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06.09.2014 | 15:28 | Zukunftsszenario 

Supermarkt der Zukunft

Berlin - Bücher und Mode kaufen viele längst im Internet. Bei Milch und Gemüse sind sie zögerlich. Der Supermarkt hat Zukunft, meinen Experten. Doch dafür muss er sich ändern.

Supermarkt der Zukunft?
(c) proplanta
Anfangs brauchten die Kunden eine Bedienungsanleitung. «Sie fühlten sich wie Diebe, wenn sie die Ware aus dem Regal nahmen», erzählt Einkaufsexperte Stephan Becker-Sonnenschein.

Man gab es ihnen schriftlich: Zucker, Marmelade, Milch einfach einpacken und zur Kasse schieben. Das war vor 65 Jahren, als am 5. September 1949 in Hamburg Deutschlands erster Selbstbedienungs-Supermarkt öffnete. Drehtüren, Einkaufswagen, eine ungekannte Auswahl - und das schleichende Ende der Tante-Emma-Läden.

Jetzt sieht sich der Lebensmittelhandel wieder vor einer Zäsur. «Mit der digitalen Technologie kommt ein Wandel in Servicequalität und Bequemlichkeit», sagt Becker-Sonnenschein, der Geschäftsführer des Vereins Lebensmittelwirtschaft, voraus. Zwar glauben Experten kaum, dass der Onlineeinkaufs-Boom von Büchern und Mode auf Gemüse und Milch überschwappt. Doch Supermärkte müssen sich verändern.

Wenn wahr wird, was sich Gerrit Kahl vom Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken vorstellt, wäre eine Bedienungsanleitung auch diesmal keine schlechte Idee: Er hat einen intelligenten Einkaufswagen entwickelt, mit einem online von zu Hause gefüllten Einkaufszettel und Navigationssystem, das den Weg zur Ware kennt. Ein Einkaufswagen, der dem Kunden folgt wie ein Hund.

«Wir brauchen mehr Spaß im Supermarkt», sagt der junge Informatiker - und meint damit auch Weißwein, der sich mit französischem Akzent selbst vorstellt, wenn er aus dem Regal genommen wird: «Ich bin ein Chardonnay.» Doch es geht nicht nur um Spielerei: Ein mit Allergie-Informationen gefüttertes Handy könnte den Kunden vor Müsli mit Nüssen warnen, der Einkaufswagen den Warenwert zusammenrechnen.

Noch, so gibt Kahl zu, sind das Visionen. Doch Supermärkte reagieren längst auf neue Ansprüche ihrer Kundschaft. Franz-Martin Rausch, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands des Lebensmittelhandels, nennt Kassen zum Selbsteinscannen, Kochkurse und die Sushi-Bar neben der Fischtheke. Obwohl die Deutschen tendenziell weniger Zeit zum Einkaufen hätten, sei es für den Einkauf im Internet aber zu früh: «Die Verzahnung mit der digitalen Welt ist erst am Anfang.»

Konsumforscher Joachim Zentes vom Institut für Handel der Universität des Saarlands, sagt dem Online-Lebensmittelhandel bis 2025 einen Marktanteil von sechs Prozent voraus. «Homöopathische Dimension» sagt er dazu.

Wachstumschancen gibt Zentes vor allem Supermärkten, die Nischen besetzen: veganen Ketten, überdachten Wochenmärkten, Markthallen, die ein Gefühl von Regionalität und Frische vermitteln.

«Der Verbraucher sucht einen Bezug zum Produkt und seiner Herkunft», sagt er. Zwar seien Kunden in kaum einem Land so preisgetrieben wie in Deutschland, doch Qualität und Gesundheit würden wichtiger.

Das, so könnte man meinen, passt kaum zum anonymen Einkauf im Internet. Doch hier widerspricht Max Thinius vom Online-Supermarkt allyouneed: Gerade bei Spezialprodukten sei das Internet mit seinem unendlichen Sortiment unschlagbar. Ein Klick und der Kunde sehe einen glutenfreien Supermarkt auf dem Bildschirm. Oder bio, oder laktosefrei, oder alle 50 Seifen eines bestimmten Herstellers.

«Wir werden den Supermarkt nicht überflüssig machen», zeigt sich Thinius realistisch. Doch gerade ältere Kunden hätten im Internet schon begeisterte Bewertungen hinterlassen. Nach dem Motto «Online einkaufen = Omma glücklich». (dpa)
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