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29.03.2009 | 10:19 | Naturschutzprojekte 

Hirsch, Haselmaus und Co. freuen sich über "Holsteiner Lebensraumkorridore"

Bonn - Mobilität ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit:

Holsteiner Lebensraumkorridore
(c) Andy Rhodes - fotolia.com
230.000 Kilometer umfasst das Straßennetz in Deutschland und wächst. Kilometerlange Schutzzäune sollen Wildunfälle vermeiden. Für Hirsch, Haselmaus & Co. sind es vielerorts unüberwindbare Hindernisse - es wird eng: Lebensräume schrumpfen und werden zusehends isoliert. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Deutsche Jagdschutz-Verband (DJV), die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten und der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr geben heute, 27. März, im Erlebniswald Trappenkamp, Kreis Segeberg, den Startschuss für die Vorstudie zum Vorhaben “Holsteiner Lebensraumkorridore”.

Mit diesem Naturschutzprojekt, das vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wird, wollen die Projektpartner gemeinsam mit regionalen Akteuren Freiräume für Tiere und Pflanzen schaffen und vernetzen. Das Vorhaben im Kreis Segeberg ist ein bedeutendes Leuchtturmprojekt zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt der Bundesregierung.

Große Wälder, Heideflächen, ein dichtes Knicknetz - die Region zwischen Bad Segeberg und Bad Bramstedt ist mit wertvollen Lebensräumen reich gesegnet. Gleichzeitig ist sie ein zentraler Verkehrsknotenpunkt im Land. Autobahnen und Bundesstraßen trennen Naturräume und stellen für Tiere und Pflanzen oft unüberwindbare Barrieren dar. “Die Drehscheibe für die landesweite Vernetzung von Lebensräumen liegt hier im Kreis Segeberg”, weiß Marita Böttcher vom Bundesamt für Naturschutz. “Aber nicht nur die Verbindung von Freiräumen ist wichtig, denn ob sie von heimischen Arten angenommen werden, liegt vor allem an ihrer Qualität.” Das Bundesamt hat gemeinsam mit dem Deutschen Jagdschutz-Verband bereits 2004 eine bundesweite Karte “Lebensraumkorridore für Mensch und Natur” erarbeitet.

“Mit den Holsteiner Lebensraumkorridoren gehen wir erstmalig in die praktische Umsetzung und Erprobung dieses Konzepts”, freut sich Dr. Klaus-Hinnerk Baasch, Mitglied des DJV-Präsidiums und Präsident des Landsjagdverbandes Schleswig-Holstein. “Die Jägerschaft hat Anzeichen für Inzucht beim Schleswig-Holsteinischen Rotwild festgestellt. Eine mögliche Ursache hierfür ist die Verinselung der Lebensräume.”

Zur Vermeidung dieser Inzuchten sei es erforderlich, dass Rotwild aber auch andere Wildtiere, bei der Partnersuche ungehindert die Landschaft durchwandern könnten, betonte Dr. Baasch. Intakte Naturgebiete, wie sie um die Grünbrücke über die A21 bei Kiebitzholm vorhanden sind, wollen die Projektpartner besser vernetzen und Flächen aufwerten. Die entstehenden “Wanderwege” sollen großen wie kleinen Tieren ermöglichen, wieder größere Entfernungen zu überwinden. Das ist entscheidend für den genetischen Austausch innerhalb einer Art und wichtig für den Erhalt der Biologischen Vielfalt.

“Schon bei der Planung der A 21 war der Bau der Grünbrücke für uns nur ein Teilaspekt”, berichtet Heike Nadolny vom Landebetrieb für Straßenbau und Verkehr. “Flankierend haben wir bereits Amphibiengewässer angelegt, Flächen aufgeforstet und Knicks gepflanzt.” Sie geben Haselmaus, Hirsch und Co. zwar schon jetzt mehr Bewegungsfreiheit, an einer großräumigen Vernetzung bestehender Naturräume fehlt es aber noch.

“Innerhalb eines Jahres wollen wir mit der Vorstudie zu einem Hilfsprogramm kommen, das dann ab 2010 angepackt werden kann”, erklärt Dr. Walter Hemmerling, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutz, und ergänzt: “Gemeinsam mit allen Interessengruppen der Region werden wir Ideen mit bundesweiter Signalwirkung entwickeln.” Auftakt bildet ein Workshop, der heute Nachmittag stattfindet. Beteiligt sind zahlreiche Akteure - vom Wildpark über die Landfrauen bis hin zur Universität Kiel.

Dass darin auch eine Chance für die Menschen der Region besteht, Natur erlebbarer zu machen, ist sich Anne Benett-Sturies, Dezernatsleiterin Schleswig-Holsteinische Landesforsten sicher: “Wir beteiligen uns mit unserer Kompetenz und den Flächen der Landesforsten gern an diesem Projekt. Unserer Wälder sind seit jeher Lebensraum für heimische Tieren und Pflanzen, genauso wichtig ist aber ihre Funktion als Erholungs- und Wirtschaftsraum für uns Menschen.”

“Die Osterauniederung, das kreiseigene Hasenmoor, das Kiebitzholmer Moor, das Tensfelder Moor und letztlich auch die renaturierten Damsdorfer Kiesgruben sind bedeutsame ökologische Trittsteine zum Aufbau eines Lebensraumkorridors im Kreisgebiet”, so die Landrätin des Kreises Segeberg, Jutta Hartwieg. (DJV)
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