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14.07.2009 | 10:27 | Solarstrom-Projekt 

Wüstenstrom soll in wenigen Jahren fließen

München - Das geplante weltgrößte Solarstrom-Projekt in der afrikanischen Wüste soll schon in wenigen Jahren Energie liefern.

Wüstenstrom
(c) proplanta
Das betonten die an der Wüstenstrom-Initiative Desertec beteiligten Unternehmen am Montag in München. «Wir reden über eine zügige Umsetzung», sagte der zuständige Münchener Rück-Vorstand Torsten Jeworrek.

In den nächsten drei Jahren soll sich zunächst eine Planungsgesellschaft mit Fragen der Finanzierung, der technischen Machbarkeit und den politischen Weichenstellungen beschäftigen. Danach wollen die Unternehmen, darunter Siemens, E.ON, RWE, MAN oder Schott, aber schnell erste Anlagen in Angriff nehmen. «Wenn es klappt, wird mit dem Bau der ersten Kraftwerke 2015 begonnen.»

Ziel der Initiative ist es, in den Wüstenregionen Nordafrikas sowie des Nahen und Mittleren Ostens bis 2050 rund 15 Prozent des europäischen Strombedarfs in solarthermischen Kraftwerken zu produzieren. Die Energie soll über Gleichstrom-Hochspannungsnetze nach Europa transportiert werden. Wichtig sei in den kommenden Jahren aber ein klarer Fokus aller Beteiligten, sagte Jeworrek. «Wir werden uns auf die Fragen der Erzeugung und des Transports von Strom konzentrieren, uns aber nicht an der Debatte über den richtigen Energiemix beteiligen. Unser Projekt ist schwierig genug.»

Die Kosten des Gesamtprojekts seien mit rund 400 Milliarden Euro über die gesamte Projektlaufzeit natürlich immens, aber vertretbar, sagte Jeworrek. «Die Investitionskosten werden hoch sein, dann aber doch weniger als 1.000 Euro pro Einwohner Europas ausmachen.» Staatsminister Günter Gloser (SPD) stellte klar, dass Deutschland und die Europäische Union nur Hilfestellung bei den Rahmenbedingungen und der Anschubfinanzierung geben könnten. «Der Staat oder die EU können nicht all diese Finanzen aufbringen. Der wesentliche Anteil muss von privaten Unternehmen organisiert werden.»

Unklar ist noch, wo genau Anlagen gebaut werden sollen. Die Initiative wolle aber alle Staaten der Region einbinden, sagte Jeworrek. Außerdem werde es eine Vielzahl kleinerer Anlagen geben, die miteinander vernetzt werden sollen. Hilfswerke forderten, von dem Wüstenstromprojekt dürfe nicht nur Europa profitieren. Auch afrikanische Länder müssten etwas davon haben, hieß es von der Welthungerhilfe und dem katholischen Hilfswerk Misereor.

Die Erzeugerländer sollen in jedem Fall einen erheblichen Teil ihres Strombedarfs aus den neuen Kraftwerken decken können, betonen die beteiligten Unternehmen. Mit dem Strom ließen sich zum Beispiel Anlagen zur Entsalzung von Meerwasser betreiben, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der Desertec Foundation, Gerhard Knies.
Bereits zuvor hatte er Befürchtungen zurückgewiesen, Europa würde sich mit dem Projekt von problematischen Staaten abhängig machen. «Bei der Öl- und Gasversorgung sind wir schon jetzt sowohl von Libyen und Algerien sehr abhängig - und das klappt hervorragend», sagte er dem Radiosender «MDR INFO» am Montag. Mit Jordanien, Ägypten, Tunesien oder Marokko stünden weitere recht stabile und zuverlässige Länder als mögliche Partner bereit.

Ziel der Initiatoren ist es, in der Wüste Strom zu marktfähigen Preisen herzustellen. Derzeit koste die Kilowattstunde Solarstrom rund 18 bis 19 Cent, sagte Frank-Detlef Drake von RWE. «Es besteht die Chance, auf weniger als 10 Cent zu kommen.» Damit läge der Wüstenstrom im Rahmen der derzeitigen Großhandelspreise. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace lobte am Montag die Signalwirkung des Projekts. «Die Energiekonzerne, Finanzinstitute und Anlagenbauer können die Nutzung von Wüstenstrom zu einem weltweiten Vorbild machen», sagte ein Greenpeace-Sprecher.

Der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer (SPD), Präsident von Eurosolar und Vorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien, äußerte sich aber skeptisch und bezeichnete die Pläne als «Fata Morgana». Die erwarteten Kosten des Projekts Desertec würden künstlich heruntergerechnet, sagte Scheer. Zudem sei die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien innerhalb der Europäischen Union nicht teurer und in absehbarer Zeit zu bewerkstelligen. (dpa)
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