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06.11.2007 | 14:25 | Pflanzenwaffen 

Giftpflanzen schützen sich vor eigenem Gift

Bochum - Ein deutsch-dänisches Forscherteam hat entdeckt, wie sich Giftpflanzen vor ihren eigenen Waffen schützen.

Giftpflanzen
(c) proplanta
Der Pflanzenphysiologe Markus Piotrowski von der Ruhr Universität Bochum hat gemeinsam mit Birger L. Möller von der Royal Veterinary and Agricultural University (KVL) in Kopenhagen herausgefunden, dass giftige cyanogene Glykoside so abgebaut werden können, dass dabei keine giftige Produkte entstehen. Der in diesen Stoffen gespeicherte und für die Pflanzen wichtige Stickstoff wird dabei in Form von Ammonium wieder zurück gewonnen. Das Enzym Nitrilase spielt bei diesem Prozess die Hauptrolle, berichten die Forscher in der jüngsten Ausgabe des US-Wissenschaftsmagazins Proceedings of the National Academy of Sciences PNAS.

"Da Pflanzen festgewachsen sind, können sie sich Fraßfeinden nicht nur Flucht entziehen, sondern müssen auf chemische Waffen zurückgreifen", so Piotrowski gegenüber pressetext. "Dabei haben die Pflanzen sehr viele verschiedene Substanzen zu bieten. Bisher sind mehr als 200.000 solcher Strukturen bekannt. Wir haben eine davon genauer angesehen und entdeckt, wie sich die Pflanze selbst gegen das Gift schützt", erklärt der Forscher. Viele Giftstoffe der Pflanzen werden als ungiftige Vorstufen gelagert, und erst dann wenn die Pflanze verletzt wird, freigesetzt. "Das gilt auch für die cyanogenen Glykoside, die als Zuckerverbindungen in separaten Kammern innerhalb der Pflanzenzellen gelagert werden." Wenn Zellen verletzt werden, wird der Zucker abgespalten und es entstehen unstabile Hydroxynitrile, aus denen das starke Atmungsgift Blausäure freigesetzt wird.

"Solche cyanogenen Glykoside findet man beispielsweise in großen Mengen in Bittermandeln und im Maniok, der vor allem in Afrika als Nahrungsmittel dient, sowie in jungen Hirsepflanzen", erklärt der Forscher. Höhere Pflanzen produzieren ständig geringe Mengen Blausäure als Abfallprodukt ihres eigenen Stoffwechsels. Die Blausäure wird von der Pflanze zuerst an die Aminosäure Cystein gekoppelt, wobei die immer noch giftige Aminosäure Beta-Cyanoalanin entsteht. Erst durch das Enzym Nitrilase wird diese in die von der Pflanze verwertbaren Aminosäuren umgesetzt. "Dieser Weg war uns bereits bekannt. Wir stießen aber auf Probleme, als wir die Nitrilasen von Gräsern untersuchten", so Piotrowski. "So waren die Nitrilasen von Gerste, Reis, Mais und Hirse in unseren Tests inaktiv, obwohl wir wussten, dass auch diese Pflanzen Cyanoalanin umsetzen können." Hier gelang es den Forschern das Rätsel zu lösen: Alle diese Gräser besitzen zwei Nitrilasen. Diese beiden müssen einen Heterokomplex bilden, also miteinander interagieren, um aktiv zu werden.

In der Hirse machten die Wissenschaftler allerdings noch eine weitere neue Entdeckung: Sie fanden eine dritte Nitrilase, die im Heterokomplex auch noch andere Stoffe umsetzen kann. Junge Hirse-Pflanzen enthalten in hohen Mengen das cyanogene Glykosid Dhurrin. Wird die Pflanze von einem Insekt angefressen, wird daraus Blausäure freigesetzt. Wenn die Pflanzen aber älter werden, bauen sie das Dhurrin selber ab - und zwar nicht auf die gleiche Weise wie bei einer Verwundung, sondern mit Hilfe der dritten Nitrilase. "Offensichtlich brauchen die älteren Hirsepflanzen das Dhurrin nicht mehr so notwendig, um sich gegen Fraßfeinde zu schützen. Da in diesem Glykosid aber wertvoller Stickstoff enthalten ist, den die Pflanze für ihren Stoffwechsel braucht, wird dieser als Ammonium zurück gewonnen, ohne dass vorher Blausäure freigesetzt werden muss", erklärt der Forscher. (pte)
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