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13.11.2015 | 07:55 | Weinhandel weltweit 

China fragt vermehrt Wein aus Südafrika nach

Franschhoek / Malmesbury - Herr Suie nippt an einem Glas Wein. Dann hält er es kritisch ins Licht. «Die Farbe könnte etwas intensiver sein», meint der chinesische Exporteur. Seine Kollegen nicken eifrig. Trotzdem macht Suie auf seinem Notizzettel ein kleines Häkchen.

Südafrikanischer Wein
Seit der schweren Finanzkrise 2008 sind Südafrikas Weinexporte nach Europa geschrumpft. Winzer suchen neue Absatzmärkte - und richten ihre Augen auf China. Dort wird südafrikanischer Rebsaft immer mehr zum Trend. (c) proplanta
Suie leitet in der südafrikanischen Wirtschaftsmetropole Johannesburg die Condere Group, eine Import-Export Firma, die sich auf die Ausfuhr südafrikanischer Weine nach China spezialisiert hat. «Wir mögen die Geschmacksnoten. Und das Preis-Leistungsverhältnis stimmt», sagt der drahtige Unternehmer.

Heute macht Suie auf dem Gut Swartland Wineries in der Nähe von Malmesbury im Westkap eine Weinprobe. Vor allem interessieren ihn die Rotweine: Cabernet Sauvignon, Shiraz, Merlot und die landeseigene Rebsorte Pinotage. Wenn die Weißweine an der Reihe sind, winkt Suie ab. Die verkaufen sich in China kaum, sagt er.

Der Vertriebsleiter von Swartland Wineries, Pieter Terblanche, kann das bestätigen. Das Weingut investiert seit 2011 massiv in den chinesischen Markt und gehört zu Südafrikas größten Weinexporteuren nach Asien. Fast ein Viertel des jährlichen Verkaufsvolumens von Swartland Wineries geht nach China, sagt Terblanche. Auch in anderen wachsenden Absatzmärkten wie Korea, Japan, Thailand, Singapur und Hong Kong hat das Weingut bereits einen Fuß in der Tür.

Swartland Wineries bedient den asiatischen Markt mit speziell entwickelten Weinsorten, Etiketten und Verpackungen. «Die Chinesen lieben Glanz und Bling», erklärt Terblanche und zeigt auf ein Regal, auf dem sich Flaschen mit goldenen, leuchtend roten und blauen Verschlüssen reihen. Das Etikett müsse teuer aussehen und idealer Weise ein Tiersymbol haben. Alles was ein «Afrika-Gefühl» vermittle komme gut an, sagt er. Am Häufigsten werde nach einem Löwen, dem chinesischen Symbol für Schutz und Stärke, gefragt. Daher hat Swartland Wineries die Sorten «Lions Hill» und «Serengeti» allein für den asiatischen Markt herausgebracht. Auch ein echter Korken sei den Chinesen wichtig. «Drehverschluss geht gar nicht», meint Terblanche.

Der Aufwand lohnt sich: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind südafrikanische Weinexporte nach China nach Angaben des Branchenverbands Wines of South Africa (WOSA) um beeindruckende 68 Prozent gestiegen. «Das Verkaufspotenzial ist gigantisch», sagt WOSA Geschäftsführerin Siobhan Thompson. «Wir rechnen bis zum Jahresende sogar mit einer Wachstumssteigerung von 100 Prozent.»

Dennoch bleibt Europa fürs Erste der wichtigste Absatzmarkt für südafrikanische Winzer. Im vergangenen Jahr exportierte der Kap-Staat laut WOSA 75 Prozent seines Weins (422 Millionen Liter) nach Europa, vor allem nach England, Deutschland und Schweden. Im Vergleich wurden nur neun Millionen Liter nach China geschifft. Das habe mit der ausgeprägten Weinkultur in Europa sowie den aus der Kolonialzeit stammenden engen Verbindungen zu Südafrika zu tun, erklärt Thompson. Allerdings hätten Ausfuhren nach Europa seit Beginn der Finanzkrise 2008 stark nachgelassen. «Mittlerweile hat sich der Markt stabilisiert, doch das Wachstumspotenzial geht gegen Null», sagt Thompson.

