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09.12.2010 | 09:38 | Verbraucherschutz 
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Foodwatch: Wie Gutfried & Co. Schweinefleisch als Geflügelwurst verkaufen

Berlin - Außen Geflügel, innen Schwein: Viele Wurstfabrikanten deklarieren ihre Produkte als Geflügelware, mischen jedoch oft einen Großteil Schweinefleisch bei.

Würste
(c) proplanta

Verbrauchertäuschung betreibt zum Beispiel der "Geflügelwurst-Spezialist Nummer Eins" (Gutfried über Gutfried), wie die Verbraucherorganisation foodwatch gestern auf der Internetplattform abgespeist.de öffentlich machte: In einer Wurst von Gutfried ist der Anteil von Schweinefleisch fast ebenso groß wie der von Putenfleisch. Während der Hersteller das Produkt jedoch groß auf der Vorderseite als "Puten Cervelatwurst" bewirbt, werden die Kunden nur im Kleingedruckten auf der Rückseite auf den Anteil Schweinefleisch hingewiesen.

"Ein Schwein im Federkleid einer Pute - das ist irreführend und ärgerlich nicht nur für diejenigen, die aus religiösen Gründen Schweinefleisch meiden und sich auf die Produktbezeichnung verlassen", erklärte Anne Markwardt, Leiterin der foodwatch-Kampagne gegen Etikettenschwindel. Auf der Internetseite abgespeist.de können sich Verbraucher mit Protest-E-Mails direkt bei den Herstellern von Mogelprodukten beschweren.

Fettarmes Geflügelfleisch ist bei den Verbrauchern beliebt, der Absatz in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Ohne das fettreichere Schweinefleisch wären viele Wurstwaren wenig schmackhaft und nicht schnittfest. "In der Werbung deklarieren die Hersteller das Schweinefleisch so klein wie möglich, weil es offenbar nicht verkaufsfördernd ist", so Anne Markwardt von foodwatch. In nicht einmal 2-Millimeter-großer Schrift verweist Gutfried erst in der Zutatenliste auf der Rückseite auf den Anteil Schweinefleisch - während das Geflügelfleisch mehrfach bereits auf der Vorderseite und in bis zu fünffacher Schriftgröße ausgelobt wird.

Auf Anfrage von foodwatch erklärte Hersteller Gutfried, dass er eine "doppelte" Kenntlichmachung des Schweinefleischs nicht für "erforderlich" halte. Anne Markwardt: "Das ist eine scheinheilige Rechtfertigung, wenn sich Gutfried nicht zu schade ist, die kaum größere Menge Geflügel doppelt und dreifach und gleich auf der Vorderseite auszuloben. Die Lebensmittelindustrie erwartet vom Verbraucher detektivischen Einsatz um herauszufinden, was in ihren Produkten tatsächlich drin steckt - das ist das Gegenteil von Transparenz und Kundenorientierung. Das Gerede vom mündigen Verbraucher entlarvt sich von selbst, wenn die Unternehmen ihre Kunden mit solchen Kennzeichnungen verhöhnen." 100 Gramm der Gutfried-Cervelatwurst werden aus 64 Gramm Puten- und 58 Gramm Schweinefleisch hergestellt (Gewichtsverlust durch die Räucherung).

Auch andere Hersteller verkaufen Produkte mit Schweinefleischanteil als Geflügelwurst:

  • Die "Ja! Geflügel-Mortadella" von Rewe besteht nach Herstellerangaben auf Nachfrage aus etwa 15 Prozent Schweinespeck. In der Zutatenliste ist der Anteil mengenmäßig nicht einmal angegeben.
  • Die "Böklunder Premium GeflügelWürstchen" enthalten zwar "nur" 5 Prozent "Speck" - dass überhaupt Schweinefleisch drin ist, ist jedoch auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen.
  • In der "WeightWatchers Premium Puten Salami" steckt wie beim Gutfried-Produkt fast so viel Schweine- wie Putenfleisch.

Der Handelskonzern Lidl hat nach einer Anfrage von foodwatch dagegen angekündigt, sein Produkt "Dulano Delikatess Geflügel-Leberwurst" umzubenennen und künftig verständlich als "Leberwurst fein mit Geflügel- und Schweinefleisch" zu verkaufen. (foodwatch)

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Kommentare 
Würstchen schrieb am 10.12.2010 13:06 Uhrzustimmen(58) widersprechen(83)
Zum Glück werden solche Täuschungsmanöver aufgedeckt. Wer kauft schon gerne die Katze im Sack!
Agrarstudent schrieb am 10.12.2010 12:34 Uhrzustimmen(58) widersprechen(46)
Bei aller Skepsis Foodwatch gegenüber. In diesem Fall ist die Kritik berechtigt. Wenn in einer Geflügelwurst Schweinefleisch ist, dann muss das zumindest bei den Zutaten stehen.
Oskar schrieb am 10.12.2010 08:19 Uhrzustimmen(75) widersprechen(62)
Proplanta veröffentlicht einfach alles was sie an Pressemitteilungen reinbekommen. Leider unkommentiert...
Bruddler schrieb am 09.12.2010 09:53 Uhrzustimmen(57) widersprechen(59)
Macht sich Proplanta jetzt zum Sprachrohr von den Spendenjägern von Foodwatch, die mit endlosen Nörgeleien nerven, die meist an den Haaren herbeigezogen sind? Von Proplanta als qualifiziertes Agrarportal erwarte ich eigentlich mehr Sachverstand...
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