Aus meteorologischer Sicht lässt sich dazu rein gar keine Aussage treffen. «Rufen Sie noch mal so um den 17. Dezember an», empfiehlt Andreas Friedrich, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes. «Vorher können wir absolut nix sagen.» Zwar erstellt auch der Wetterdienst langfristige Jahreszeitprognosen, aber das hilft kein bisschen weiter, wenn man wissen will, ob es an einem ganz bestimmten Tag zu wintertypischem Niederschlag in Form von atmosphärisch gebildeten Eiskristallen - umgangssprachlich: Schnee - kommen wird. Nach der Prognose des Wetterdienstes wird der Gesamtwinter 2012/2013 übrigens «normal».
Statistisch gesehen gibt es in den Niederungen alle zehn Jahre eine Weiße Weihnacht. Die letzte war 2010, da war nahezu ganz Deutschland überpudert. Demnach wäre die nächste Weiße Weihnacht im Jahr 2020. Das klingt nach Science Fiction.
Früher, sagen viele ältere Leute, früher gab es noch richtige Winter und regelmäßig Weiße Weihnacht. Das allerdings widerlegen die Daten des Deutschen Wetterdienstes aus den letzten hundert Jahren. Die «richtigen Winter», in denen man angeblich wochenlang eislaufen konnte und die Regierung Verhandlungen über die Einfuhr von Schneeräumern aus dem Ausland aufnahm - die beruhen weitgehend auf Selbsttäuschung.
«Unsere Erinnerung bildet Vergangenes nicht etwa ab wie eine Videoaufzeichnung, sondern arbeitet konstruktiv», erläutert der Psychologie-Professor Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin. «Das Markante, das Besondere wird überbetont. Erinnerungen vom Winter rufen wir vor allem so ab, dass wir uns besonders ausgeprägte, markante Beispiele früherer strenger Winter vergegenwärtigen.» Man erinnert sich an den Jahrhundertwinter von 1962/63, also vor genau 50 Jahren, als sogar der Rhein streckenweise zufror - aber nicht an das ganze Schmuddelwetter davor und danach.
Für richtige Winter mit Schneegarantie muss man viel weiter zurückgehen, in die Zeit vor 1850: Da war es in Europa im Durchschnitt zwei Grad kälter als heute, und es muss nahezu jedes Jahr Weiße Weihnacht gegeben haben, auch in den Niederungen. Aber ob sich die Leute auch daran erfreuten, das weiß man nicht. Schnee und Eis gingen mit einer Erstarrung des vorindustriellen Wirtschaftslebens einher. Eine Weiße Weihnacht stand somit für Verdienstausfall - und Armut.
Heute geht die klimatische Entwicklung bekanntlich in eine andere Richtung. «Wenn die Klimaprojektionen recht behalten und wir bis 2100 eine Erwärmung von zwei Grad plus x kriegen, dann wird man das irgendwann merken», prophezeit Wetterdienst-Sprecher Friedrich. Dann könnte man wahrscheinlich nur noch alle 15 bis 20 Jahre mit Weißer Weihnacht rechnen.
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