Das betonen Umweltexperten in einem gemeinsamen Memorandum "Ökonomie für den Naturschutz". Naturschutzmaßnahmen wie beispielsweise der Moorschutz sind eine kostengünstige Formen des Klimaschutzes. Werden Leistungen erbracht, die
Artenvielfalt, Ökosysteme und nachhaltige Nutzung von Lebensgrundlagen schützen, sollten diese aufgrund ihrer hohen gesellschaftlichen Bedeutung auch ökonomisch belohnt werden, so die Unterzeichner des Memorandums.
Die Errichtung von Schutzgebieten und das Planungsrecht, die bisherigen Hauptinstrumente des Naturschutzes, reichen laut Ansicht der Wissenschaftler nicht mehr aus. "Diese Maßnahmen schränken die Aktivitäten der lokalen Akteure vor Ort oft ein und bedeuten für sie einen finanziellen Mehraufwand, der jedoch der gesamten Gesellschaft zugute kommt", betont Irene Ring, stellvertretende Leiterin des Departement Ökonomie am Helmholz-Zentrum für Umweltforschung gegenüber pressetext. Ähnliche ortsgebundene Einschränkungen seien auch weiter wichtig, bräuchten jedoch dringend Ergänzungen. "Leistungen für Naturschutz wie etwa eine ökologische Wirtschaftsweise müssen auch finanziell honoriert werden", so die Expertin.
Als Beispiel für die Umsetzung solcher Maßnahmen nennen die Autoren die Landwirtschaft. Bauern, die Umwelt- und Naturschutzleistungen erbringen, sollten dafür honoriert werden, wenn sie auch tatsächlich Erfolge nachweisen können. "Das Vorgehen dabei sollte sich mehr am Ziel als an der Maßnahme orientieren. Man gibt also bestimmten Regionen Ziele vor und lässt ihnen offen, wie sie diese erreichen. Denn das Wissen dafür und die Möglichkeiten vor Ort sind oft viel weitreichender als dies zentrale Planung abschätzen kann", erklärt Ring. Notwendig seien dafür allerdings Monitoring-Systeme, die nach einer anfänglichen Erhebung des Ist-Zustandes die Entwicklung über die Zeit mitverfolgen und das Erreichen von Zielen überprüfen. "In der Schweiz ist man in Sachen Monitoring bereits weiter fortgeschritten", so die Naturschutz-Expertin. Der gesamte primäre Wirtschaftssektor sollte laut Memorandum eingebunden werden, darüber hinaus jedoch auch Industrie, Gewerbe und ebenso kommunale Strukturen. Für letztere könnten Schutzgebietsflächen oder besondere ökologische Leistungen über den Finanzausgleich honoriert werden.
Die Finanzierung solcher Maßnahmen könne einerseits analog zu den derzeit anlaufenden Mechanismen der Emissionszertifikate beim
Klimaschutz erfolgen. "Wer sich naturschädliches Verhalten wie etwa die Verschmutzung des Abwassers leistet, zahlt dafür. Dieses Geld kann für Förderungen eingesetzt werden", verdeutlicht die Wissenschaftlerin. Darüber hinaus komme man jedoch nicht umhin, langfristig mehr gesellschaftliche Ressourcen in Richtung Naturschutz umzulagern. "Ökologische Fragestellungen sind erst seit wenigen Jahrzehnten relevant und müssen noch durch zahlreiche gesellschaftliche Prozesse gehen, ehe sie in der Weise umgesetzt sind wie andere Fragen, die uns schon seit Jahrhunderten beschäftigen."
Dass Naturschutz eine besonders billige Form des Klimaschutzes darstellen kann, hat die Universität Greifswald in einem Projekt zur Wiedervernässung von Niedermooren bewiesen. "In trockengelegten, degradierten Mooren mineralisiert Torf und stößt dabei bis zu 30 Tonnen Kohlendioxid (
CO2) pro Jahr und Hektar aus. Wir konnten zeigen, dass man Niedermoore wiedervernässen und gleichzeitig Schwarzerlen anbauen kann, aus denen furnierfähiges Holz produziert wird. Dabei wird der CO2-Ausstoß theoretisch bis auf Null verringert und im günstigsten Fall die Senkenfunktion wieder aktiviert", berichtet Projektkoordinator Achim Schäfer im pressetext-Interview.
Wenngleich diese Form der Wertholzproduktion nicht ganz kostendeckend geschehe, müsste man die entstehenden Kosten dem Klimaschutz anrechnen. "Die trockengelegten Moore allein in Deutschland emittieren pro Jahr über 30 Mio. Tonnen CO2. Die Vermeidungskosten von Moorschutz-Maßnahmen wären hier um ein Vielfaches geringer als etwa bei den meisten regenerativen Energieträgern. Klimaschutz sollte dort beginnen, wo er am billigsten ist", so der Greifswalder Wissenschaftler. (pte)