Bauern aus dem Elsass protestieren an der Grenze zu Deutschland, Lastwagen mit Agrarprodukten lassen sie nicht durch. Sie demonstrieren gegen sinkende Preise. Viele sehen sich vor der Pleite. (c) proplanta
Mit etwa 50 Traktoren sperrten die Landwirte an der Europabrücke in Kehl eine Spur. Sie wollten dort deutsche Lastwagen kontrollieren und gegebenenfalls zurückschicken. Den Autoverkehr hielten die Bauern nicht auf.
Der Sender France Bleu Alsace berichtete von bis zu 300 betroffenen Lastwagen. Die deutsche Polizei erklärte, am Grenzübergang bei Iffezheim seien Lastwagen zurückgeschickt worden oder hätten warten müssen. Es habe sich ein Rückstau von einem Kilometer Länge gebildet. Am Grenzübergang bei Kehl laufe der Verkehr normal, hieß es.
Die französischen Bauern protestieren mit ihrer Aktion seit Sonntagabend an sechs verschiedenen Standorten gegen von ihnen empfundene Wettbewerbsverzerrungen. Die Landwirte beklagen, etwa durch den Einsatz von Erntehelfern aus Osteuropa seien die Arbeitskosten in Deutschland niedriger als in Frankreich. Französischen Bauern würden mehr Regelungen zu Umweltschutz und Bürokratie auferlegt als ihren Konkurrenten.
Nach Angaben des Chefs der regionalen Bauerngewerkschaften, Franck Sander, sollten bis zu 1.500 Landwirte abwechselnd an den Blockaden teilnehmen. Viehzüchter protestieren bereits seit Tagen gegen niedrige Fleisch- und Milch-Preise in Frankreich. Eine 600 Millionen Euro umfassende Nothilfe der Regierung in Paris führte zunächst nicht zur Entspannung. Auch am Montag kam es wieder zu Autobahnblockaden.
Die Bauern kommen nach eigenen Angaben bei den Marktpreisen nicht auf ihre Kosten. Nach Angaben dxes französischen Landwirtschaftsministeriums sind 20.000 Viehzüchter im Land von der Pleite bedroht. Frankreichs Präsident François Hollande bekräftigte am Montag, sich für die Landwirte einsetzen zu wollen.
Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte, wurde für den 7. September eine Sondersitzung der EU-Agrarminister anberaumt. Ressortchef Christian Schmidt (CSU) habe das Treffen gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Stéphane Le Foll initiiert. Der Markt werde zudem besonders bei Milch- und Schweinefleisch genau beobachtet, hieß es aus Berlin.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbands (BDV), Joachim Rukwied, sieht keine Unterschiede zwischen den Ländern. «Wir haben ähnliche Wettbewerbsbedingungen», sagte Rukwied. Französische und deutsche Bauern sollten gemeinsam gegen den wachsenden Preisdruck im Einzelhandel marschieren.
«Die französischen und deutschen Bauern haben dieselben Probleme», sagte BDV-Vize Udo Hemmerling dem Sender N24, Erzeugerpreise seien stark gesunken. Als Grund nannte er die gute Marktversorgung in der EU, das Russland-Embargo, schwächelnde Konjunktur in Asien und die Einkaufs- und Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels.
Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sprach in einer Mitteilung von «deutschem Lohndumping». Die Bauern protestierten «gegen die gnadenlose Ausbeutung von Beschäftigten in der deutschen Landwirtschaft und der deutschen Fleischindustrie».
Grünen-Politiker Friedrich Ostendorff forderte einen deutsch-französischen Agrargipfel. «Die Lage ist auf beiden Seiten der Grenze dramatisch», sagte der Bundestagsabgeordnete der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Bauern dürften nicht weiter gnadenlos produzieren, «die Märkte sind übervoll».