Das von majestätischen Bergen umrahmte Weingut La Motte in Franschhoek, dem Zentrum des südafrikanischen Weinanbaus, schifft mittlerweile fast 3,5 Millionen Flaschen pro Jahr nach China. Den Großteil davon verkauft das Gut unter der Marke «Le Hugenot Vinyards», die Geschäftsführer Hein Koegelenberg gemeinsam mit einem chinesischen Geschäftspartner entwickelte. Das sei ein Drittel seines Weingeschäfts. Den Rest verkaufe er zu gleichen Teilen in Europa und Südafrika, sagt Koegelenberg.

«Die Rechnung ist einfach. Rund 1,3 Milliarden Einwohner in China, plus ein steigender Trend des Weinkonsums (...) da kann man nicht falsch liegen», erklärt der Geschäftsführer. «Auch der Online-Handel in China steigt.» Im etablierten europäischen Markt gebe es dagegen kaum Expansionsmöglichkeiten. Die Gewinnspannen seien mit jedem Jahr niedriger.

Ebenso wie Swartland Wineries bietet La Motte spezielle Produktpaletten für den chinesischen Markt an. Die Flaschen erhalten Etiketten auf Mandarin, sagt Koegelenberg und zückt seine Visitenkarte. Selbst auf der sind chinesische Schriftzeichen gedruckt. «Wir schauen sehr genau darauf, was sich in China absetzen lässt», erklärt er. Schwere, in Holzfässern gereifte Weine, die sich gut mit aromatischen, scharfen Speisen paaren ließen, seien am Beliebtesten. Säurehaltige Weine wie Sauvignon Blanc liefen hingegen schlecht.

In der Vergangenheit kauften chinesische Geschäftsleute teuren Wein vor allem als Firmengeschenke und Prestigeobjekte. Doch die neue Mittelklasse Chinas habe echtes Interesse daran, mehr über die Weinkultur zu lernen, meint Charl Coetzee, Kellermeister des in der Nähe von Franschhoek gelegenen Babylonstoren, einem der moderneren Weingüter der Region.

Vor allem seitdem der als vergleichsweise fortschrittlich geltende chinesische Präsident Xi Jinping im Jahr 2012 an die Macht kam, habe sich das Konsumverhalten der Bürger gewandelt. «Jetzt sieht man junge Leute in Bars und Restaurants Wein statt Bier oder Spirituosen trinken. Das gab es vor ein paar Jahren nicht», sagt Coetzee. Selbst Weißweine wie Chenin Blanc und Riesling seien zunehmend zu Fischgerichten beliebt.

Zwar werde Europa bis auf Weiteres der wichtigste Exportmarkt bleiben. Doch innerhalb von drei oder vier Generationen, wenn sich in China eine weitläufige Weinkultur etabliert habe, könne sich das durchaus ändern, meint Koegelenberg.

Der andere Pluspunkt: Immer mehr Chinesen reisen außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Im vergangenen Jahr machten 107 Millionen Chinesen nach Angaben der nationalen Tourismusbehörde im Ausland Urlaub - fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Einkaufen stehe ganz oben auf der Reiseagenda. In 2014 gaben chinesische Touristen rund 150 Milliarden Euro außerhalb Chinas aus, so die Behörde.

Südafrikas Weingüter sind auf diesen Trend vorbereitet. Für die stetig wachsende Zahl chinesischer Besucher hat Babylonstoren seine Wegweiser auch auf Mandarin beschriftet. Die Website des Unternehmens bietet Mandarin als Sprachoption an. Auch La Motte heißt chinesische Touristen mit offenen Armen willkommen, vor allem weil diese oft Wein in großem Volumen kauften, wenn ihnen eine Sorte gefalle, sagt Koegelenberg. «Neulich hat eine 45-köpfige Gruppe nach einer kurzen Weinprobe Flaschen im Wert von 100.000 Euro bestellt», erzählt er. Das sei natürlich der Traum eines jeden Winzers.
dpa
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