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11.04.2024 | 10:22 | Zukunft der Landwirtschaft 
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Entlastung der Landwirte in Sicht?

Berlin - Nach wochenlangen bundesweiten Bauernprotesten kommt Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag mit der Regierungskommission zur Zukunft der Landwirtschaft zusammen.

Zukunft der Landwirtschaft
Die großen Trecker-Demos gegen Subventionskürzungen sind vorerst vorbei. Um den Bauern entgegenzukommen, hat die Koalition aber Erleichterungen versprochen. Kommen die nun in Gang? (c) proplanta
Bei dem Gespräch (11.30 Uhr) soll es nach Ärger wegen der Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen um mögliche andere Entlastungen für die Branche gehen. Die Regierungskoalition hat unter anderem Erleichterungen bei bürokratischen Auflagen und bei Steuerregelungen in Aussicht gestellt, die noch vor dem Sommer umgesetzt werden sollen.

Größere Runden im Kanzleramt kommen sonst eher zusammen, wenn es zum Beispiel um die Autoindustrie geht. Nun lädt Scholz die noch von seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) eingesetzte Zukunftskommission Landwirtschaft zum Austausch ein. Dabei ist sie keine Interessenvertretung der Wirtschaft. Ihr gehören vielmehr Vertreter von Bauern und Ernährungsbranche, Natur-, Tier- und Verbraucherschützern, Handel und Wissenschaft an. Das breit besetzte Gremium brachte 2021 eine Art Agrarfrieden zustande - mit Empfehlungen für einen großen Umbau des Ernährungssystems als «gesamtgesellschaftliche Aufgabe».

Die Ampel-Koalition versucht die Landwirte seit Wochen zu besänftigen, nachdem sie mit einem abrupt verkündeten Aus für langjährige Steuervergünstigungen beim Diesel zum Jahreswechsel helle Empörung in vielen Dörfern ausgelöst hatte. Die veränderten Pläne, die eine Abschaffung in Schritten vorsehen, sind nun beschlossene Sache. Die Koalition bis hinauf zum Bundeskanzler hat den Bauern als Ausgleich Entlastungen an anderer Stelle zugesichert. Konkrete Schritte für die Umsetzung stehen teils noch aus. Ein Überblick über den Katalog: 

- Flächen: Eine gelockerte EU-Umweltauflage setzt Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) um. Demnach entfällt für die Höfe 2024 die Vorgabe, vier Prozent des Ackerlandes brachliegen zu lassen oder unproduktiv zu nutzen. Die Regierung setzt sich dafür ein, dass das auch in den nächsten Jahren zunächst so bleibt und nicht jährlich neu entschieden werden muss.

- Steuern: Angepeilt sind Erleichterungen dafür, dass Bauern etwa wegen des Wetters in einem Jahr hohe Gewinne machen und im nächsten nicht. Dadurch zahlen sie in guten Jahren hohe Steuern und steigen prozentual in der Progressionskurve, wie Finanzminister Christian Lindner (FDP) erläuterte. Dies soll über mehrere Jahre «geglättet» werden können.

- Marktstellung: Es soll bald Regelungen geben, die die Position der Landwirte in der Handelskette bis hin zu den großen Supermärkten stärken. Angedacht ist unter anderem eine bessere Markt- und Preisbeobachtung als Grundlage für Verkaufsentscheidungen von Bauern.

- Technologien: Die Regierung will prüfen, wie der Einsatz alternativer Antriebe in der Landwirtschaft vorankommen kann - auch durch Steuererleichterungen für Kraftstoffe.

- Bürokratie: Im Blick steht eine Palette von Erleichterungen bei Auflagen und Vorgaben, etwa bei Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten für Tierhalter oder bei Düngeregeln.

