Das ungewöhnliche Wetter mit einem milden Winter, heißen April und kühlen Sommer habe die Beeren so schnell reifen lassen wie im Super-Sommer 2003, berichtete der Präsident des Verbandes Deutscher Prädikatseingüter, Steffen Christmann, am Montag in Wiesbaden. Im Gegensatz zu 2003 hätten Reben und Beeren aber nie Trockenstress oder extreme Hitze verkraften müssen. Das komme dem Geschmack der Beeren zugute. «Insofern sind wir im Moment ganz optimistisch», sagte Christmann. Allerdings sollte es in den kommenden Tagen und Wochen nicht allzu viel Regen geben.
In einigen Anbaugebieten hat bereits für frühe Sorten die Lese begonnen. «Wir sind fünf Tage eher dran als 2003», sagte der Geschäftsführer der Bergsträßer
Winzer eG, Otto Guthier, am Montag der dpa. Am Montag hätten zwei Winzer begonnen, ihre Frühburgunder-Trauben zu ernten. Einer der Frühburgunder hatte ein Mostgewicht von 105 Grad Oechsle. Am Dienstag wollen zwei Dutzend Winzer mit der Lese von Müller-Thurgau beginnen. Auch die Winzer in Südhessen hoffen auf gute Qualität: «Alle guten Jahrgänge begannen mit einer frühen Lese», sagte Guthier.
Im Rheingau, wo die späte Sorte
Riesling dominiert, rechnen die Winzer für Mitte September mit dem Beginn der Lese. Nach der äußerst frühen Blüte hätten die Reben den Vorsprung in der Entwicklung gehalten, erklärte der Präsident des Rheingauer Weinbauverbands, Klaus-Peter Keßler. «Insbesondere dem Riesling sind die nicht so heißen Sommertemperaturen der vergangenen Wochen gut bekommen.» Trotz der
Wetterkapriolen «könnte der Weinjahrgang 2007 ein ganz großer werden». Auch in Baden hat nach VDP-Angaben die Lese begonnen. In Rheinhessen und der Pfalz dürfte sie Anfang oder Mitte nächster Woche losgehen.
Der
VDP hatte für Montag und Dienstag rund 100 nationale und internationale Weinexperten zu einer «Vorpremiere» des Jahrgangs 2006 nach Wiesbaden eingeladen. Rund ein Drittel der Fachhändler und Journalisten sei aus dem Ausland gekommen, berichtete Christmann. Das Interesse gerade aus dem Ausland an dieser Weinprobe wertete er als Bestätigung für den strikten Qualitätskurs des Verbandes. Vor zehn oder 15 Jahren hätte es das nicht gegeben. VDP-Mitglieder müssen unter anderem ihre Weinberge klassifizieren lassen, wenn sie die höchste Qualitätsstufe «großes Gewächs» anbieten wollen, und die jungen Weine drei Mal verkosten lassen.
Das Angebot dieser Weine werde nur etwa halb so groß wie beim Jahrgang 2005, berichtete Christmann. Der Jahrgang sei schwierig gewesen, ohne strikte Qualitätskontrolle der Beeren schon im Weinberg sei kein «großes Gewächs» möglich. Er rechnet auch wegen der geringen Menge mit Preissteigerungen um zehn Prozent für die Spitzenweine, was die Mindererträge aber nicht ausgleichen werde. Mit Preisen zwischen 20 und 50 Euro pro Flasche seien die deutschen Winzer zudem noch weit weg von den Preisen für ausländische Spitzenweine, die 150 bis 300 Euro erreichen.
Im Landesteil Württemberg beginnt heute offiziell die Weinlese. Es sei der früheste Erntebeginn seit 60 Jahren, teilte der Württembergische
Genossenschaftsverband (geno) mit. Der ehemalige Fernseh-Kommissar und bekennende Trollinger-Liebhaber Dietz-Werner Steck («Bienzle») wird in einem Weinberg bei Kleingartach nahe Eppingen (Kreis Heilbronn) zu Schere und Eimer greifen. In Baden war der Startschuss für die Lese bereits vor 14 Tagen gefallen. (dpa)