag heimgesucht. Am 7. Juli zog ein massives Hagelunwetter von den Freiburger Voralpen über Bern und das Napfgebiet hinweg zum Zugerland, über den mittleren und oberen Zürichsee hinweg und schließlich unter Abschwächung weiter über den Alpstein. Am heftigsten wütete der Hagel in der Region vom Zugerland bis zum Zürichsee. Ein zweiter, schwächerer Hagelzug erstreckte sich am gleichen Tag spätabends vom Hallwilersee über das untere Limmatund Aaretal hinweg zum Klettgau. Während im Norden insbesondere Hagelschlag und Sturmböen auftraten, war auf der Alpensüdseite am 7. Juli der starke Regen das markantere Phänomen. Kräftige Gewitterzellen zogen wiederholt über Teile des Mittel- und Südtessins und lösten Überschwemmungen und Murgänge aus.

Am 10. Juli verursachten heftige Gewitter vor allem in der Ostschweiz massive Überschwemmungen. Neben vielen Gebäuden erlitten auch Bahn und Straßen Schäden durch die wilden Wassermassen. Schließlich entluden sich in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli schwere Gewitter mit Starkniederschlag, Hagel und Sturmböen über der Schweiz. Am schwersten betroffen war der Kanton Aargau. Doch auch in den Kantonen Bern, Basel-Landschaft, Solothurn, Zürich und Luzern hinterließen die Gewitter erhebliche Schäden. Nach den Gewittern folgte am 13. Juli eine Kaltfront mit erneuten Starkregen. Im Tessin gingen Tagessummen von 50 bis 70 mm nieder, wobei z.B. an der Messstation Locarno-Monti 42 mm in einer Stunde oder 17 mm innerhalb 10 Minuten fielen. Ein solches Ereignis ist hier etwa alle 5 Jahre zu erwarten.


Hochsommer erst in der zweiten Augusthälfte

Wie wenn sich die Natur um einen Ausgleich des extrem trockenen und warmen Frühlings bemüht hätte, zeigten sich die ersten beiden Sommermonate mit ihrer ausgeprägten Niederschlagsaktivität insgesamt nass und der Monat Juli war der kühlste seit dem Jahr 2000. Die regnerische Witterung hielt auch in der ersten Augusthälfte an. Erst in der zweiten Augusthälfte gewann der langersehnte Hochsommer die Oberhand.

Vom 19. bis 26. August lieferte ein beständiges Hoch mit subtropischen Luftmassen viel Sonne und große Hitze. Die Temperaturen stiegen verbreitet über die 30-Grad-Marke. Am 22. August erlebte die Schweiz den heißesten Tag des Jahres. Die Höchstwerte lagen verbreitet bei oder über 33 Grad. Die größte Hitze registrierte die Station Sion mit 36.8 Grad. Für diesen Messstandort der MeteoSchweiz bedeutete dies einen neuen Hitzerekord für die zweite Augusthälfte.

Die hochsommerliche Hitzewelle endete abrupt am 26. August. Während die Temperaturen am Nachmittag mit Föhnunterstützung im Osten nochmals zwischen 32 und knapp 34 Grad erreichten, fegten am Abend polare Luftmassen mit Böen von 60 bis 80 km/h über die Alpennordseite hinweg, wobei die Temperaturen in wenigen Stunden um 10 bis 17 Grad abstürzten. Am Tag danach ereichten die Tagesmaxima im Mittelland nur noch 16 bis 19 Grad.
zurück
Seite:12
weiter
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Wärmster März seit Wetteraufzeichnungen

 13. milder Winter in Folge - Februar bricht Rekord

  Kommentierte Artikel

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?