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18.11.2008 | 09:20 | EU-Klimaschutz  

Merkel will im Kampf gegen den Klimawandel nicht lockerlassen

Berlin - Mitten in der Weltfinanzkrise rumort es seit einigen Wochen hinter den Kulissen in Sachen EU-Klimaschutz.

Angela Merkel
(c) proplanta
Zunächst hatte es Auseinandersetzungen zwischen Europaparlamentariern sowie Mahnungen aus der Wirtschaft vor übergroßen Belastungen auch im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise gegeben. Jetzt wagen sich auch führende Unionspolitiker wie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und Chemie-Gewerkschaftsboss Hubertus Schmoldt aus der Deckung. Die EU-Staats- und Regierungschefs sollten ihren Beschluss über das Klimaschutzpaket auf Anfang 2009 verschieben, forderten sie jetzt.

Im Zentrum des Streits geht es neben den umstrittenen Hilfen für die Autoindustrie um den dicken Brocken der von 2013 an vorgesehenen Vollversteigerung von Kohlendioxid-Zertifikaten in der Industrie: Wer kann neben den besonders energieintensiv arbeitenden Branchen wie Stahl und Aluminium sonst noch ausgenommen werden? Oder werden auf der anderen Seite nur noch die Strom produzierenden Kohle- und Gas- Kraftwerke zur Kasse gebeten? Schmoldt wittert Nachteile auch für die Bereiche Energie und Chemie - und für die dortigen Arbeitsplätze. Das erklärt den Einsatz.

Wulff begründet die Verschiebung so: «Der Zertifikatehandel darf nicht Frankreich begünstigen und Deutschland bestrafen.» Unter der am Jahresende auslaufenden französischen EU-Präsidentschaft fürchtet er, dass die Deutschen über den Tisch gezogen werden. Da setzt Wulff schon eher auf Tschechien, das Anfang 2009 den Ratsvorsitz in der EU übernimmt. Dabei bremsen gerade die stark auf Kohle gestützten Osteuropa-Staaten wie Polen beim Emissionshandel. Sie fordern Ausgleichszahlungen.

Der Vorsitzende des Rates für Nachhaltigkeit und frühere Bundesforschungsminister Volker Hauff (SPD) hält die Argumentation von Wulff für «Stammtisch-Niveau». «Das würde uns 10 Jahre zurückwerfen», so der Umwelt- und Zukunftsberater der Regierung am Montag auf der Jahrestagung seiner Organisation in Berlin. Der Versuch, den Kampf gegen den Klimawandel und die Finanzkrise gegeneinander auszuspielen, sei wie in den 70er Jahren der lange Zeit erfolgreiche Versuch, Wirtschaft und Umwelt gegeneinander in Stellung zu bringen. Im übrigen setze ein immer größer werdender Kreis von Unternehmen schon von sich aus moderne Technologien ein.

Auf der Ratstagung erschien die Bundeskanzlerin als Festrednerin - gerade zurück von der Weltfinanzbühne in Washington und kurz vor ihrem Kriseneinsatz diesmal für Opel mit 27 500 Jobs. «Nachhaltige Strategie heißt immer, vieldimensional zu denken und zu handeln», sagte Angela Merkel (SPD) unter lautem Applaus. «Und daher wird es darauf ankommen, die Fragen der Wirtschaftsentwicklung, der Arbeitsplätze, der sozialen Sicherheit mit den Fragen der ökologischen Zukunftsgestaltung zusammenzubringen.» Die Kanzlerin hat sich in diesem Moment für Hauff - nicht für Wulff - entschieden.

«Die Finanzmarktkrise ist ein klassisches Beispiel für nicht nachhaltiges Handeln», betonte Merkel. Erst dieser Tage hatte sie die immer riskanteren Anlagen und die zunehmende Umlauf-Geschwindigkeit zweifelhafter Finanzmarkt-Papiere als Ursache der Finanzmarktkrise herausgestellt. Hauff erwartet, dass die geplanten Weltfinanzregeln auch die Fristen unter die Lupe nehmen: Anlagen von zwei Jahren dürften nicht mit Hochzinsversprechungen verknüpft werden, heißt es beim Rat. Die Nichteinhaltung der Regeln soll laut Merkel zu Sanktionen führen - sofern die führenden Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien mitmachen. (dpa)
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