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23.02.2011 | 12:43 | Tönnies-Prozess 

Tönnies-Prozess: Verteidigung kritisiert Ermittler

Essen - Mit scharfen Attacken gegen die Ermittlungsbehörden hat am Dienstag vor dem Essener Landgericht der Prozess gegen Europas größten Schweinefleischvermarkter Clemens Tönnies (54) begonnen.

Schweinefleischvermarktung
(c) towermedia - fotolia.com
Tönnies-Verteidiger Sven Thomas beantragte, das Verfahren einzustellen, weil das Grundrecht auf einen fairen Prozess verletzt worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe einseitig ermittelt und schließlich «völlig den Boden des Rechts verloren», sagte er. Tönnies und zwölf Angestellten seiner Firmengruppe wird vorgeworfen, Millionen Packungen gemischtes Hackfleisch verkauft zu haben, deren Rindfleischanteil geringer war als angegeben.

Die Ermittlungen hatten 2006 begonnen, nachdem eine anonyme Anzeige gegen Tönnies bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg eingegangen war. Wie sich später herausstellte, war der Anonymus ein ehemaliger leitender Angestellter von Tönnies. Der Mann hatte das Unternehmen verlassen, weil er selbst rund 700.000 Euro veruntreut haben soll. Tönnies-Verteidiger Sven Thomas ist davon überzeugt, dass sich die Oldenburger Staatsanwaltschaft von diesem Zeugen «vor einen Karren spannen» ließ, um gegen seinen Mandanten ermitteln zu können. Im Gegenzug soll das Untreue-Verfahren gegen den Mann per Strafbefehl erledigt worden sein.

Ein Oldenburger Staatsanwalt habe dem Kronzeugen bei der Erstellung seiner anonymen Anzeige geholfen. Das sei ein Rechtsverstoß sonder gleichen, sagte Verteidiger Thomas: «So etwas hat es in einem deutschen Strafverfahren noch nicht gegeben.» Darüber hinaus habe der Oldenburger Ermittler seine Kompetenzen überschritten, indem er auf einen bloßen Hinweis in der anonymen Anzeige hin dafür gesorgt habe, dass der Fall nicht bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Bielefeld, sondern in Bochum landete. Der Vertreter der Anklage, der Bochumer Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel, wies die Kritik zurück.

Hinsichtlich des verbliebenen Anklagevorwurfs der Falsch-Etikettierung von Lebensmitteln beantragte Rechtsanwalt Thomas, das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Im Sinne der europäischen Richtlinien sei das Hackfleisch völlig korrekt etikettiert worden. Eine Eröffnung des Verfahrens wegen Betruges hatte das Gericht abgelehnt. Bisher sind 40 Verhandlungstage bis September 2011 angesetzt.
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