- Tierhaltung: Das beschlossene neue Tierhaltungslogo für Schweinefleisch im Supermarkt soll wie angekündigt auf die Gastronomie ausgedehnt werden. Dazu stellt die Regierung eine «Prüfung» in Aussicht, wie eine dauerhaft verlässliche Finanzierung für einen Umbau der ganzen Tierhaltung zu höheren Standards sichergestellt werden kann. Mit einer Werbeoffensive für einen «Tierwohlcent» ist Özdemir in der Koalition vorerst abgeprallt.

- Subventionen: Die Regierung will Vorschläge zur künftigen Ausrichtung der milliardenschweren EU-Agrarfinanzierung erarbeiten - der Abschlussbericht der «Zukunftskommission» sei dafür eine gute Grundlage. Das Gremium hatte unter anderem eine stärkere Bindung an Umweltvorgaben empfohlen. Geschätzt dürften insgesamt auch sieben Milliarden bis elf Milliarden Euro an Zusatzkosten pro Jahr fällig werden, hieß es im Bericht: etwa für mehr Ökolandbau, einen partiellen Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und zum Umbau von Ställen.
dpa
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 12.04.2024 06:56 Uhrzustimmen(17) widersprechen(6)
Der Wind dreht sich, sobald die Landwirtschaft ihre Flächen weit vielfältiger nutzen kann.

"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen."...
maximilian schrieb am 11.04.2024 16:57 Uhrzustimmen(7) widersprechen(6)
Im Grunde hat agricola recht. Nur sind i der Politik mehrheitsfähige Alternativen nicht in Sicht.
N.m.M. hilft nur das Ordnungsrecht. Flankiert von Subventionen.
Also das Tierschutzrecht über eine Renovierung und Ergänzung der Nutztierhaltungsverordnung. Das würde das Tierschutzrecht vereinfachen, weil es keine Haltungsstufen bräuchte. Tiere werden verhaltensgerecht untergebracht, wie es die Wissenschaft vorgibt. Die landwirtschaftlichen Tierhalter erhalten eine Schulung im Tierverhaltenskunde. Die Ansichten der Bauernverbandsfunktionäre bleiben außen vor, weil Tierschutz in den Satzungen ihrer Verbände nicht vorkommt, sie also keine Kompetenz in tierschutzfachlichen Angelegenheiten haben. Eine Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt ist zweitrangig, weil die Lebensmittelproduktion für die einheimische Bevölkerung und unsere europäischen Nachbarn bestimmt ist. Wer Lebensmittel in unserer hohen Qualität kaufen will, muss auch den Preis dafür bezahlen oder verzichten.
agricola pro agricolas schrieb am 11.04.2024 11:01 Uhrzustimmen(24) widersprechen(5)
Die ZKL war schon die Rauten-Politik unserer Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine Hilflosaktion nach den damaligen Bauernprotesten.

„Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.“ Ein Alibi-Round-Table richtig wichtiger Leuchtgestalten in Politik, Wissenschaft, Verbänden mit ein paar Bauernlemmingen, die wohl deshalb vor lauter Stolz kaum mehr laufen konnten!? Im Ergebnis nach „zähem Ringen“ (hüstel) schon im vorhinein allerdings zum Scheitern verdammt, weil eine Finanzierbarkeit schlichtweg geradezu mit dem Fazit „Utopie“ abzuhaken war. Das konnte man sich als cleverer Ökonom auf einem Bierdeckel ausrechnen...

Insofern kam es einem absoluten Armutszeugnis gleich, dass die nur wenigen daran teilnehmenden „Bauernvertreter“ unter diesen fiktiven „Rettungsanker“ für wen, was, warum auch immer ihre Unterschrift setzten. Aber: Man hat etwas unternommen. - Chapeau, tosender Applaus.

Warum um Himmels Willen, will man diese ollen Kamellen partout jetzt auffrischen!? Keine eigenen kreativen Ideen, kein Spirit in Reihen der Ampel, jetzt das Richtige zu tun...!? Vielleicht auch noch in der nahezu gleichen Besetzung!? - Herr schmeiß Hirn vom Himmel!
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